Bush-Wohnort in Texas, USA:George W. Bush ist überall

Für die Bewohner von Crawford, Texas, bleibt George W. Bush der einzig wahre Präsident der Vereinigten Staaten.

Harald Hordych und Jörg Buschmann

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Quelle: Jörg Buschmann

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Für die Bewohner von Crawford, Texas, bleibt George W. Bush der einzig wahre Präsident der Vereinigten Staaten. Ein Besuch von Harald Hordych und Jörg Buschmann

Hier ist George W. Bush immer noch Präsident der Vereinigten Staaten. Ein Knopfdruck genügt, und im Souvenirshop von Jamie Burgess erschallen klare Worte: "A strong America is based on a strong family!" Die Stimme klingt ein wenig blechern. Aber das ist nicht verwunderlich bei einer 30 Zentimeter großen sprechenden Puppe. Stückpreis: 100 Dollar.

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Quelle: Jörg Buschmann

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In Crawford wird Bush immer Mr. President sein. Weil Crawford bis zum 20.Januar 2001, jenem Tag, an dem Bush vereidigt wurde, ein von weiten Teilen der Welt unentdeckter winziger Ort war, in dem Fremde nur aus zwei Gründen gekommen sein konnten: erstens, weil sie Verwandte besuchten. Zweitens, weil sie sich verfahren hatten.

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Quelle: Jamie Burgess. Foto: Jörg Buschmann

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Solche Dinge erzählt Jamie Burgess, Verkäuferin im letzten Souvenir-Shop, der Crawford geblieben ist. Crawford, Texas, 700 Einwohner, war von 2001 bis 2009 das "Western White House". Das steht auf Kaffeetassen und T-Shirts, die in großer Zahl feilgeboten werden - neben Fotos des Ex-Präsidenten, Ölgemälden, die Bushs Ranch zeigen, Puppen wie der von George, aber auch von seiner Frau Laura Bush und John F. Kennedy sowie Eine-Million-Dollar-Noten mit dem Konterfei von Bush. Das alles, weil die Ranch von George W. Bush zum Stadtgebiet gehört.

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Quelle: Jörg Buschmann

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Und Crawford somit aus der Perspektive, zumindest der einst fünf Souvenirläden, acht Jahre lang die zweite Zentrale des mächtigsten Mannes der Welt war. Und jetzt ist sie die einzige Geisterstadt der USA, in der noch genauso viele Leute wohnen wie vorher. Nur eben kein amtierender Präsident mehr.

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Crawford liegt auf halbem Weg zwischen der texanischen Hauptstadt Austin und der Doppelstadt Dallas/Fort Worth, abseits der großen Straßen, irgendwo zwischen Wiesen, Äckern und Wäldern. Wenn man auf der Kreuzung von Crawford in der Sonne steht, ist man allein. Es ist still, bis auf die Autos, die durch Crawford rollen. Die meisten halten nicht an, auch wenn am Ortseingang noch immer das Schild steht, auf dem George und Laura Bush die Besucher willkommen heißen. Das Foto ist verblasst, aber es lügt nicht. Die Farm gehört George W. Bush noch, und nach wie vor kommt Bush ab und zu in den Ort. Nachts fährt er vor, begleitet von Leibwächtern, um bei Spanos Coffee Station ein paar Cheeseburger zu essen, wie gern erzählt wird.

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Quelle: Jörg Buschmann

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Der Gastraum der Tankstelle mit Restaurant sieht mit den braunen Kunststofftischen und der dunkelgrünen Wandfarbe wie eine Militärkantine aus - und wie ein Bush-Museum. Überall hängen Erinnerungsfotos an einen Empfang, den Bush ...

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... hier für ein arabisches Staatsoberhaupt gegeben hat. Bush und sogar sein Außenminister Colin Powell hatten sich betont einfach gekleidet, zum Beispiel wie die Leute aus Crawford, die in Jeans und schweren Arbeitsstiefeln ein Burger-Menü ordern. Crawford war das ehrliche, arbeitsame Texas-Amerika, das George W. Bush Politikern aus aller Welt vorführte. Man schrieb das Jahr 1999, als die Dinge für Crawford eine günstige Wendung nahmen.

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Quelle: Jörg Buschmann

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Der Gouverneur ihres riesigen Staates kaufte ungefähr sieben Meilen entfernt vom Ortskern eine Ranch. Dieses Zentrum bilden zwei Tankstellen, eine kurze Häuserzeile mit Jamie's Shop und dem State Office. Gegenüber liegt die Bank, die das mit Abstand beeindruckendste Gebäude sein könnte, wenn nicht die fünf Getreidesilos direkt daneben so riesig wären. Diese Szenerie wurde zwei Jahre später mit Bushs Amtsantritt auf die Bühne der Weltpolitik katapultiert, zumindest für Augenblicke.

