Empörung über die Russen-Quote:"Ich muss mich für Kitzbühel entschuldigen"

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Sepp Schellhorn, Leiter der österreichischen Hoteliervereinigung, bekommt unangenehme Anrufe aus Moskau. Schuld ist der Nobel-Skiort.

Katja Schnitzler

Die Aussage der scheidenden Tourismusdirektorin Renate Dandler, Kitzbühel wolle die Zahl der Russen in der österreichischen Prominenten-Stadt auf maximal zehn Prozent begrenzen, hatte selbst Politiker empört. Und Sepp Schellhorn, Leiter der österreichischen Hoteliervereinigung, muss nun mit verärgerten Russen telefonieren.

sueddeutsche.de: Hat Österreich Probleme mit Russen?

Sepp Schellhorn: Keine anderen als mit anderen Gästen, die in Gruppen anreisen. Wenn Österreicher in Gruppen in die Türkei reisen, werden sie ähnlich auftreten wie hier die Russen.

sueddeutsche.de: Man braucht also keine "Russen-Quote" von zehn Prozent, wie in Kitzbühel diskutiert?

Schellhorn: Diese Quote ist absurd und diskriminierend. Kitzbühel ist das total entglitten.

sueddeutsche.de: Wieso reisen Russen eigentlich in Gruppen?

Schellhorn: Sie werden immer mobiler, aber es wird wohl noch zehn Jahre dauern, bis der individuelle Flugverkehr funktioniert. Jetzt kommen die meisten mit vollbesetzten Charterflügen. Aber auch deutsche Pauschaltouristen auf Mallorca werden kritisiert.

sueddeutsche.de: Durchs touristische Österreich ging ein Aufschrei, als es von der angeblichen "Russen-Quote" in Kitzbühel erfuhr. Die Russen selbst scheint diese weniger zu stören...

Schellhorn: Von wegen, ich habe ständig russische Medien am Telefon und muss mich für Kitzbühel entschuldigen!

sueddeutsche.de: Aber die Sprecherin der russischen Tourismusindustrie meinte ja, dass es in österreichischen Vier- und Fünf-Sterne-Hotels sowieso Quoten für alle Länder gibt - nun eben auch für Russland.

Schellhorn: Da ist sie falsch informiert, solche Quoten gibt es nicht. Allein darüber zu reden ist absurd! Es wird auch keine Deutschen-Quote geben, nur weil sie mit sechzig Prozent unsere größte Besuchergruppe sind

sueddeutsche.de: Also bleibt alles wie gehabt?

Schellhorn: Das nicht. Österreich soll viel internationaler werden, die Menschen im Fernen Osten etwa verbinden Berge allein mit der Schweiz und nicht mit Österreich. Das muss sich ändern, damit wir weniger von den deutschen Touristen abhängen.

sueddeutsche.de: Gibt es denn die ideale Gäste-Mischung?

Sc hellhorn: Tourismus ist ein Gesamtkunstwerk, da braucht man einen breiten Fächer, etwa bei Herkunft oder Altersklassen der Besucher. Wenn man sich zu sehr spezialisiert, ist das fatal.

sueddeutsche.de: Und Russen bleiben willkommen?

Schellhorn: Wir arbeiten sogar an einem Russen-Knigge für unsere Hoteliers, in dem die touristischen Eigenheiten der Urlauber aus Zentraleuropa erklärt sind. Für indische und chinesische Gäste sind die Fibeln schon fertig.

sueddeutsche.de: Was steht da drin?

Schellhorn: Zum Beispiel dass man Chinesen nicht im Zimmer Nummer vier einquartieren darf. Da sind sie abergläubisch.

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