Golf von Mexiko:Mississippi Blues

Von Aida zunächst als Ausweichroute gedacht, entwickelt sich der Golf von Mexiko zur Attraktion unter den Kreuzfahrtdestinationen. Besonders die Südstaaten-Metropole New Orleans und Tampa in Florida sind beliebte Häfen.

Von Frank Behling

Wenn Eric Newman Gäste empfängt, sind es meist Liebhaber edler Tabakaromen aus den USA, Kanada und Australien. "Besucher aus Deutschland sind sehr selten hier bei uns. Das scheint sich jetzt zu ändern", sagt Newman. Er und sein Bruder Bobby betreiben die traditionsreichste Zigarrenfabrik Nordamerikas. Und der Betrieb läuft noch heute so wie vor 60 Jahren, als die Familie von Cleveland an die Golfküste zog. In dem historischen Fabrikgebäude im idyllischen Stadtteil Ybor City von Tampa werden pro Tag bis zu 70 000 Zigarren mit traditionellen Maschinen gerollt und von Hand konfektioniert. In diesem Winter klopfen immer öfter deutsche Urlauber an die Tür der historischen Zigarrenfabrik in Tampa mit dem kleinen Zigarren-Museum.

Terror und Krieg sind weit weg. "Schiffe sind eben flexibel", sagt Aida-Sprecher Hansjörg Kunze

Tampas Stadtteil Ybor City liegt neuerdings im Fahrplan von Aida Cruises. Regelmäßig kreuzt im Winter die Aidavita dort auf. Die Passagiere erwartet ein gänzlich anderes Gesicht der USA, als sie es aus den großen Metropolen kennen. In Ybor City wurden Anfang der Fünfzigerjahre des vorigen Jahrhunderts vor allem kubanische Bürger sesshaft. Im Jahr 1954 zog auch die Newman-Familie vom Stammsitz Cleveland mit ihrer Zigarrenfabrik nach Tampa. Der Stadtteil steht heute zum großen Teil unter Denkmalschutz. Deutsche Touristen kamen bislang meist per Flugzeug oder Mietauto. Jetzt aber auch per Schiff. An dem unweit gelegenen Kreuzfahrtterminal macht regelmäßig die Aidavita fest.

Golf von Mexiko: Moderne Kreuzfahrt und Shuffleboat-Romantik treffen in New Orleans aufeinander. Louisianas größte Stadt wird zum beliebten Zielhafen im Golf von Mexiko.

Moderne Kreuzfahrt und Shuffleboat-Romantik treffen in New Orleans aufeinander. Louisianas größte Stadt wird zum beliebten Zielhafen im Golf von Mexiko.

(Foto: Frank Behling)

Der Golf von Mexiko ist eine Destination, die deutschen Kreuzfahrern bislang nur im Rahmen von exklusiven Weltreisen offenstand. Das ändert sich jetzt mit Aida. Der Rostocker Branchenführer im deutschen Markt für Seereisen hat in diesem Winter bewusst den Schwerpunkt in den Bereich Karibik und Golf von Mexiko gelegt. Zum ersten Mal in der zwanzigjährigen Geschichte der Reederei Aida Cruises sucht man im Winter vergebens eines der Kussmundschiffe im Mittelmeer. Seit Terror, Unwetter und Bilder von ertrinkenden Flüchtlingen die Schauplätze rund ums Mittelmeer dominieren, wird immer öfter der Stechzirkel auf der Seekarte auch in neue Gebiete führen. "Schiffe sind eben flexibel", sagt Aida-Sprecher Hansjörg Kunze.

Alle zehn Aida-Schiffe sind in diesem Winter zwischen Shanghai und Miami verstreut. Drei Schiffe sind bei den Kanaren, drei in Asien und erstmals vier in der Karibik und im Golf von Mexiko unterwegs. Routen ab Miami, Montego Bay und La Romana sind begehrt und inzwischen fast ausgebucht.

"Der Golf von Mexiko ist ein sehr schönes Fahrtgebiet. Ich mag es. Wenn irgendwann auch noch Havanna angelaufen werden kann, ist es die perfekte Route", sagt Hanjo Müller, Kapitän auf der Aidavita. Auf zwölftägigen Touren ist er mit der Aidavita von November bis April ab Miami unterwegs. Tampa, New Orleans, Cozumel und Key West stehen auf der Route.

