Ende der Reise:Schweinereien am Himmel

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Man hat sich daran gewöhnt, die Sicherheitshinweise an Bord nur noch als Akrobatik-Show starr grinsender Flugbegleiter wahrzunehmen. Denn vor den wahren Schikanen des Fliegens bewahren sie uns nicht.

Von Hannes Vollmuth

Man hat sich daran gewöhnt, die Sicherheitshinweise an Bord nur noch als Akrobatik-Show starr grinsender Flugbegleiter wahrzunehmen: Da rudert jemand unerträglich gut gelaunt mit den Armen, winkt mit Sauerstoffmasken, zieht halbvergilbte Schwimmwesten über den Kopf. Fad, dieses Ritual, das irgendwie sein muss. Nur: Den wahren Schikanen des Fliegens, den Unbilden dieser Reise, ist man trotzdem schutzlos ausgesetzt. So wurde erst kürzlich ein Londoner Rechtsanwalt auf einem Flug von Katar nach Johannesburg von einer Braunen Einsiedlerspinne gebissen. Im ersten Moment habe er einen kurzen Schmerz in der Hose gespürt, dann sah er die Giftspinne, wenig später musste er notoperiert werden. Jetzt trägt er eine gewaltige Narbe mit sich herum. Was hätte er da schon mit der Information anfangen können, seine Schwimmweste befinde sich unter dem Sitz?

Dabei ist die Einsiedlerspinne nur die giftige Krönung des nahezu täglichen Wahnsinns über den Wolken. Was bringt beispielsweise die Information, wo man sicher sein Gepäck aufbewahrt, wenn man so dermaßen schottisch unterwegs ist wie James McElvar? Um auf dem Billigflug nach Glasgow der Gepäck-Gebühr von 63 Euro entkommen, hatte der Sänger der britischen Boygroup Rewind am Londoner Flughafen alles anzogen, was sich in seinem Koffer befand. Dermaßen verpackt kollabierte er 8000 Meter über Liverpool.

Und wie hätte man - bitte schön - auf die Frau im US-Bundesstaat Connecticut reagieren sollen, die gemeinsam mit einem Schwein ein Flugzeug der US Airways bestieg? Zuerst wurde die Sau unter dem Arm noch für eine Reisetasche gehalten. Dann aber roch es doch zu streng, um als Schweinsleder-Tasche von Louis Vuitton durchzugehen. Des Schweinchens Notdurft passt wiederum zu jenem Passagier, der in Honolulu den Start verzögerte, weil sein Körpergeruch den anderen Passagieren den Atem nahm, und letztendlich auch zu Gérard Depardieu: Auf einem Flug nach Dublin stellte der sich in den Mittelgang und erleichterte sich in eine Flasche.

Stellt sich die Frage, in welchem Fall ein Sicherheitshinweis am dringendsten nötig ist: bei der Einsiedlerspinne, dem Schwein oder bei Depardieu?

© SZ vom 08.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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