RNPS IMAGES OF THE YEAR 2007 - GERMANY

Quelle: Reuters

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Bei Jamie sind die 18 Besuche ausländischer Staats-und Regierungschefs aufgelistet. Jeder Staatsempfang auf der Ranch hat hier seine eigene in Stahlblau getauchte Erinnerungstasse. Der Russe Putin war hier, der australische Staatspräsident kaufte im Shop einen Baseball, und auch Angela Merkel flog 2007 im Hubschrauber herbei. Übrigens, die Merkel-Kollektion gehört zu jenen zwei Tassen-Linien, die ausverkauft sind, in Crawford leben viele deutschstämmige Familien.

Abgesehen von dem Politgeschirr war es für die Bevölkerung von Crawford nicht leicht, etwas von den hohen Herrschaften mitzubekommen. Die verschwanden unspektakulär auf der Ranch. Anstelle von Politikern beobachteten die Crawforder die Demonstranten, die solche Besuche auf den Plan riefen. "Drei oder vier standen immer da vorne an der Kreuzung", erzählt Jamie.

President Bush's supporter puts up sign on fence near the president's ranch in Crawford

Quelle: Reuters

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Nun ist der Spuk vorbei, und die Geschäfte im letzten Souvenirladen könnten besser gehen, aber noch immer kommen Menschen aus ganz Amerika hierher. Manchmal verirren sich allerdings auch Gegner in den Laden. Einmal ging ein sechsjähriger Junge schnurstracks auf die lebensgroße Bush-Pappfigur zu und sagte: "Du warst der schlechteste Präsident, den Amerika je hatte."

Was sie da gesagt habe? Natürlich nichts, erwidert Jamie Burgess. "Dies ist ein freies Land." Wie medienerfahren Jamie ist, zeigt sie auch, als sie einmal erklärt: "Das war jetzt aber off the record." In Crawford hat jeder gelernt, mit Journalisten umzugehen. Die Sekretärin des Sheriffs blickt dem Besucher finster entgegen und schnarrt, als man Luft holt, um die erste Frage an sie zu richten: "No Interviews!" Jamie Burgess ist da anders: Ob sie bedauere, dass Bush nicht mehr Präsident sei?

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Quelle: AP Photo/Waco Tribune Herald

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"Ja, ich vermisse ihn sehr", antwortet sie. "Aber für ihn persönlich bin ich erleichtert, dass er nicht länger dem Stress dieser harten Zeiten ausgesetzt ist." Und Crawford? All die Souvenirshops, die es nicht mehr gibt? Jamie hebt die Achseln. Ein Besitzer habe sich scheiden lassen, ein anderer einen neuen Job gefunden, der dritte wurde krank. Und der vierte? Der hat einfach geschlossen. Aber wenn Touristen kommen, dann doch wegen Bush? Jamie schaut verständnislos auf: "Weswegen sonst sollte jemand nach Crawford kommen?" Zum Abschied noch ein Abstecher, zur Ranch.

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Quelle: Jörg Buschmann

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Crawford - Texas - George W. BusDie Gegend ist ein Bilderbuch-Texas mit alten Bäumen und strahlend weißen Kirchen. Die Auffahrt zur Bush-Ranch ist nicht gekennzeichnet. Ohne den hilfsbereiten David Westerfeld hätte man nie zu der Schranke gefunden, hinter der schwergewichtige Security den Fremden auf keine 20 Schritt näherkommen lässt.

GOVENOR GEORGE W BUSHS CENTRAL TEXAS RANCH HOUSE

Quelle: Ranch von George W. Bush. Reuters

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David Westerfelds Vorfahren kamen vor 150 Jahren aus Deutschland. Der Farmer hat zehn Kinder, die seine Frau zu Hause unterrichtet hat. Alle sechs Jungen arbeiten auf der Farm. Seine Frau hat im Chor gesungen, als Bush zweimal den Gottesdienst der Canaan Baptist Church, genannt die deutsche Kapelle, besuchte. Findet es David Westerfeld schade, dass Bush nicht mehr Präsident ist? Ja, wegen Obama. Aber ansonsten ist er doch einfach froh, dass nie mehr Anti-Bush-Demonstranten die Straßen zu seinen Feldern blockieren werden.

© SZ vom 4.11.2010/kaeb
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