Reisefotograf Peter Stewart:Hongkong von unten

Die chinesische Metropole stapelt Millionen Menschen in den Himmel. Diese Wohntürme machen schwindelig. Besonders von unten betrachtet, wie Peter Stewart sie fotografiert.

Von Irene Helmes

13 Bilder

Peter Stewart: Stacked Hong Kong

Quelle: Peter Stewart

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Manchmal muss man Menschenmassen nicht sehen, um von ihnen überwältigt zu sein. Manchmal reichen ihre Spuren: erleuchtete Fenster, aufgehängte Wäsche, Wohnungen, die so eng und hoch aneinanderkleben, dass kein Himmel mehr zu sehen ist.

Peter Stewart fängt dieses Gefühl in seinen Bildern aus Hongkong ein. "Stacked" heißt die Fotoserie, denn die Metropole stapelt ihre Bewohner so weit nach oben wie möglich.

Peter Stewart: Stacked Hong Kong

Quelle: Peter Stewart

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Auf rein realistische Abbildungen hat es Stewart nicht abgesehen. Er spielt bewusst mit der Digitalfotografie, manipuliert in der Nachbearbeitung Perspektiven und Farben für oft quietschbunte Ergebnisse.

Hongkong erscheint so in den Bildern mehr denn je wie eine Stadt aus der Zukunft, voller Neonfarben und von einschüchternder Größe - obwohl jeweils immer nur ein kleiner Ausschnitt, ein einziger Hochhauskomplex zu sehen ist.

Peter Stewart: Stacked Hong Kong

Quelle: Peter Stewart

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Wie gut sein Blick auf Hongkong ankommt, merkte der Australier, als dieses Bild namens "The Grid" millionenfach in sozialen Netzwerken geteilt wurde. So wurde eines seiner ersten "Stacked"-Fotos zu seinem persönlichen Lieblingsmotiv. Es zeigt die Yick Cheong Gebäude in Quarry Bay.

Peter Stewart: Hong Kong Stacked

Quelle: Peter Stewart

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Eigentlich, erzählt Stewart, sei Hongkong eine überraschend grüne Stadt. Er lebt seit einigen Jahren dort und liebt die Metropole mittlerweile aus ganzem Herzen, wie er sagt. Dennoch sind sonnenlichtdurchflutete, fröhliche Aufnahmen wie diese rar in seiner "Stacked"-Reihe.

Peter Stewart: Hong Kong Stacked

Quelle: Peter Stewart

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Nur selten schaffen es ein blauer Himmel oder eine Schönwetterwolke wie hier in eine Bildkomposition. Obwohl bei deren Anblick leichter nachfühlbar ist, wenn Stewart die Vorzüge des Lebens in Hongkong lobt - die Sicherheit, den 24-Stunden-Service, die Infrastruktur, die Lebensqualität insgesamt.

Auch der Fotograf wohnt in einer typischen Hochhauswohnung - "modern und gemütlich", sagt er scherzhaft.

Peter Stewart: Stacked Hong Kong

Quelle: Peter Stewart

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Modern, das passt auf alle "Stacked"-Motive. Gemütlich - das ist Geschmackssache. Oft muss sich der Betrachter erst orientieren, wo oben und unten ist, was er da eigentlich gerade vor sich hat - besonders extrem in dieser Aufnahme namens "Elevate".

Motive findet Stewart überall in der Metropole, er fotografiert aus Durchgängen, Passagen und Innenhöfen. Nicht überall kommt das gut an. In diesem Gebäude etwa habe ihn ein alter Mann aus einigen Stockwerken Entfernung angeschrien. Kein Wachmann, sondern ein Bewohner, wie sich herausstellte - der in dem Moment sein Misstrauen abgelegt habe, als Stewart ihm das Foto auf dem Kameradisplay zeigte. Zur Belohnung gab es Daumen hoch und ein breites Grinsen für den Fotografen, wie er sich erinnert.

