Streik der Fluglotsen:Welche Rechte Passagiere haben

Streiken Piloten, haben Fluggäste Anspruch auf Entschädigung. Aber wenn die Lotsen in einen Ausstand treten? Können Fluggäste an Streiktagen vom Flug zurücktreten? Und welche Regelungen gelten für Pauschalreisen?

Fragen und Antworten.

Erst im August hatten festgefahrene Tarifverhandlungen zu Störungen im Flugbetrieb geführt, dann waren die Verhandlungen so gut wie gescheitert. Um den Streik abzuwenden, holte Verkehrsminister Peter Ramsauer die Parteien noch einmal an den Verhandlungstisch - mit Erfolg.

Wenn Piloten oder Flugbegleiter in den Ausstand treten, können Passagiere Ansprüche gegenüber der Fluggesellschaft geltend machen. Anders sieht es im Fall eines Fluglotsenstreiks aus: Der gilt als Fall von "höherer Gewalt", ähnlich einer Naturkatastrophe wie den Vulkanausbrüchen auf Island. Da die Lotsen weder bei den Airlines noch beim Reiseveranstalter angestellt sind, trifft die Unternehmen keine Schuld und sie müssen keinen Schadenersatz leisten. Trotzdem haben Passagiere Rechte, auf die sie sich berufen können und in bestimmten Fällen gibt es auch Geld zurück. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

[] An wen können sich Passagiere im Streikfall wenden?

Erster Ansprechpartner für Flugreisende ist immer die Fluggesellschaft, bei Pauschalreisen der Reiseveranstalter. Auch die Flughäfen bieten auf ihren Internetseiten meist ausführliche Informationen über die aktuellen Flug- und Ankunftszeiten. Bei Informationen aus dem Internet ist es sinnvoll, sich diese auszudrucken, um später einen Beleg zu haben.

[] Welche Ansprüche haben Passagiere, wenn ihr Flug verspätet abfliegt?

Wer wegen des Fluglotsenstreiks auf dem Flughafen festhängt, muss von seiner Fluggesellschaft betreut werden, erklärt Beate Wagner von Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Das können Betroffene gemäß der EU-Richtlinie 261/2004 erwarten: Ab zwei Stunden Verspätung haben sie Anspruch auf Leistungen wie Telefonate, Getränke, Mahlzeiten und gegebenenfalls eine Übernachtung im Hotel. Die zweistündige Wartezeit gilt für Flüge von bis zu 1500 Kilometern. Bei einer Strecke von 1500 bis 3500 Kilometer gibt es Unterstützung nach drei Stunden, ab 3500 Kilometer Strecke nach vier Stunden.

Ab einer Wartezeit von fünf Stunden können Passagiere vom Beförderungsvertrag zurücktreten und eine Erstattung des Flugpreises verlangen.

Auch bei einer großen absehbaren Verspätung sollten Passagiere immer zur ursprünglichen Abflugzeit am Flughafen sein. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Fluggesellschaft doch früher einen Ersatzflug anbieten kann - und der Reisende ihn dann verpasst.

[] Welche Rechte haben Passagiere, wenn der Flug gestrichen wird?

Wird ein Flug annulliert, müssen die Airlines den Ticketpreis inklusive Steuern und Gebühren erstatten. Diese Regelung gilt außerdem, wenn der gebuchte Flug mindestens fünf Stunden Verspätung hat. Als Alternative muss die Airline dem Passagier eine Ersatzbeförderung anbieten, ihn also kostenlos auf einen anderen Flug umbuchen.

Bahn statt Flug?

[] Kann ich mir auf Kosten der Airline einen Mietwagen nehmen oder ein Bahn-Ticket kaufen?

Als Ersatzbeförderung gilt bisher nur ein Flug zu einem anderen Zeitpunkt. Ob sich Passagiere auf Kosten der Fluggesellschaft auch einen Mietwagen nehmen oder ein Bahn-Ticket kaufen können, "das ist höchstrichterlich noch nicht entschieden", so Reiserechtler Holger Hopperdietzel zu sueddeutsche.de.

[] Kann man vom Flug zurücktreten?

Passagiere können von ihrem Flug zurücktreten, dürfen dann aber nicht auf eine Erstattung des Ticketpreises hoffen. Die Fluggastrechteverordnung sieht im Streikfall neben der kostenlosen Umbuchung zwar auch die Rückerstattung vor - allerdings erst, wenn die Verspätungsfrist von fünf Stunden überschritten wird. "Dauert ein Streik zwei Stunden und der Passagier kann nach zwei Stunden und drei Minuten befördert werden, dann muss er das einfach hinnehmen", sagt Holger Hopperdietzel. Wenn der Streik erkennbar länger dauert und "die Airline nicht in der Lage ist, eine Ersatzbeförderung bereitzustellen, kann ich den Vertrag kündigen und den gesamten Ticket - oder Reisepreis zurückfordern", so der Hannoveraner Reiserechtler Paul Degott. Reisebüros dürfen für die Rückabwicklung des Ticketkaufes keine Extra-Gebühren verlangen.

[] Welche Regelungen gelten bei Pauschalreisen?

Pauschalreisende können keinen Schadenersatz für einen entgangenen Urlaub geltend machen, falls ihr Flieger wegen des Streiks erst Tage später abhebt. Doch der Reiseveranstalter ist in der Gewährleistungspflicht, da der Flug Teil des Vertrags ist. Der verhinderte Urlauber kann daher den Reisepreis anteilig um die entgangenen Urlaubstage mindern - oder, falls wegen tagelanger Verspätung die Urlaubsdauer unzumutbar eingeschränkt ist, komplett vom Vertrag zurücktreten.

Urlauber, die Flug, Hotel und Mietwagen nicht als Paket bei einem Veranstalter sondern selbst und einzeln gebucht haben, haben schlechte Karten. Sie können weder beim Hotel noch bei der Mietwagenfirma eine Leistungsminderung wegen des verspäteten Fluges geltend machen.

[] Gibt es Anspruch auf Schadenersatz, wenn durch den verspäteten Abflug der Start einer Kreuzfahrt verpasst wird?

Wenn der Flug isoliert von der Kreuzfahrt gebucht worden ist, erleidet der Passagier zwar einen materiellen Schaden, weil er seine Kreuzfahrt nicht pünktlich antreten kann. Doch diesen Schaden bekommt der verhinderte Fluggast nicht von der Airline ersetzt, weil diese an der verhinderten Beförderung nicht ursächlich schuld ist. Wurden aber Flug und Kreuzfahrt als Paket gebucht, dann wird die unterbliebene Beförderung zum Schiff juristisch als Reisemangel betrachtet - zu Lasten des Veranstalters.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: