Nannies bei Etihad Airways:Die Angst der Eltern vor dem Langstreckenflug

Baby weint crying

Die Aufregung, die fremde Umgebung, der Lärm, die Enge: Flugreisen überfordern nicht nur viele Kleinkinder.

(Foto: Gleam - Fotolia)

Kaum ein Passagier ist begeistert, wenn eine Familie mit kleinen Kindern auf dem Langstreckenflug neben ihm sitzt. Nach einigen Stunden würden selbst manche Eltern gerne woanders Platz nehmen. Etihad Airways sorgt nun für gute Stimmung - mit ausgebildeten Kinderbetreuern.

Von Katja Schnitzler

Natürlich muss man mit seinem Kind nicht unbedingt in den Urlaub fliegen, schon gar nicht Langstrecke. Man kann warten, bis der Nachwuchs alt genug ist, um auch in Ausnahmesituationen ruhig zu bleiben. Bis Reisezeit gleichbedeutend ist mit teurer Schulferienzeit. Oder gleich, bis die Kinder volljährig sind.

Andererseits: Wer wollte Familien vorschreiben, ab wann sie auf Reisen gehen dürfen, mit welchem Transportmittel und wie weit? Kinder gehören nun mal zum Leben, auch wenn sich dieses Leben ein paar Stunden lang auf sehr begrenztem Raum abspielt.

Selbst gut vorbereitete Eltern bleiben auf einem langen Flug mit Kindern selten gelassen. Während die Kleinen fragen: "Wann sind wir endlich da?", beten die Großen "Hoffentlich bald!".

In dieses Stoßseufzen stimmen gerne auch die Sitznachbarn ein, wenn sich ein Baby in seiner fremden Umgebung in den Erschöpfungsschlaf brüllt, ein Kleinkind vom mitgebrachten Spielzeug nach zehn Minuten gelangweilt ist oder sich überdrehte Geschwister auch nach mehreren Ermahnungen weiter um die Armlehne streiten.

"So haben wir uns den Flug aber nicht vorgestellt", murren andere Passagiere und klagen über Migräne und Beinahe-Hörstürze. Wie also können Airlines alle Kunden zufriedenstellen - die mit und die ohne Kinder an Bord?

Die einen Airlines setzen auf kinderfreie Zonen. Den höheren Preis rechtfertigen sie zusätzlich mit zehn Zentimetern mehr Beinfreiheit - eine Schallschutzwand nach den fünf Reihen ohne Kinder ist allerdings im Preis nicht enthalten. Wenn also in Reihe sechs Eltern mit einem bauchwehgeplagten Säugling Platz nehmen, geht die Rechnung der ruhebedürftigen Passagiere nicht auf.

Einen anderen Weg beschreitet nun Etihad Airways: Statt Familien auszugrenzen und als Störfaktoren des Platzes zu verweisen, wollen sie ihnen zum Wohle aller an Bord zur Hand gehen - mit Betreuern, die eigens in einer englischen Nanny-Schule dafür ausgebildet werden.

500 "flying nannies" sollen bis Jahresende bei Langstreckenflügen an Bord sein, 300 sind schon unterwegs. Vom übrigen Personal unterscheiden sie sich durch lange orangefarbene Schürzen (als Schutz vor den legendär immerschmutzigen Kinderhänden?) und durch ihr Wissen über die richtige Fläschchen-Temperatur, das Basteln von Handpuppen aus den Werbe-Socken der Airline sowie über den Ehrgeiz, den Malwettbewerbe zwischen älteren Kindern auslösen.

Damit, liebe Mütter und Väter, wollen wir Ihnen den anstrengenden Flug erleichtern, verkündet Etihad. Doch bevor sich manche Eltern nun zu früh freuen, schränkt die Airline sicherheitshalber ein: "Wir können Ihnen Ihre Kinder natürlich nicht ganz abnehmen." Eine Restangst vor dem Langstreckenflug bleibt also, aber ein angenehmer erster Schritt ist getan.

Und wird die Kinderbetreuung ein Erfolg, könnte Etihad noch weitergehen und in Knigge-Kursen "behaviour nannies" ausbilden. Schließlich haben auch etliche ältere Mitreisende ein Problem damit, sich auf engstem Raum sozial angemessen zu benehmen.

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