Flugsicherheit:Politiker lassen neue Nacktscanner hochleben

Nach dem knapp vereitelten Anschlag von Detroit plädieren Politiker von FDP und Union für Körperscanner. Frankreich geht mit Listen gegen Terror vor.

Hier spricht der Innenminister. Seine Nachricht an Fluggäste: Beschränken Sie sich beim Handgepäck, um Verspätungen im Flugverkehr zu vermeiden. "Die Bundesregierung nimmt den Anschlagsversuch sehr ernst", sagt Thomas de Maizière dem deutschen Volk.

Deutschland verschärft die Sicherheitskontrollen an Flughäfen - weil die Sicherheitsbehörden das Bekenntnis von al-Qaida zu dem gescheiterten Anschlagsversuch auf ein US-Flugzeug vom 25. Dezember vor Detroit für authentisch halten. Das teilte die Sprecherin von Bundesminister Maizière mit. Der Anschlagsversuch unterstreiche die Bedeutung des transatlantischen Luftverkehrs als Terrorziel, sagte Hermani und betonte, auch die anderen europäischen Länder würden die Standards bei der Passagier- und Handgepäckkontrolle erhöhen.

Es gebe dennoch keinen Anlass, in Panik zu verfallen.

Nach dem gescheiterten Flugzeugattentat von Detroit rückt auch in Deutschland die Einführung von Körperscannern näher. Angeblich sind Union und FDP bereit, ihren Widerstand gegen die Geräte aufzugeben, solange die Persönlichkeitsrechte von Flugpassagieren bei der Durchleuchtung gewahrt bleiben.

Die sogenannten "Nacktscanner" erzeugen mittels elektromagnetischer Wellen Bilder, die optisch Röntgenaufnahmen ähneln. Auf ihnen werden auch direkt am Körper getragene nicht-metallische Gegenstände sichtbar wie zum Beispiel Plastik-Sprengstoff oder Keramik-Messer.

Bundespolizei prüft Geräte seit mehr als einem Jahr

Bereits seit über einem Jahr unterzieht die Bundespolizei in Frankfurt und Potsdam die Geräte einer Prüfphase, Feldversuche in Deutschland gab es bisher nicht. Laut Bundespolizei könnte der Frankfurter Flughafen der erste deutsche Airport sein, an dem die Technik angewendet werde.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings, sagte der Rheinischen Post, er halte es für "durchaus möglich, die Vorkehrungen so zu treffen, dass die Intimsphäre gewahrt bleibt". Der Innenexperte warnte: "Es wäre fahrlässig, diese Technik zu tabuisieren."

Auch die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, signalisierte Zustimmung: "Wenn die Würde des Menschen gewahrt wird, müssen wir zur Sicherheit der Passagiere auch in solche Systeme investieren." Die bisherige Ablehnung habe sich lediglich, so Piltz, auf die erste "Generation" der Geräte bezogen. Diese waren als "Nacktscanner" bezeichnet worden, weil sie nicht nur versteckte Waffen und Sprengstoffe darstellten, sondern auch den unbekleideten Körper von Flugpassagieren.

FDP-Kollege Jörg van Essen, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion, erklärte: "Wenn man technisch durchsucht wird, etwa auf Sprengstoff, ist das immer angenehmer, als wenn man von anderen Personen angefasst wird." Es gebe "ganz erhebliche Weiterentwicklung" der Geräte: "Ich werbe dafür, dass wir diese Abwägung neu vornehmen vor dem Hintergrund dessen, was wir inzwischen an technischem Fortschritt erreicht haben."

Schiphol: "Nacktscanner" hätte Attentäter entdeckt

Mit einem der umstrittenen "Nacktscanner" wäre der Detroit-Attentäter nach Ansicht niederländischer Experten vermutlich erwischt worden. Zumindest hätte es eine größere Chance gegeben, den am Körper des Mannes versteckten Sprengstoff zu entdecken, erklärte der Betriebsdirektor des Amsterdamer Airports Schiphol, Ad Rutten, nach Angaben der Zeitung de Volkskrant.

