Flugverspätung:Luftlinie entscheidet bei Verspätung über Entschädigung

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Verspätungen beim Fliegen haben einmal mehr den EuGH beschäftigt.

(Foto: sumnersgraphicsinc - Fotolia)

Wer statt eines Direktfluges eine Umsteigeverbindung wählt, hat kein Recht auf eine höhere Entschädigung, so der Europäische Gerichtshof. Die Rechte von Passagieren im Überblick.

Von Nikola Noske

Der Europäische Gerichtshof hat der Entschädigung von Fluggästen bei Verspätungen Grenzen gesetzt. Bei der Berechnung der Strecke zwischen Start- und Landepunkt zähle die Luftlinie, so die Luxemburger Richter. Wer statt eines Direktfluges eine Umsteigeverbindung wählt und deswegen eine längere Strecke zurücklegt, hat deshalb also kein Recht auf eine höhere Entschädigung. Die Art des Flugs habe keine Auswirkungen auf den Umfang der entstandenen Unannehmlichkeiten, urteilte das Gericht.

Der konkrete Fall und sein Hintergrund

Rechtlich war bisher unklar, wie sich die Flugstrecke berechnet, wenn es auf der Reise Zwischenstopps gibt: ob nach der direkten Entfernung zwischen Start- und Zielflughafen oder nach der tatsächlich zurückgelegten Strecke. Deutsche Passagiere, die von Rom nach Hamburg geflogen waren und dabei in Brüssel zwischenlandeten, hatten im verhandelten Fall Brussels Airlines auf eine höhere Entschädigung verklagt. Denn die Airline hatte nur die Luftlinien-Entfernung zwischen Rom und Hamburg als Grundlage für die Höhe der Entschädigung angenommen.

Mit dieser Methode sparen Fluggesellschaften eine Menge Geld: Denn die addierte Strecke wäre länger als die Luftlinie zwischen Start- und Landepunkt. Außerdem werden Fluggäste nur für die Streckenlänge der ersten Etappe entschädigt, wenn dieser Flug Verspätung hat - solange sie ihren Anschlussflug dadurch nicht verpassen.

Welche Rechte haben Fluggäste nun?

Grundsätzlich können Kunden ab einer Verspätung von drei Stunden eine Entschädigung nach der Fluggastrechte-Verordnung der EU einfordern, sagt Dunja Richter-Britsch, Juristin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Die Voraussetzung ist: "Das Flugzeug muss innerhalb der EU starten oder die Airline hat einen Sitz in einem EU-Land."

Ist die Strecke maximal 1500 Kilometer lang, hat der Fluggast Anspruch auf 250 Euro Entschädigung. Bei einer bis zu 3500 Kilometer langen Strecke erhält er 400 Euro, falls der Flug mehr als drei Stunden Verspätung hat. Ansonsten hat er Anspruch auf 200 Euro Schadensersatz. Bei Flügen über eine Entfernung von mehr als 3500 Kilometern kann der Fluggast bis zu 600 Euro einfordern, bei einer Verspätung von bis zu vier Stunden bekommt er 300 Euro zurück. Zusätzlich zu den Rückzahlungen haben Fluggäste ab einer Verspätung von mehr als fünf Stunden Anspruch auf Gratis-Mahlzeiten, Getränke und notfalls ein Hotelzimmer.

Diese Regeln gelten auch dann, wenn eine Maschine überbucht ist und Passagiere auf einen anderen Flieger ausweichen müssen. Nur wenn die Fluggesellschaft sogenannte außergewöhnliche und unvermeidbare Umstände geltend machen kann, hat der Kunde keinen Anspruch auf Entschädigung. Außergewöhnlich sind die Umstände im juristischen Sinne dann, wenn sie nicht unmittelbar zum Luftverkehr gehören, ihn aber beeinträchtigen oder unmöglich machen. Dazu zählen unter anderem Streiks, Radarausfälle oder Verspätungen wegen verzögerter Landeerlaubnis.

Wie mache ich als Kunde meine Rechte geltend?

Um als Fluggast die eigenen Rechte geltend zu machen, sollte man sich direkt an die Fluggesellschaft wenden. Wenn der Verbraucher vom Unternehmen keine Rückmeldung erhält, dann sollte er zunächst eine Frist von etwa zwei Wochen setzen. Ansonsten kann er seine Ansprüche einklagen oder es über die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SöP) versuchen. Diese vermittelt zwischen Passagier und Fluglinie.

Eine weitere Möglichkeit für Fluggäste, ihr Geld zurückzufordern, sind sogenannte Fluggasthelfer-Portale wie Flightright oder flug-verspaetet.de. Diese brauchen zunächst eine schriftliche Vollmacht des Fluggasts. Dann werden sie in seinem Namen tätig - notfalls schalten sie dafür einen Anwalt ein und gehen vor Gericht. Sind sie erfolgreich, so behalten sie allerdings einen Teil der Entschädigung als Provision ein - im Durchschnitt ungefähr 30 Prozent.

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