Ende der Reise:Es werde Licht

Die Tourismusindustrie versucht, Frauen mit Kerzen, Rosenblüten und Prosecco für Reisen zu begeistern. Damit ist sie nur vermeintlich am Puls der Zeit. Tatsächlich wirbt sie mit einem überholten Frauenbild.

Von Stefan Fischer

Es ist schon klar: Wer im Tourismus explizit Frauen als Kunden möchte, der sollte besser keine Whisky-Touren oder Sand-Buggy-Rennen anbieten. Weil er oder sie dann nämlich ziemlich sicher kein Geschäft machen würde. Aber gibt es denn andererseits überhaupt keine alternativen Lockmittel, um Frauen für eine Reise zu interessieren, als Kerzen und Rosenblüten? Nein, sagt die Tourismus-Industrie vehement; was Frauen wollen im Urlaub, seien Kerzen, Rosenblüten, ein paar Gläschen Prosecco und vielleicht noch ein Vital-Frühstück. Sonst nichts.

Das erinnert an die Argumentation von Fernsehredakteuren, die dem Publikum seit Jahrzehnten Cornwall- und Afrika-Schmonzetten, Eine-Frau-geht-ihren-Weg-Filme mit entweder Veronica Ferres oder Christine Neubauer sowie "Alarm für Cobra 11" vorsetzen. Und die natürlich längst darauf verweisen können, dass die Zuschauer etwas anderes gar nicht wollen. Wie auch, sie kennen schließlich nichts anderes. Auf ähnliche Weise benebelt der Tourismus Frauen seit Jahren mit Räucherstäbchen, ätherischen Ölen und dem Duft diverser Kräuter-Grüntee-Mixturen. Das beeinträchtigt natürlich die Wahrnehmung von Dingen, die jenseits der Saunatür liegen.

Nun spricht grundsätzlich wenig gegen einen Wellness-Urlaub. Aber die Ausschließlichkeit, mit der Frauen mit solchen Angeboten umworben werden, ist bedenklich - zumal sich niemand darüber aufregt. Wenn die CSU Frauen mal wieder lebenslang an Heim und Herd ketten möchte, ist der Protest inzwischen völlig zu Recht immens. Wenn die Tourismus-Industrie hingegen die Frauen ferienlang ins Spa sperrt, finden wenige etwas dabei. Frauen sollen Dax-Konzerne lenken, im Urlaub aber bitte Yoga machen - um die Seele in der Balance zu halten. Dahinter steckt die Unterstellung: Weil das mit dem Dax-Konzern-Lenken im Grunde nichts für sie ist. Genauso wenig wie Mountainbiken, Segeln oder Zugfahren in Indien - vermeintlich ist so etwas Männerurlaub. Ohne Unterlass posaunt die Tourismusindustrie angebliche Trends in die Welt, suggeriert, sie fühle den Puls der Zeit. Tatsächlich hat sie ein Frauenbild wie sonst nur die katholische Kirche.

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