Frankreich:Die Austern sind gerettet, die Surfer optimistisch

So paradox es klingt: An den besonders sauberen Stränden von Aquitanien im Südwesten Frankreichs ist eine gewaltige Umweltkatastrophe schuld.

So sauber waren die Strände Aquitaines schon lange nicht mehr. Der Grund dafür, dass der endlose Sandstreifen zwischen Arcachon an der französischen Atlantikküste und Hendaye an der spanischen Grenze so sauber wirkt, ist eine Umweltkatastrophe. Mit dem aus dem Tanker "Prestige" ausgelaufenen Öl wurde auch der Müll mit viel Arbeitsaufwand entfernt.

Frankreich: Der endlose Sandstreifen zwischen Arcachon an der französischen Atlantikküste und Hendaye an der spanischen Grenze glänzt jetzt durch Sauberkeit.

Der endlose Sandstreifen zwischen Arcachon an der französischen Atlantikküste und Hendaye an der spanischen Grenze glänzt jetzt durch Sauberkeit.

(Foto: Foto: dpa)

Als am 13. November des vergangenen Jahres die ersten Bilder der 243 Meter langen havarierten "Prestige" auf den Fernsehbildschirmen auftauchten, glaubte in Arcachon kaum jemand, dass das auslaufende Öl den Weg an die französische Küste finden würde.

"Erst einmal haben wir mit den spanischen Fischern gefühlt", erklärt Marc Druart, Austernzüchter in der fünften Generation. Doch dann erwischte es die Aquitanier selbst: Anfang des Jahres schwappten die ersten Klumpen Öl in Frankreich an Land. "Wir sind an diese Sache heran gegangen wie an einen Krieg", sagt Druart.

Tag und Nacht beim Retten

Die meisten der 300 Austernzüchter rund um die Bucht von Arcachon haben sich Druart zufolge damals zusammen getan und auf eigene Faust gehandelt. "Auf die Behörden wollten wir nicht warten." Also fuhren sie mit ihren flachen Booten Tag und Nacht hinaus in die Bucht und fischten die Öl-Brocken aus dem Wasser.

Von den Austernbänken konnte das Öl weitestgehend fern gehalten werden. Dennoch wurden der Verkauf der Muscheln vorübergehend eingestellt und das Baden an der gesamten Küste verboten. Inzwischen werden in Arcachon aber wieder Austern verkauft und gegessen. Schwimmen ist ebenfalls wieder erlaubt, doch im Frühjahr ist es dazu noch zu kalt.

"Atlantische Waschmaschine"

Der Toxikologe Jean-Francois Narbonne von der Universität Bordeaux geht davon aus, dass die französische Küste im Vergleich zur spanischen glimpflich davon gekommen ist. Das Öl habe auf dem Weg vom Unglücksort durch die "atlantische Waschmaschine" einen großen Teil seiner giftigen Wirkung verloren.

"Über den Hautkontakt mit den kleinen steinartigen Klumpen hat keine Kontamination mehr statt gefunden", erläutert der Wissenschaftler. Fisch und Meeresfrüchte aus der Region könnten ohne Bedenken verzehrt werden. Gleichwohl hält Narbonne eine längerfristige Beobachtung der Gewässer für notwendig. Doch dafür sei kein Geld da.

Angelika Hermann ist skeptischer. Zwar geht auch die aus Deutschland stammende Austernzüchterin in La Teste davon aus, dass die Muscheln ohne weiteres gegessen werden können. Auch hat sie kaum Probleme, ihre Ware in Toulouse zu verkaufen. Doch über weitere Untersuchungen wäre sie froh. Um ein abschließendes Urteil über die Auswirkungen des Öls auf die Austern abgeben zu können, müsse man ihrer Meinung nach erst einmal die Fortpflanzungsphase im Sommer abwarten.

Dorado der Wellenreiter

Ebenso wie bei Liebhabern von Fisch und Meeresfrüchten ist die Region zwischen Arcachon und Hendaye bei Wellenreitern in der ganzen Welt bekannt. Zwischen April und Oktober tanzen vor Biarritz, Mimizan, Biscarrosse und Hossegor unzählige Cracks auf ihren Brettern mit den Wogen des Atlantiks.

Das Tankerunglück wird auf die diesjährigen Reisepläne der Männer und Frauen in Neopren vermutlich kaum Einfluss haben: "Wenn wir weniger Buchungen haben, dann liegt das wohl eher am Irak-Krieg sowie an der angespannten wirtschaftlichen Lage in Deutschland", sagt Bruno Julia, Reiseagent und Besitzer einer Surf-Schule in Hossegor.

Bange ist Bruno Julia nicht: "Vor allem die Surfer entscheiden sich oft kurzfristig. Die rufen häufig erst wenige Wochen vorher an." Auch Julia bestätigt den Eindruck, dass die Strände in der Gegend lange nicht mehr so sauber gewesen sind. "Wenn ich als Kind am Strand gewesen bin, hatte ich hinterher immer schwarze Füße vom Öl." Das sei heute Gott sei Dank nicht mehr so.

Bedrohte Campingplätze

Dass es weniger das Öl ist, das die Urlauber abschreckt, davon geht auch Martial Devillairs aus, Besitzer des auf Familienurlaub spezialisierten Campingplatzes "La Rive" am Etang de Cazaux et Sanguinet, südlich von Arcachon. Zu ihm kommen Gäste aus ganz Europa. Über eventuell ausbleibende Buchungen macht er sich wenig Sorgen.

Härter treffe es dagegen seinen Bruder, der einige Kilometer weiter ebenfalls einen Campingplatz führt: "Dorthin kommen normalerweise viele Deutsche, und die sind bei den Buchungen in diesem Jahr deutlich zurückhaltender."

Auf saubere Strände können sich auch Urlauber freuen, die es weiter südlich in das französische Baskenland zieht. In Anglet, Biarritz, Saint-Jean de Luz und Hendaye ist ebenfalls kein Öl zu sehen. Stattdessen schlendern in der Vorsaison schon die ersten Touristen am Wasser entlang. Und hier und da wird vor dem ersehnten Ansturm der Urlauber im Sommer noch einmal Hand angelegt, damit auch alles so sauber bleibt.

(sueddeutsche.de / dpa/gms)

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