FKK im Flugzeug:"Vor dem Start ziehen sich alle aus"

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Enrico Heß will mit einem Flieger voller nackter Ossis nach Usedom reisen - am liebsten würden sich die Passagiere schon am Check-in entkleiden.

Arne Boecker

Enrico Heß, 34, hat kürzlich das Reiseportal OssiUrlaub.de gegründet. Weil Ostdeutsche unter anderem als Freunde der Freikörperkultur bekannt sind, hat sich Heß gefragt: Warum sollen FKKler mit dem Ausziehen warten, bis sie am Strand liegen? Und dann hat Herr Heß den ersten Ferienflieger gegründet, in dem sich die Reisenden schon in der Luft nackig machen dürfen. Abflug ist im Sommer.

SZ: Sind Sie FKKler, Herr Heß?

Heß: Nein, ich persönlich trage am Strand lieber eine Badehose.

SZ: Wie sind Sie denn auf die Idee mit dem Nackedei-Flieger gekommen?

Heß: Auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin hat mir ein FKKler sein Leid geklagt: "Für uns gibt es Strände, Supermärkte und Hotels - aber auf dem Flug in den Urlaub müssen wir uns immer noch in Klamotten zwängen!" Dem Mann kann geholfen werden.

SZ: Wann geht es los?

Heß: Am 5. Juli wird ein Flugzeug mit 50 Urlaubern in Erfurt starten und in Heringsdorf auf Usedom landen. Abends geht es zurück nach Erfurt.

SZ: Und die Passagiere auf diesem Jungfernflug werden so nackt sein, wie Gott sie schuf?

Heß: Ja, sie ziehen sich vor dem Start aus und nach der Landung wieder an. Der Flug dauert etwa eine Stunde.

SZ: Sind Ausgezogene schwierigere Passagiere als Angezogene?

Heß: Ich wüsste nicht, warum. Laufen Sie doch mal in einem Ferienflieger nach Mallorca durch die Reihen: Der Unterschied zur Nacktheit ist oft nicht sehr groß. Für unseren FKK-Flug müssen wir allerdings Sitzauflagen bereitstellen, die wir hinterher entsorgen. Die Hygiene, Sie verstehen?

SZ: Man ahnt, was gemeint ist. Wissen die Stewardessen eigentlich schon, dass sie ihre Kostüme zu Hause lassen können?

Skurrile Ansagen im Flugzeug
:Kapitän Crash und seine Crew

Meine Damen und Herren: Wir freuen uns, Ihnen heute ausgewählte Versprecher im Flieger und Passagierbeschimpfungen zu präsentieren.

Heß: Stewardessen und Piloten sind voll bekleidet. Das geht aus Sicherheitsgründen nicht anders.

SZ: Wie ist die Resonanz auf Ihr Angebot?

Heß: Überwältigend, die FKKler bestürmen derzeit unsere Hotline. Ich denke inzwischen darüber nach, noch ein viel größeres Flugzeug zu chartern. Die Anrufer fragen außerdem, ob man nicht an Flughäfen FKK-Bereiche absperren könnte.

SZ: Ihr Portal bietet natürlich auch Reisen für Vollbekleidete an. Von ostdeutschen Flughäfen geht es in Regionen, die ehemalige DDR-Bürger besonders schätzen: Ostsee, Bulgarien, Türkei, Kroatien. Warum ist das so?

Heß: Das hat mit den günstigen Preisen zu tun. Im Osten sitzt das Geld nun mal nicht so locker wie im Westen.

SZ: Sie werben sehr offensiv mit der ostdeutschen Herkunft Ihrer Firma. Die "Reiseverkehrskauffrauen stammen alle aus Mitteldeutschland", sprechen also "Ihre Sprache", heißt es. Und es gibt eine reguläre Erfurter Telefonnummer statt der üblichen "Abzocke per Servicenummer".

Heß: Ja, unsere Zielgruppe heißt zunächst einmal: Ossis. Ich denke über Kooperationen mit Marken nach, die man aus DDR-Zeiten kennt. Warum soll der, der bei OssiUrlaub.de bucht, nicht zum Dank ein Paket "Zetti" bekommen?

SZ: Ähem..."Zetti"...?

Heß: Knusperflocken, sehr lecker.

SZ: Sie merken schon: Ich habe das persönliche Problem, dass ich in Niedersachsen geboren bin ...

Heß: ... ein schweres Schicksal...

SZ: ...und also Zeit meines Lebens Wessi bleiben muss. Könnte ich trotzdem einen Flug bei Ihnen buchen?

Heß: Missverstehen Sie mich bloß nicht als Spalter oder Ostalgiker! Wer das Augenzwinkern in unserer Werbung nicht erkennt, muss blind sein. Ich würde mich freuen, wenn massenhaft Wessis bei uns buchen. Vielleicht kommen sich West und Ost ja über den Wolken ein bisschen näher. Deshalb nochmal in aller Deutlichkeit: Ja, wir akzeptieren als Kunden auch Niedersachsen.

© SZ vom 31.01.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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