Ende der Reise:So entspannt ist Bayern

Wir haben es ja immer gewusst: Bayern ist Vorreiter! Nun stellt das Bundesland eine neue Werbekampagne zum Thema Tourismus vor: "Stade Zeiten" - im Fokus ist die Entschleunigung. Das gab es noch nie. Oder vielleicht doch?

Von Hans Gasser

Jetzt wird es richtig still. Pünktlich zum Beginn der hektischsten Zeit des Jahres, des Advents, lanciert Bayern eine neue Tourismuskampagne für 2016: "Stade Zeiten" heißt sie, und sie beruht auf der bahnbrechenden Erkenntnis der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, dass "der sehnlichste Wunsch des Urlaubers Entspannung" sei. "Nicht mehr die Bergspitze ist das Ziel, sondern das Wandern und das gemeinsame Erlebnis mit Freunden", sagt die Ministerin. Man möchte ihr empfehlen, mal an einem Sonntag ihrer Wahl auf den Gipfel des Jochbergs, des Herzogstands oder gerne auch der Zugspitze zu steigen, um ihre These zu verifizieren.

Aber gut. Zum Wandern wird sie wenig Gelegenheit haben, denn sie muss ja viel arbeiten, etwa neue Tourismuskonzepte vermitteln. "Bundesweit einmalig" sei dieses neueste, sagt die Ministerin von Deutschlands einmaligem Tourismusland.

Nun ja. Entschleunigung, Auszeit im Kloster, Slow Food. Irgendwie glaubt man, das schon einmal gehört zu haben in den vergangenen zehn Jahren. Es ist aber natürlich trotzdem ein nicht zu überschätzendes Verdienst, wenn Urlauber nun auf einer Website (www.stade-zeiten.bayern) Unerhörtes erfahren. Da gibt es etwa unter der Rubrik "Einfach mal weiß-blau machen" einen Bauernhof, auf dem man in eigens dafür hergerichteten Gästezimmern das "Leben auf dem Land um 1930" im Rollenspiel kennenlernen kann. Aber muss man dazu überhaupt umbauen? In manchen bayerischen Landstrichen findet man Gästezimmer und Wirtsstuben zuhauf, die noch original wie 1977 oder 1985 eingerichtet sind - und das ganz ohne Aufpreis! Und die Küche schließt abends auch um 19 Uhr, total authentisch.

Das Konzept reicht natürlich aber viel weiter: "Stille Nächte" in Iglus oder Baumhäusern, Mitarbeit auf der Alm oder bei der Obsternte, spirituelle Einkehr beim Pilger-Wandern. Wie gut, dass die Ministerin als Berater den Ex-Benediktiner-Pater Anselm Bilgri ins Boot geholt hat, der heute als Vortragsredner wirkt. Der hat einst das Kloster Andechs zu jenem stillen Ort gemacht, der er heute ist, mit seinen 1,5 Millionen Besuchern jährlich.

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