Ende der Reise:Der große Durst der Kuba-Touristen

Mit Bierflaschenatrappe zur Revolutionsfeier

Bier ist auf der Karibikinsel beliebter als Rum.

(Foto: Alejandro Ernesto/dpa)

Von wegen Rum. Auf der Karibikinsel geht wegen der vielen Touristen ein viel profaneres Getränk aus.

Von Hans Gasser

Der Norden, heißt es immer, ist gut im Organisieren, während der Süden gut im Improvisieren ist. Derlei Vorurteile muss man natürlich pflegen, vor allem wenn es um den Tourismus geht. Kein Wirtschaftszweig lebt besser von Vorurteilen (positiven wie negativen) als dieser. So wird gemeinhin gedacht, der Wiener an sich sei ein charmanter, stets zu einem kleinen Schmäh aufgelegter Zeitgenosse, "Küss die Hand" hier und "Habe die Ehre" dort. Wer mal etwas länger als drei Tage in Wien gelebt hat, der weiß, dass das nicht stimmt. An dieser Stelle soll jetzt nicht ausgeführt werden, was der Wiener dann ist, denn auch der Tourismus braucht noch ein paar Geheimnisse.

Und hier soll es auch nicht wieder um Österreich gehen, sondern um ein nur unwesentlich größeres, dabei an Wärme und Musikalität (Vorurteil!) reicheres Land: Kuba. Wer denkt, hier würden pausenlos Zigarren geraucht und Rum literweise dazu getrunken, der sitzt natürlich einem Klischee auf. Längst haben die Kubaner das Bier für sich entdeckt, bei der Hitze natürlich auch die deutlich bessere Wahl. Es gibt große Staatsbrauereien, die mit alten Brauanlagen aus der DDR heute immer noch gut trinkbare sozialistische Biere wie "Cristal" oder "Bucanero" machen. Zudem schießen seit der schrittweisen Liberalisierung der Wirtschaft und der Aussöhnung mit den USA überall Wirtshausbrauereien aus dem Boden.

Allein, es reicht nicht. Denn durch den großen Touristenansturm (das sozialistische Kuba noch einmal sehen, bevor es ein Bundesstaat der USA wird) geht den Kubanern das Bier aus. 3,5 Millionen Touristen kamen 2015, das waren 17 Prozent mehr als im Vorjahr, und 2016 werden es noch einmal deutlich mehr sein. Sie alle haben Durst.

Das weiß auch Betsy Díaz Velázquez, die kubanische Vizeministerin für die Lebensmittelindustrie. Die im sozialistischen Jahresproduktionsplan vorgesehenen 33 Millionen Kisten kubanischen Biers würden "wegen der vielen Urlauber und der Zunahme privater Restaurants" nicht reichen. Man müsse deshalb wohl oder übel in diesem Jahr fünf Millionen Kisten Bier aus dem Ausland importieren, verkündete die Ministerin.

Der Großteil davon soll, nein, nicht aus Deutschland oder den USA, sondern aus der Dominikanischen Republik kommen. Die dortige nationale Bierbrauerei stellt ein Pilsner her, das sie unter dem Namen "Presidente" verkauft. Passender wäre natürlich "Comandante" gewesen, aber wenn es darum geht, den Durst von Millionen devisenbringenden Touristen zu stillen, darf man nicht so wählerisch sein.

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