Erlebnis-Hotels:Originell um jeden Preis

Erlebnis-Hotels unter Wasser, Zimmer aus Eis, Quartiere in den Baumwipfeln - heute lässt sich alles vermieten

Helge Sobik

Der Fahrstuhl hinauf zum Hotelzimmer fährt langsam, hat keine Seitenwände, bietet Platz für nur eine Person und baumelt zwischen Urwaldbäumen. Sein Dach ist nichts als Dekoration und lässt den Tropenregen hindurchtrommeln. Zwanzig Meter tiefer ziehen die Liftboys einen Flaschenzug, um das eigentümliche Konstrukt nach oben zu befördern. Der klatschnasse Gast im Bambuslift strahlt. Ist glücklich. Fast am Ziel seiner Träume. Noch nicht ganz im siebten Himmel, aber immerhin hoch oben im Geäst eines riesigen Feigenbaumes im Dschungel Südindiens. Ankunft im Baumhaus-Hotel, wo in dreißig Meter Höhe ein Himmelbett bereit steht - und wo dreißig Meter tiefer Elefantenherden vorbeiziehen, Panther und Schakale zu Hause sind.

Erlebnis-Hotels: Hotelzimmer im südindischen Kerala

Hotelzimmer im südindischen Kerala

(Foto: comtour)

Je kurioser ein Hotel ist, desto größer ist das Interesse, desto besser oft die Buchungslage - und desto teurer darf es sein, egal wie abgelegen es ist. Das Besondere zählt, während der Standard gleichgültig ist: Das Erlebnishotel selbst ist der Anlass der Reise.

Fehlender Luxus schadet den originellsten Hotels rund um den Globus nicht - im Gegenteil. Gerade wohlhabende Urlauber sind es leid, in austauschbaren Hotels abzusteigen, die in Bangkok so aussehen wie in New York, im tropischen Urwald wie in der Arktis, in der Serengeti wie an den Stränden Mexikos. Deren Belegung liegt im Jahresschnitt denn meist auch nicht höher als zwischen 55 und 65 Prozent.

Green Magic Nature Resort

Dschungel-Hotelier Babu Varghese im südindischen Vithiry hingegen kann nicht klagen. Seine ebenso einfachen wie originellen Baumhauszimmer sind zu 90 Prozent ausgebucht. Aber selbst auf Dusche und Toilette muss man in den 40 Quadratmeter großen Zimmern nicht verzichten. Das System der kommunizierenden Röhren macht es mit einfachsten Mitteln möglich.

Seit der Eröffnung 1997 ist Vargheses "Green Magic Nature Resort" bereits mit mehreren Umweltpreisen ausgezeichnet worden. Auch Jussi Eiramos ungewöhnliches Hotel in Nordfinnland ist umweltpreiswürdig und zudem so verrückt, dass es den Winter über fast durchweg ausgebucht ist: Das Anwesen ist komplett recycelbar, schmilzt jeden Sommer davon und wird jeden Winter wieder neu gebaut - ein Iglu-Hotel aus dem Eis des Kakslauttanen-Flusses.

Eishotels gibt es inzwischen in mehreren Ländern Skandinaviens, in Grönland und in Kanada. Vorreiter war das ehemalige "Best Western Hotel" im nordschwedischen Jukkasjärvi, das mit vergänglichen Anbauten bekannt wurde. Seit das Hotel selbst zur Attraktion wurde, macht es auch mit Tagesbesuchern gute Geschäfte: In der Eisbar des Eishotels werden eiskalte Drinks in Gläsern aus Eis serviert - und bringen die Kassen zum Klingeln. Mit Geld, das den Winter übersteht.

Den Ideen in der Erlebnishotellerie sind kaum Grenzen gesetzt. Es gibt nichts, was sich nicht irgendwie zum kuriosen Hotel umfunktionieren ließe - seien es Bunker in den Alpen, seien es Minen im australischen Opalschürfergebiet von Coober Pedy, wo in kargen Felskammern tief unter der Erde übernachtet wird. Den Betrieb von Abdelkarim Jemni hat es sogar unverhofft ins Weltall verschlagen, was die Geschäfte nochmal weiter voranbringt: In seinem Höhlenhotel im tunesischen Matmata hat George Lucas Szenen für die neueste Episode des Kino-Welterfolgs "Krieg der Sterne" gedreht. Jemni hat die Kulisseneinbauten der Hollywood-Leute an Ort und Stelle belassen und serviert seitdem Couscous im Film-Quartier von Luke Skywalker.

