Gesundheit:Kügelchen mit hoher Potenz

Der Deutsche Hahnemann begründete 1796 die Homöopathie, Koreaner sind heute dem Wirkprinzip auf der Spur

Von Ulrike Reisch

Wenn die Hunde von Queen Elizabeth krank sind, bekommen sie homöopathische Mittel ins Futter. Thronfolger Prinz Charles setzt ebenfalls auf die Kraft der Homöopathie, nicht nur fürs liebe Vieh, sondern auch wenn das prinzliche Immunsystem mal wieder angeschlagen ist. Was die britischen Royals überzeugt, ist auch bei uns verbreitet: 70 Prozent aller Deutschen vertrauen auf die Medizin ohne Chemie, die der deutsche Arzt Christian Friedrich Samuel Hahnemann systematisch erforscht und entwickelt hat. Der Mann, der zur Zeit Kants, Hegels und Goethes lebte, wurde 1755 in Meißen geboren, studierte Pharmazie und Medizin. Da sich in diesem Jahr sein Geburtstag zum 250. Mal jährt, würdigen ihn gleich mehrere Bücher, werden Jubiläums- Kongresse und Symposien veranstaltet.

Gesundheit: Taschenapotheke von Samuel Hahnemann

Taschenapotheke von Samuel Hahnemann

(Foto: Foto: DDP)

Entdeckt hat Hahnemann das Wirkprinzip der Homöopathie durch einen Selbstversuch. In einer Apothekerzeitschrift las er, dass Chinarinde wirksam gegen Malaria sei. Schuld daran wären die Bitterstoffe. Weil der kritische und autoritäre Hahnemann nicht glaubte, was andere behaupteten, nahm er selbst einige Gramm Chinarinde zu sich. Schon nach wenigen Stunden zeigte er typische Malaria-Symptome: Fieberschübe mit Schüttelfrost, Kopfschmerzen und starke Schweißausbrüche. Viele Versuche an Gesunden und Kranken später, formulierte Hahnemann das fundamentale und im Grunde einzige Prinzip der Homöopathie: Ähnliches möge durch Ähnliches behandelt werden (simila similibus curentur). Aus diesem Prinzip leitet sich auch die Bezeichnung ab: Das Wort Homöopathie kommt aus dem Griechischen: "homoios" bedeutet "ähnlich" und "pathos" ist das Synonym für "Leiden". 1796 stellte Hahnemann seine Heilmethode erstmals der medizinischen Fachwelt vor. Er erntete Beifall - und herbe Kritik. Bis heute spaltet die Homöopathie Ärzte und Wissenschaftler in Befürworter und Gegner. Immerhin ist in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Ärzte mit homöopathischer Zusatzausbildung um 60 Prozent auf über 4.000 gestiegen.

Im Grunde hat sich in der Behandlung von Kranken nach dem homöopathischen Prinzip seit der Zeit Hahnemanns nicht viel geändert. Am Anfang der Behandlung steht immer die sorgfältige Anamnese, also die ausführliche Befragung des Patienten nach seiner Krankengeschichte, seinen individuellen, auffälligen und charakteristischen Symptomen. Diese Symptome werden dann mit den entsprechenden Symptomen bestimmter Mittel verglichen und so das passende Präparat ausgewählt. Das passende Mittel wirkt im Körper wie ein Impulsgeber, der einen Selbstheilungsprozess anstößt. Das funktioniert nicht nur bei harmlosen Erkrankungen wie Husten oder Schnupfen, auch bei schwereren Leiden wie Rheuma oder auch Depressionen hat die Homöopathie ein großes Heilungspotenzial bewiesen. Allerdings hatten es Hahnemann und seine Jünger noch deutlich leichter die passende Substanz zu finden. Damals existierten gerade 150 verschiedene Substanzen, heute sind es fast 3.000 Mittel.

Am Anfang: Fragen

Verabreicht werden homöopathische Arzneien als Kügelchen (Globuli) oder Tropfen in unterschiedlichen Potenzen. Diese Potenzen geben Aufschluss darüber, wie stark die Ausgangssubstanz (Pflanzen oder Minerale) verdünnt wurde. Für Schulmediziner schwer nachvollziehbar ist die homöopathische Regel, dass Substanzen umso stärker wirken, je mehr sie verdünnt wurden, also je höher die Potenz ist. Chemisch lässt sich der Ausgangsstoff schon in mittleren Potenzen kaum mehr nachweisen. Ein Forschungsteam in Südkorea hat aber vor kurzem wahrscheinlich das Wirkprinzip homöopathischer Mittel entschlüsselt. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich gelöste Moleküle, nicht wie bisher immer angenommen, gleichmäßig im Lösungsmittel verteilen, sondern verklumpen und sich zu größeren Aggregaten zusammenschließen. Je größer dabei die Verdünnung war, desto größer wurden diese Aggregate. Dies würde erklären, warum gerade die hohen Verdünnungen besonders wirksam sind. Hartgesottene Schulmediziner werden auch diese ersten Erklärungsansätze nicht überzeugen, die Homöopathen selbst sind aber durchaus selbstbewusst. So sagt der Schweizer Arzt A. Vögeli: "Die Homöopathie hat keine Grenzen. Es gibt nur begrenzte Homöopathen".

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