Ende der Reise:Das neue Yoga

Der Wald gilt seit der Romantik als Sehnsuchtsort der Deutschen. Nun drängt ein neuer Trend aus Japan mit Macht in den deutschen Forst: das Waldbaden. Es soll gesund machen. Behaupten die Hoteliers und freuen sich über neue Einkünfte.

Von Hans Gasser

Da kommt was auf uns zu. Nach Wellness, Nordic Walking und Yoga durfte man gespannt sein, welche touristisch verwertbare Tätig-, oder noch besser, Untätigkeit als Nächstes die Websites und Geldbeutel von Urlaubsorten und Hotels füllen würde. And the winner is: Waldbaden. Man kann auch Shinrin-yoku dazu sagen. Denn der neue Urlaubstrend kommt aus Japan. Die Japaner hängen eben nicht nur in Virtual-Reality-Welten herum. Sie gehen auch gerne mal in den Wald, um sich von ihrem stressigen Leben zu erholen. Kann man verstehen.

Aber sie belassen es nicht bei einem Spaziergang, sondern haben Millionen in Forschungsprojekte gesteckt, die die medizinische Wirkung des Waldbadens auf den Menschen beweisen sollen: Sogenannte Terpene, Botenstoffe der Bäume, sollen Killerzellen zur Abwehr von Krankheitserregern vermehren.

Dass dieser Ansatz im Land des Bestsellers "Das geheime Leben der Bäume" auf mythisch fruchtbaren Waldboden fallen würde, war klar. Der Wald gilt ja seit der Romantik als Ursprungs- und Sehnsuchtsort der Deutschen, was die Nazis gerne aufgenommen haben. Aber keine Angst: Das Waldbaden ist ganz unpolitisch. Es geht dabei um "achtsames, absichtsloses Eintauchen in die Waldatmosphäre", wie eine selbsternannte Waldbademeisterin im Blog schreibt. Gerade werden zuhauf Kursleiter ausgebildet, denn die "heilende Kraft des Waldes" kann man natürlich am besten unter professioneller Führung erfahren.

Es wird nun auch in Deutschland geforscht dazu, aber weil das Marketing immer schneller ist als die Wissenschaft, bieten bereits Dutzende Hotels Waldbaden an. Glücklich, welcher Hotelier da noch aus früheren Zeiten als Bauer einen Wald besitzt! Wer jetzt an Gerhard Polt denkt, der prophetisch neue Tourismusdisziplinen wie Mushroom-Searching oder Fresh-Air-Snapping vorausgesagt hat, der begreift die Dringlichkeit des Themas nicht. Denn jetzt, wo die Luftkurorte zusehends aus der Mode kommen, muss Ersatz her. Bald wird es heißen: Hinterdüpfelharing, erster Waldbadeort Bayerns.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: