Genuss-Trekking:Abenteuerurlaub mit Ambiente

Trekking-Puristen bestehen darauf: Kräftezehrende Wanderungen, karge Kost, hartes Zeltlager, all das gehört zur Bewährungsprobe Urlaub. Von wegen.

Faulenzen am Strand, eine gemütliche Radtour, beschauliches Herumlungern in Cafés - das lässt den kernigen Trekkingreisenden ziemlich kalt. Freiheit und Abenteuer, eisige Gipfel, brüllend heiße Wüsten, Natur pur und körperliche Grenzerfahrungen locken eher. "Die persönliche Bewährungsprobe spielt immer eine Rolle", sagt Christoph Thoma vom Deutschen Alpenverein (DAV) zur Motivation der Teilnehmer.

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In mehr als 5.000 Metern Höhe genießen diese Trekking-Touristen den Ausblick auf die Everest-Gruppe.

(Foto: Foto: dpa)

Der DAV-Summit-Club gehört mit etwa 13.000 Kunden im Jahr zu den Marktführern bei Expeditionen und Bergsteigerreisen. Reisen auf fast unbekannten Pfaden ist das Erfolgsmotto der Branche. Doch auch harte Kerle und zähe Frauen schätzen immer mehr das "Soft-Adventure".

"Sie wollen das große Abenteuer erleben und zugleich die totale Sicherheit haben", sagt Thoma. Das Kleingedruckte im Summit-Katalog mit seinen Reisen in 50 Länder werde von Jahr zu Jahr umfangreicher.

Die Veranstalter wiesen aus Angst vor Klagen auf Selbstverständliches wie auf die besonderen Gefahren des Verkehrs in Asien oder Afrika hin. "In der Mongolei herrscht ein höheres Restrisiko als am Strand auf Sylt", sagt DAV-Sprecher Thoma. Viele Möchtegern-Abenteurer gäben ihre Eigenverantwortung auf "bestürzende Weise" ab. So wählten die Veranstalter bei den Extrem-Touren unter anderem in Nepal genau aus, wer zu der bis zu zwölf Mitglieder starken Gruppe gehören dürfe.

Kaum zu bremsender Leistungswille

Manchmal ist der Leistungswille der Teilnehmer aber kaum zu bändigen. Bei einem der ganz unexotischen "Klassiker" im DAV-Angebot - der vierwöchigen Tour vom Münchner Marienplatz zum Markusplatz in Venedig über insgesamt 20.000 Höhenmeter - sei jeder Versuch, nur Teile der Tour anzubieten, auf Grund des Ehrgeizes der Trekker zum Scheitern verurteilt, sagt Thoma. Die Fernwanderer nehmen das englische "to trek" - eine lange, beschwerliche Reise zu Fuß - einfach wörtlich.

Abenteuerurlaub mit Ambiente

Die Klientel, die in China auf höchste Höhen klettert, in Arabien durch heiße Wüsten wandert und in Sibrien durch einsame Gegenden streift, ist begrenzt. Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen in Kiel hat festgestellt, dass Sportlust oder Abenteuersucht zu den Schlusslichtern auf der Ferien-Wunschhitparade zählen. Ganz oben rangiert immer noch der Wunsch nach Entspannung. "Natur erleben" halten andererseits fast 40 Prozent der Deutschen für sehr wichtig.

Abtauchen aus der Zivilisation

"Es gibt noch keinen Veranstalter für Genuss-Trekker, sondern mehr für Leistungstrekker", sagt Ludmilla Tüting, die für die Fachstelle Ferntourismus des Kirchlichen Entwicklungsdienstes die Szene aktiv beobachtet.

Die oft faszinierenden Routen fern der Zivilisation würden gerade ohne Leistungsgedanken zum "Abtauchen" einladen, sagt die Nepal-Kennerin weiter.

Das zaghafte Erschließen bisher für den Tourismus unbekannter Gegenden durch die Trekker sieht sie nicht als Nachteil. "Wenn das nachhaltig und dauerhaft geschieht, ist das sinnvoll und bedeutet dort Jobs", sagt sie, die selbst in Nepal auf Flip-Flops unterwegs ist.

Tagsüber Abenteuer, abends Luxus

Nepal, Tansania und Indien sind laut Christoph Thoma mit die beliebtesten Ziele für die Trekker. Die wollten vermehrt "tagsüber Abenteuer und abends dann Luxus", eher Lodge als Zelt. Komfort, den sie bei einer Summit-Club-Tour mit Achttausender-Held Reinhold Messner wohl vermissen würden.

Messner führt eine kleine Gruppe im Herbst 2006 über das Inlandeis Patagoniens. Voraussetzung: Expeditionserfahrung, 45 Grad steile Firn- und Eisflanken seilfrei gehen können, 25 Kilogramm Gepäck schultern. Umkehrmöglichkeiten: keine.

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