Flugangst:Mehr Sensibilität bei den Crews

Einen Monat nach der Flugzeugkatastrophe von Madrid mit 154 Toten fordern Psychologen von den Besatzungen erhöhtes Feingefühl im Umgang mit Passagieren.

"Seit dem Unglück von Madrid herrscht bei vielen Fluggästen eine starke Verunsicherung", sagte der Diplompsychologe und Leiter des Deutschen Flugangst- Zentrums (DFAZ) am Flughafen Düsseldorf, Marc-Roman Trautmann. Ende August war in Madrid eine Linienmaschine unmittelbar nach dem Start abgestürzt. 154 Menschen waren dabei ums Leben gekommen.

"Viele Fluggäste haben gerade jetzt das Gefühl, sich auszuliefern", berichtete der Zentrumsleiter. Dabei gehe es in erster Linie nicht um Technikzweifel, sondern um das fehlende, menschliche Sicherheitsgefühl.

Besatzungen seien mehr denn je gefordert, an Bord ein glaubwürdiges Vertrauensverhältnis aufzubauen und von Anfang an nachhaltig zu sichern. "Wenn Passagiere die Reise verweigern oder aussteigen, ist das nicht Folge von Technik- oder Sicherheitszweifeln", sagte Trautmann. Hier spiele allein das psychologische Moment in der Beziehung zwischen Besatzung und Fluggast die entscheidende Rolle.

Fehlendes Vertrauen in den Faktor Mensch, etwa durch mangelnde Information, zu wenig Verständnis oder ein falsch gewähltes Wort, führe im schlimmsten Fall zu einem Gegeneinander von Besatzung und Passagieren, so Trautmann. "Auf relativ begrenztem Raum, wie im Flugzeug, ist die Gefahr groß, dass in bestimmten Situationen unbewusst Vertrauen aufs Spiel gesetzt wird."

Sachliche Erklärungen, zeitnahe Information

Dies sei zu vermeiden, wenn eine Crew sich in die Lage von Fluggästen hineinversetzen könne und rechtzeitig deeskalierend wirke, beispielsweise durch sachliche Erklärungen und zeitnahe Information. Es sei sinnvoll, die Ausbildung und Fortbildungen künftig noch stärker auf diesen Aspekt abzustimmen.

Am 5. September hatten 14 verunsicherte TUIfly- Passagiere vor dem Start eines Flugzeuges im griechischen Heraklion die Maschine verlassen. Der Kapitän hatte zuvor erklärt, es gebe technische Probleme mit einem der Triebwerke, die aber umgangen werden könnten.

Mitte des Monats erzwangen rund 170 Passagiere auf dem Nürnberger Flughafen nach zwei missglückten Startversuchen den Einsatz einer Ersatzmaschine. Sie weigerten sich, ein drittes Mal das Flugzeug zu besteigen, und starteten eine Unterschriftenaktion.

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