Sein in die Jahre gekommenes Hotel, hervorgegangen aus traditionellen in den weichen Fels gegrabenen Wohnhöhlen der Berber, hat dadurch ebenfalls wieder an Popularität gewonnen. Plötzlich ist die Gemeinschaftsdusche in einem schlecht gelüfteten Durchgang kein Problem mehr, denn einzig der Hausbesuch bei Skywalkers zählt. Und wenn die Helden der intergalaktischen Soap Opera in kargen Höhlen hausen - dann tun es Urlauber auch und zahlen gern dafür.

Jules Undersea Lodge

Selbst ungewöhnliche Hürden halten finanzkräftige Reisende nicht mehr davon ab, in kuriose Quartiere einzuchecken: Wer in "Jules Undersea Lodge" in den Florida Keys sein Zimmer beziehen will, muss erst den Tauchschein machen. Das ist zur Sicherheit und zum Vorteil der Bilanz Vorschrift, denn die Zimmer liegen auf dem Meeresgrund in neun Metern Tiefe - eingerichtet im Metallbauch einer stillgelegten Unterwasser-Forschungsstation. Trotz des stolzen Übernachtungspreises von 250 Dollar pro Nacht ist die Warteliste lang und deshalb rechtzeitige Reservierung ratsam.

Geduld muss haben, wer nach dem Room Service verlangt, denn auch der kommt in Neopren und mit aufgeschnallter Sauerstoffflasche. Mahlzeiten werden auf Wunsch ebenfalls unter der Wasserlinie serviert - in Spezialboxen, hereingereicht durch die Luftschleuse.

Den Fischen und Korallen nah ist auch die "Aqua Lodge" vor der mexikanischen Isla Mujeres - und besser für Nichtschwimmer geeignet als das Unterwasserhotel in den Florida Keys. Jedes Hotelzimmer dümpelt auf einem Ponton, ist bei schlechtem Wetter am Kai vertäut und wird bei besseren Bedingungen dahin verlegt, wo es am schönsten ist - direkt ans Riff zum Beispiel. Hotels auf Pontons sind nicht nur originell und stark gefragt, sondern bergen für den Investor ungeahnte Möglichkeiten: Sie können dort verankert werden, wo keine Grundstücke zu erstehen sind oder Bauverbot gilt.

Randy Goddard ist dieser Glückstreffer gelungen: Er hat sein 16-Zimmer- Hotel auf einem großen Floß errichtet und im Naturschutzgebiet Clayoquot Sound an der Küste von Vancouver Island Anker werfen lassen. Ein Steg verbindet das dümpelnde Zimmermannswerk mit dem Festland, mit unberührter Natur weit abseits vom Rummel. Das kanadische Recht verbietet, auf sogenanntem Crown Land zu bauen - aber es enthält keine Klausel, die es Booten verwehrt, in den Fjorden der Naturschutzgebiete Anker zu werfen. Randys Gäste reisen per Schnellboot oder per Wasserflugzeug an. Eine Straßenverbindung gibt es nicht. Der größte Luxus an Bord ist die Natur drumherum - und das, was Sternekoch Timothy May auf dem Hauptdeck jeden Abend brutzelt.

Mancherorts ist es nicht einmal ein Problem, wenn der Vorbesitzer einer Immobilie schwedische Gardinen an den Fenstern hinterlassen hat: In Luzern wurde 1998 das Zentralgefängnis in ein Hotel umgewandelt - mit Eisenstäben vor den Fenstern, Zimmertüren aus Metall und Pritschen an der Wand. Für den, der's mag, ist es das Höchste.

INFORMATIONEN:

Green Magic Nature Resort, c/o Comtour, (Telefon 02054/9547-0; www.comtour.de) in Kerala/Südindien: ab 71 Euro pro Person/Nacht

Igloo-Hotelli Kakslauttanen (Telefon 00358/16/667100, www.travel.fi/int/kakslauttanen) in Finnisch-Lappland: Übernachtung im Iglu bei Zweier-Belegung 103, bei Vierer-Belegung 80 Euro pro Person/Nacht.

Höhlenhotel Sidi Driss (Telefon 00216/73/230005) in Matmata/Tunesien: Übernachtung ab etwa zehn Euro pro Person/Nacht.

Unterwasser-Hotel Jules Undersea Lodge (Tel.001/305/4512353, www.jul.com) vor Key Largo in den Florida Keys: Übernachtung ab rund 269 Euro, obligatorische Tauch-Schulung umgerechnet 81 Euro.

Hausboot-Hotel Clayoquot Wilderness Resort (Telefon 001/250/7268235, www.wildretreat.com) bei Tofino auf Vancouver Island/Kanada: Übernachtung ab 210 Euro pro Person/Nacht.

Gefängnis-Hotel Löwengraben, Telefon 0041/41/4171212, im Internet www.loewengraben.ch: Doppel-Zelle Übernachtung/Frühstück ab 95 Euro

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