Ende der Reise:Im Dunkeln tappen

Die Störung der Nachtruhe im Urlaub ist einer der häufigsten Gründe, warum Deutsche vor Gericht ziehen. Aber zu viel Schlaf kann auch problematisch sein.

Von Jochen Temsch

Die Nacht ist nicht allein zum schlafen da - schon klar. Und doch geben viele Urlauber ein müdes Bild von sich ab, wenn es darauf ankommt. Zumindest im Spiegel der Rechtsprechung erscheinen die meisten verwuschelt und gereizt. Die Störung der Nachtruhe ist einer der häufigsten Gründe, warum die Deutschen nach ihren Ferien vor Gericht ziehen, um einen Teil des Reisepreises vom Veranstalter zurückzuverlangen. Mal sind es Käfer, die durchs Hotelzimmer krabbeln, mal verlegt die Billig-Airline den Heimflug von neun Uhr auf zwei Uhr morgens. Mal sind es betrunkene Jugendliche, die auf dem Nachbarbalkon krakeelen, mal Betonmischer, die an der Unterkunft vorbeidonnern, oder Handwerker, die eine Etage drüber Wände einreißen, so früh, dass noch nicht einmal die Müllwagen vorgefahren sind.

Albtraumurlaub! Da bekommen die unzufriedenen Gäste dann oft recht. Aussichtslos ist ihre Klage allerdings, wenn sie das Kleingedruckte im Katalog nicht richtig übersetzt haben. "Landestypische Unterkunft", das kann den nächtlichen Besuch landestypischer Kriechtiere durchaus mit umfassen - über Käfer kann man da noch froh sein, schließlich gibt es in manchen Ländern ja auch Schlangen und Skorpione. "Zentrale Lage" und "abwechslungsreiches Nachtleben" sind ebenfalls Warnungen genug. Da kann sich hinterher niemand über die Boeings beschweren, die kurz nach Mitternacht in der Einflugschneise über der Poolbar herunterkommen, sodass der Techno-DJ immer lauter drehen muss. Pech hat auch, wer nachts auf einem Schiff herumstolpert und fällt - Galabeleuchtung in jedem Winkel kann man an Bord nun wirklich nicht erwarten. Andererseits gab es auch einmal den Fall, dass ein Kreuzfahrer nicht einsehen wollte, wie toll die von Scheinwerfern angestrahlten Schleusen des ansonsten finsteren Panamakanals sind. Er hätte die Passage lieber bei Tag erlebt - und bekam Geld zurück. Der nur schwarz sehende Mann argumentierte mit "vertaner Urlaubszeit".

Aber wenn Hotelangestellte die Urlaubszeit verlängern, freut das auch nicht jeden. In einem Fall auf den Kanaren erbat eine Urlauberin einen Weckruf, erhielt ihn verspätet und verpasste deshalb ihren Rückflug. Auch sie bekam einen Teil ihrer Reisekosten erstattet. Soll einer schlau werden aus den Launen der Urlauber - zu viel Nachtruhe ist dann anscheinend doch wieder nicht recht.

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