Informationen

Die Aidavita ist 202 Meter lang, 28 Meter breit und zwölf Decks hoch. Das Schiff hat 633 Kabinen, 70 mit Balkon und bietet maximal 1266 Passagieren Platz. An Bord gibt es zwei Pools, vier Restaurants und fünf Bars. Die beschriebene elftägige Reise kostet ab 1150 Euro pro Person in der Innenkabine, die Premium Suite gibt es ab 3385 Euro pro Person auf der Route - jeweils zzgl. Flug ab/von Miami (www.aida.de). Frank Behling

Höhepunkte sind der Anlauf in Tampa sowie ein Übernacht-Stopp in der Südstaaten-Metropole New Orleans. Die Klänge der Bourbon Street, "The Big Easy" - die Südstaatenleichtigkeit und vor allem die siebenstündige Flussfahrt auf dem Mississippi geben Einblicke in die USA, wie es sie bislang mit einem Kreuzfahrtschiff dieser Größe im deutschen Markt nicht gab. Während treibende Baumstämme, Flöße und Raddampfer vorbeiziehen, werden Erinnerungen an die Zeit und die Geschichten von Mark Twain wach. New Orleans ist Ausgangspunkt für Ausflüge zu Schauplätzen des amerikanischen Bürgerkriegs und den düsteren Zeiten der Sklaverei mit den berühmten Plantagen bei Baton Rouge oder den historischen Gebäuden des French Quarters, wo einst die Besiedlung durch die Franzosen ihren Ausgang hatte.

Bereits 2014 hatte Aida New Orleans getestet. "Es kam gut an. Deshalb fahren wir auch im nächsten Winter wieder hier", sagt Müller. Sein Favorit ist aber Key West, der kleine Hafen am Südende der Keys von Florida. "Wo sonst habe ich einen Liegeplatz mitten in der Stadt, wo mich morgens beim Anlaufen das Geschrei der Hähne begrüßt", sagt Müller.

Wer nach nervigen Erlebnissen auf großen US-Flughäfen eine Scheu vor der Sicherheitsmaschinerie der US-Heimatschutzbehörden entwickelt hat, wird auf der Südstaatenroute therapiert. In keinem Hafen dauerte bei der Reise Anfang Dezember die Zeitspanne zwischen Anlegen und Freigabe durch die Behörden länger als eine Stunde. Sperrzäune, Scanner und Sicherheitsschleusen gibt es nur dezent und unauffällig. Zeitweise sind die Zäune am Schiffsliegeplatz allenfalls hüfthoch. Polizei und Küstenwache sind durchaus präsent - und zwar mit freundlichen und hilfsbereiten Beamten.

Golf von Mexiko: SZ-Karte

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Delfine, Palmen, Easy Living: Mehr und mehr Passagiere zieht es an die warme Golfküste

Der Einfluss amerikanischer Vorschriften macht aber auch vor Aida nicht halt. Schiffe, die US-Häfen anlaufen, müssen sich den strengen Gesundheits- und Hygienevorschriften des US Public Health Service unterwerfen. "Das sind die strengsten Vorschriften und Gesetze, die ich kenne", sagt Günter Kroack. Der Chefkoch der Aida-Flotte reist regelmäßig zu den turnusmäßigen Überprüfungen der Schiffe in die USA. Die Folgen bemerkt jeder Aida-Passagier dann, wenn er sich am ersten Tag im Markt-Restaurant mit seinem Teller an den Tisch setzt. "Unsere lieb gewonnenen Besteckhalter dürfen wir hier nicht verwenden. Es könnten Keime übertragen werden", sagt Küchenchef Kroack. Stattdessen gibt es auf der Aidavita bis April ganz normale Besteckboxen direkt am Büfett. Die Wasserkaraffen müssen außerdem abgedeckt sein.

Am 7. Mai wird das alles wieder rückgängig gemacht. Dann startet die Aidavita ab Kiel ins Nordland. Erst im November kehrt das Schiff wieder nach Miami zurück. Dort ist die Aidavita dann im dritten Jahr in Folge stationiert. Der Hafen ist heute die Hauptstadt der Kreuzfahrtbranche. 4,8 Millionen Menschen starten von dort jedes Jahr eine Kreuzfahrt. Die Golfküstenhäfen holen auf. So hat New Orleans im vergangenen Jahr die Marke von einer Million Kreuzfahrtpassagiere übersprungen - Tendenz steigend.

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