"Emotional Support Animals":Flauschige Flugbegleiter

White-Faced Capuchin Monkey

Zu frech für den Flieger? Dieser Kapuziner-Babyaffe muss noch viel lernen...

(Foto: AP)

Passagiere dürfen in den USA Tiere gratis mit ins Flugzeug nehmen, wenn der Mensch diese als emotionale Stütze braucht. Doch nun tummeln sich Schweine, Affen und Ponys an Bord - und nicht alle wissen sich zu benehmen.

Von Kathrin Werner

Hank, eine übergewichtige Dogge, bekam ihren eigenen Sitzplatz in der ersten Klasse bei American Airlines. Truthahn Easter flog von Seattle nach San Francisco in einer spezialgefertigten Windel. In einem Flugzeug der Linie Delta entkam eine Katze und löste eine Suchaktion unter den Sitzen aus. Ein Hausschwein entleerte sich im Gang und wurde noch vor dem Start von einem Regionalflughafen in Connecticut der Maschine verwiesen. Passagiere schleppten Schimpansen, Miniponys und Seidenäffchen an Bord.

Seit 2003 dürfen in den USA nicht nur Blindenhunde mit in die Flugzeugkabine, sondern auch "Emotional Support Animals". Sie sollen psychisch instabilen Menschen Trost und Beistand beim Flug liefern. Lobbygruppen hatten sich dafür eingesetzt, dass die seit den 1980er-Jahren gültigen Regeln für speziell trainierte Begleithunde ausgeweitet wurden auf allerlei Getier als Unterstützung für behinderte Menschen.

Doch ist das Ganze völlig außer Kontrolle geraten - zum Ärger von Allergikern, Sitznachbarn, die kein Tierhaar im Flugzeugessen haben wollen, und Stewardessen, die auf der Jagd nach kratzenden Katzen durch die Kabine kriechen. Der Ausschuss für behindertengerechtes Reisen beim US-Verkehrsministerium hat sich nun der Sache angenommen.

Er sammelt seit Monaten Informationen zu Tieren an Bord und diskutierte das Thema in der jüngsten Sitzung. Einigen konnten sich Behördenvertreter und Psychologen nicht, der Streit um Trost-Truthähne geht weiter. In den kommenden Monaten soll es neue Regeln geben. Entweder sollen nur noch Hunde und wohlerzogene Minipferde als Assistenztier gelten - oder die Fluggesellschaften sollen ihre Regeln ändern.

Lieb und leider teuer

Denn hinter dem Trost-Tier-Boom steckt zumindest teilweise eine simple Rechnung: Fluggesellschaften in den USA verlangen meist 125 Dollar Gebühr für mitreisende Haustiere ohne besondere Funktion, "Emotional Support Animals" dagegen fliegen kostenlos und auf dem Schoß statt im Gepäckraum. Wenn künftig alle Kreaturen gebührenfrei fliegen, könnte sich das Problem von selbst erledigen.

Der Missbrauch der Begleittierregel führt dazu, dass Menschen, die wirklich ein Tier als Unterstützung brauchen - wegen krankhafter Flugangst etwa - wie Missetäter aussehen, heißt es in einer Studie der University of Missouri. "Es gibt keine Standards, mit denen man die Notwendigkeit von Unterstützertieren bewerten könnte", sagt Studienautorin Cassie Boness. Zertifikate, die beweisen, dass Menschen ihre Tiere stets bei sich brauchen, sind leicht zu erhalten.

Websites bieten sie für wenige Dollar jedem an, der einen Fragebogen ausfüllt. Und Airlines wagen nicht, die Zertifikate anzuzweifeln, sie lassen ja auch nicht die Besitzer von Blindenhunden zum Sehtest antreten.

Abweisen dürfen sie nur unerzogene und "ungewöhnliche" Tiere wie Schlangen, Spinnen und Ratten. Das Flugpersonal darf nicht einmal genau fragen, welche emotionalen Leistungen Schimpansen und Truthähne erbringen. Denn wer das Tier wirklich benötigt, könnte die Fluggesellschaften wegen Diskriminierung verklagen - und das wollen sie angesichts der drohenden Schadenersatzsummen in amerikanischen Gerichten möglichst vermeiden.

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