Ende der Reise:Aufstand im Strandkorb

Das Schönste an ihm ist seine Beständigkeit. Im Extremfall wechselt das Muster der Polster, aber sonst sieht ein neuer Strandkorb so aus wie der Vorgänger. Doch nun soll sich das ändern, mit Sitzheizung und Steckdose. Bitte nicht!

Von Stefan Fischer

Das Sympathische an Strandkörben ist ihre Beständigkeit: Zwar ist so ein Möbel irgendwann durchgesessen und muss ausrangiert werden. Auf Sylt beträgt die Lebensdauer mitunter nur fünf Jahre, da die Insel der Reichen offenbar ein Vandalismus-Problem hat; andernorts erreichen Strandkörbe regelmäßig das biblische Alter von zehn und mehr Jahren. Aber ein neuer Korb sieht seit jeher so aus wie sein Vorgänger. Im Extremfall hat das Polster ein anderes Muster, das ist dann schon die größte Abweichung.

Wohnwagen und -mobile hingegen werden immer pompöser; und heutige Zelte haben mit den Zelten, mit denen die Menschen vor 40 Jahren verreist sind, nur den Namen gemeinsam. Größe, Material und Konstruktion jedoch sind samt und sonders revolutioniert. Der Strandkorb indessen ist, seit es ihn gibt, er selbst geblieben. Mit den Klapptischen und Fußbänken und Armlehnen und seinem manuell verstellbaren Dach ist er das Schweizer Taschenmesser unter den Urlaubsbehausungen - wozu er definitiv zählt, auch wenn man im Strandkorb nicht übernachten kann. Leben aber, und auf dieses Gefühl kommt es an, kann man hervorragend darin. Ein Strandkorb ist funktional und dabei alles andere als übertechnifiziert.

Insofern müssen einen Meldungen alarmieren, denen zufolge Strandkörbe aufgerüstet werden. Die harmloseste Neuerung ist da noch der Strandkorb XXL, offiziell geeignet für drei Erwachsene, praktisch genutzt von einem gemeinsam in die Breite gegangenen Ehepaar. Schwieriger wird es schon, wenn Tische und Sonnenschirme mitvermietet werden. Da ist es nicht mehr weit bis zum Rollrasen, den Camper auf ihrer Parzelle verlegen. Und fatal wird es bei Strandkörben mit Licht, Sitzheizung und Zwölf-Volt-Steckdose. Da kann man gleich zu Hause bleiben oder im Caravan herumgurken (was für viele auf dasselbe hinausläuft). Was kommt als Nächstes: ein gesicherter Wlan-Hotspot und ein über Sensoren gesteuertes, selbsttätig ein- und ausfahrendes Sonnenverdeck? Sandgängige, fernsteuerbare Rollen, die es ermöglichen, den Korb je nach Sonnenstand, Wind und Voyeurismusbedürfnis unentwegt neu auszurichten? Die Zeiten, in denen man Strandkörbe mit Purismus in Verbindung brachte, neigen sich ihrem Ende entgegen. Wer es in Zukunft schlicht will, legt sich in den Sand. Ohne Handtuch.

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