Peter Stewart: Stacked Hong Kong

Quelle: Peter Stewart

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Trotz seiner positiven Einstellung zu seiner Wahlheimat fallen viele von Stewarts Fotos geradezu klaustrophobisch aus. Und er beschränkt seine Streifzüge nicht auf die Vorzeigegegenden.

Die Aufnahme "Inside Chungking" etwa zeigt die berüchtigten Wohntürme Chungking Mansions. Die seien zwar mittlerweile ihren Ruf als Kriminellenhochburg los, aber immer noch als billigste Absteige der Metropole bekannt, so Stewart. Etwa 2000 winzige Zimmer würden hier auf engstem Raum vermietet. Ein Mikrokosmos, in dem vor allem Migranten aus Afrika und dem Nahen Osten eine Bleibe fänden - "ein einmaliger Ort, den es so nirgends sonst in Hongkong gibt".

Peter Stewart: Stacked Hong Kong

Quelle: Peter Stewart

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Hongkong weiß längst kaum mehr wohin mit seinen Menschen, erklärt Stewart: "Die Immobilienpreise sind fast kriminell hoch, Platz ist das größte Problem."

Dieses Leben in der Enge einer Metropole wird in seinen Bildern gezeigt, ohne dass die Menschen selbst in den Vordergrund treten. Ausblick auf die Stadt? Für viele ein Luxus, auf den sie verzichten müssen, auch wenn sie noch so weit oben wohnen.

Peter Stewart: Stacked Hong Kong

Quelle: Peter Stewart

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Manche Wohntürme wirken in jeder Hinsicht mit dem Lineal durchgeplant, mehr wie Modelle als wie bewohnte Gebäude. Erst beim genaueren Hinsehen durchbrechen kleine Wäscheständer und Spuren der Bewohner die Symmetrie.

Peter Stewart: Stacked Hong Kong

Quelle: Peter Stewart

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Jenseits dieser Türme von "Stacked" liegt jedoch ein anderes Hongkong, betont der Fotograf. Neuankömmlingen und Touristen empfiehlt er, sich Zeit für die äußeren Inseln wie Lamma island, Tai O und Cheung Chau zu nehmen, oder für ruhigere Gegenden im Süden der Stadt, wie Stanley und Repulse Bay. Er erwähnt Wanderwege in Kowloon und Möglichkeiten, Tiere in der Natur zu beobachten.

Peter Stewart: Stacked Hong Kong

Quelle: Peter Stewart

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In seinen Bildern sieht man nichts davon - sie wirken wie aus einer fernen Zukunft.

Peter Stewart: Stacked Hong Kong

Quelle: Peter Stewart

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Und gerade, wenn sich die Betrachter an den Blick von unten gewöhnt haben, bringt ein Bild wie dieses wieder die Perspektive durcheinander. Schwindelerrregend sind sie alle.

Weitere "Stacked"-Fotos hat Peter Stewart hier auf seiner Website veröffentlicht. Dort findet sich auch sein jüngstes Projekt "Taxiland". In diesem verwandelt er Hongkong durch digitale Bildkompositionen in eine gänzlich vom Verkehr beherrschte Stadt - das Konzept will er auch bald in anderen Städte probieren.

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Quelle: Illustration Jessy Asmus

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In dieser Serie stellt SZ.de interessante Reisefotografen vor. Bislang ging es mit ihnen in die Metropolen der Welt, nach Vietnam, tief unter die Meeresoberfläche, zu indigenen Stämmen auf den Philippinen und mitten in die deutsche Städtelandschaft, an Vulkankrater sowie zur wahren Seele der Eisberge, nach Südamerika, Hongkong, nach Taiwan, Island, Bangladesch, in die US-Südstaaten, nach "Senegambia" und Rio de Janeiro sowie in den glühenden Sommer von Tadschikistan. Weitere Episoden zeigten bereits Reisen durch Schottland, Afrika, Armenien, Myanmar, Rumänien, Iran, Spitzbergen und Georgien sowie die Lieblingsorte eines Globetrotters, der alle Unesco-Welterbestätten abbilden will.

© SZ.de/sks/rus
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