Allerdings würden auch die neuartigen Ganzkörperscanner keine hundertprozentige Sicherheitsgarantie bieten, so Rutten. Auf Schiphol werden seit mehreren Monaten 16 "Nacktscanner" zu Testzwecken eingesetzt. Der Flugzeugbomber Umar Faruk Abdulmutallab, der am ersten Weihnachtstag von Amsterdam aus mit einem Airbus der US-Gesellschaft Delta/Northwest nach Detroit flog, wurde wie alle anderen Passagiere dieses Fluges mit einem herkömmlichen Metalldetektor kontrolliert.

Datenschützer: Sicherheitsgewinn minimal

Sicherheitschecks mit Ganzkörperscannern werden nur in einigen Teilen des Amsterdamer Airports unternommen und nur dann, wenn Passagiere sich freiwillig dazu bereiterklären.

Insgesamt seien die Tests mit den neuen Scannern in Amsterdam erfolgreich, so dass Sicherheitsexperten sie gern standardmäßig für alle Passagiere einsetzen würden, erklärte der Betriebsdirektor. Dazu gibt es jedoch bislang keine Zustimmung der EU. Kritiker befürchten eine unzulässige Verletzung von Persönlichkeitsrechten, weil die Scanner den nackten Körper der kontrollierten Personen erkennen lassen.

"Flächendeckender Einsatz unverhältnismäßig"

Ein flächendeckender Einsatz von Nacktscannern bei Kontrollen an Flughäfen wäre nach Ansicht des Leiters des Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, unverhältnismäßig. Die Forderung nach dieser Art der Untersuchung von Flugpassagieren nach dem vereitelten Anschlagversuch von Detroit gehe in die falsche Richtung.

Der Sicherheitsgewinn durch die Körperscanner sei minimal, kritisierte Weichert am Dienstag in Kiel. Das sichere Erkennen von Sprengmitteln sei damit nicht möglich. Es werde aber massiv in das Persönlichkeitsrecht aller gescannten Flugpassagiere eingegriffen.

Waffen, Genitalien, Implantate und Prothesen

Die Kritik gelte auch für neue Geräte und Einsatzkonzepte, bei denen Bild und überprüfte Person nicht in Zusammenhang gebracht werden können, weil zum Beispiel der Kopf nicht zu sehen ist, betonte der Datenschützer. Das ändere nichts an seiner Bewertung.

Der Scanner zeige nicht nur Waffen, sondern auch Genitalien, Implantate und Prothesen bis hin zu einem künstlichen Darmausgang. Betroffen seien religiöse Be- und Entkleidungsvorschriften, die verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Das Bundesverfassungsgericht habe bei einer Entscheidung zur "Entkleidungsuntersuchung" im Strafvollzug hohe rechtliche Hürden bei derartigen Maßnahmen festgestellt. "Danach wäre der undifferenzierte Einsatz des Körperscanners bei Flughafenkontrollen schlicht unverhältnismäßig", sagte Weichert.

Frankreich: Fluggastdaten sollen gesammelt werden

In Frankreich will Innenminister Brice Hortefeux offenbar eine Erhebung der Fluggastdaten nach US-Vorbild durchsetzen. Demnach sollen Fluggesellschaften verpflichtet werden, bereits bei der Reservierung personenbezogene Daten der Passagiere zu erheben, wie etwa Kreditkartennummer, Postanschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse.

Dem Figaro zufolge will Hortefeux seine Vorschläge bereits in Kürze den Innenministern der anderen EU-Staaten vorschlagen. Demnach sollen die personenbezogenen Daten innerhalb der EU weitergeleitet werden. Derzeit müssen die fraglichen Daten bereits bei Flügen in die USA den dortigen Behörden übermittelt werden.

In Frankreich müssen Fluglinien bereits seit 2006 bei Flügen in sogenannte "Risiko-Länder" den Sicherheitsbehörden die Passagierlisten übermitteln. Unternehmen, die dies nicht tun, riskieren ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro. Diese Regelung sei de facto aber nie umgesetzt worden, heißt es in dem Bericht. Als "Risiko-Länder" sind derzeit Afghanistan, Algerien, Iran, Irak, Jemen, Mali, Pakistan und Syrien eingestuft.Nun will Hortefeux weitere Staaten in die Liste aufzunehmen.

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