Ende der Reise:Freundliche Fassaden

Eine App erkennt uns im Hotelfoyer, noch ehe wir an der Rezeption stehen. Die Idee dahinter: Das Hotelpersonal kann uns namentlich begrüßen. Was nett gemeint ist, ist in seiner Aufgesetztheit aber vor allem: deprimierend.

Von Stefan Fischer

Sie meinen es nur gut mit uns, die jungen Leute, die uns das Reisen erleichtern wollen und deshalb unentwegt irgendwelche Apps programmieren. Klar, sie denken dabei auch an sich; mit einer App kann man schließlich sehr schnell sehr reich werden, aber das ist ein anderes Thema. Alles muss schnell gehen heutzutage; fürs Geldverdienen hat keiner mehr ein ganzes Arbeitsleben Zeit. Und Reisen haben früher auch nur deshalb drei oder gar vier Wochen gedauert, weil man als Urlauber viel Zeit vertrödelt hat, nicht zuletzt an Hotelrezeptionen beim Ein- und Auschecken.

Abhilfe verheißt eine App. Sie erledigt, wofür man einst einen Laufburschen brauchte, den man mit seiner Visitenkarte (und dem Gepäck) vorausschickte, damit er die Formalitäten regelt. Inzwischen lesen in den Lobbys Bluetooth-Sender aus der App das Profil des Gastes - und übermitteln die Daten an die Rezeption, kaum dass der Ankommende durch die Drehtüre geschlüpft ist. Am Tresen angelangt, kennt man ihn bereits beim Namen und weiß über etliche seiner Vorlieben Bescheid.

Vorbei sind die Zeiten, in denen man sich hocharbeiten musste vom Gast zum Stammgast und schließlich zum Freund des Hauses. Mehrere Sommer hat es früher gedauert, bis einen der Hotelier im lieb gewonnenen Urlaubsort namentlich im Ferienquartier willkommen geheißen und sich erkundigt hat, ob der geplante Anbau übers Jahr fertig geworden ist. Das war dann aber auch ein Privileg. Was hingegen ist eine persönliche Begrüßung noch wert, wenn das Empfangspersonal den Namen nur abliest, aber nichts mit ihm verbindet? Was bedeutet Zuvorkommenheit, wenn die Bedingung dafür ist, dass der Gast seine Vorlieben nicht wechseln darf - ob er nun auf Geschäftsreise in Berlin ist oder ein romantisches Wochenende im Salzkammergut verbringt? Da sonst die App nicht weiß, was sie dem Personal zwitschern soll.

Aber selbst wer sich dieser Technik verweigert, kann sich der Informationsbeschleunigung nicht entziehen. Denn die Namen jener Gäste, die ein Rezeptionist selbst in den Meldezettel tippen muss, prägt er sich gewiss nachdrücklich ein.

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