Ende der Reise:Hotel war gestern

Die armen Hoteliers! Früher konnten sie sich aufs Gastgeben konzentrieren, heute müssen sie sich den ganzen Tag mit Marketing beschäftigen. Schließlich muss man auffallen im großen Meer der Angebote. Oft führt das aber zu unfreiwilliger Komik.

Von Hans Gasser

Früher war alles einfacher. Ein Hotel hieß Hotel. Wenn es nur Frühstück gab, hieß es Garni. Und wenn es eher familiär geführt und nicht allzu groß war, schrieb man Pension auf die weiß gekalkte Außenwand. Das war es dann aber auch schon. Die meisten hatten zwei bis drei Sterne, vier Sterne hatten die wenigsten und fünf nur eine Handvoll pro Land. Man wählte aus nach Empfehlung von Freunden oder des örtlichen Tourismusverbandes, buchte per Fax für drei Wochen und kam dann ungefähr 35 Jahre lang jedes Jahr zur selben Zeit, selbes Zimmer, selber Tisch im Speisesaal.

Die Gastgeber konnten sich auf ihre Gäste verlassen und sich selbst auf ihre Kernkompetenz konzentrieren, das Gastgeben. Und heute? Heute konzentrieren sich die Hoteliers aufs Marketing. Um bei Booking.com, Tripadvisor und Co überhaupt wahrgenommen zu werden, braucht es schwere Geschütze.

Zunächst einmal: die Bezeichnung. "Hotel" verschwindet zusehends. Hotel heißt ja alles. Langweilig. Wie wäre es mit Hideaway? Versteck in der Ferne, das klingt geheimnisvoll, das muss was Besonderes sein. In eine ähnliche Richtung gehen Retreat oder Escape. Rückzug, Flucht - wer da nicht sofort auf den Buchungsknopf klickt, der hat keinen Sinn für Abenteuer. Und wenn es schon unbedingt was mit Hotel sein muss, dann wenigstens: Designhotel. Arthotel. Boutiquehotel. Das lässt den Kenner gleich aufmerken: besondere Einrichtung, Kunst an den Wänden, feinster Luxus. Dass sich das Ganze oft als recht gastfeindlich erweist, mit rutschigen Betonböden, Walk-in- aber Rinn-aus-Duschen und per iPad nicht steuerbarem Deckenlicht - geschenkt.

Der Name ist natürlich genauso wichtig, auch hier geht der Trend zum Verzicht auf den lästigen Zusatz Hotel. Dafür steht der sächliche Artikel hoch im Kurs. Das Tegernsee. Das Triest. Das Tirol. Auch wenn das Das grammatisch oft scheppert, suggeriert es dem Gast: Hier bist du nicht in irgendeinem, nein, hier bist du in dem Hotel. Dagegen kann man schwer was sagen, außer vielleicht, dass die Das-Häuser oft auffällig hohe Zimmerpreise haben, die aber sicherlich durch den hohen Aufwand bei der Namenssuche gerechtfertigt sind. Um es mit einem Hotelier zu sagen, der diesen Winter ein neues Haus im Salzburgischen eröffnet hat: "Schon auf den Buchungsplattformen muss das Hotel was hermachen, damit die Leute wissen, warum sie 300 Euro pro Nacht ausgeben." Sein Hotel heißt Puradies. Dafür ist kein Preis zu hoch.

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