Digital:Commander im Dom

Ein 3-D-Projekt ermöglicht den virtuellen Besuch der Welterbestätten Nordrhein-Westfalens.

Von Joachim Käppner

Als man Kind war, hat man sich manches erträumt, was damals unmöglich zu sein schien. In "Raumpatrouille Orion" sprach Dietmar Schönherr als tapferer Commander per Bildschirmübertragung mit der Bodenstelle. Sagenhaft, dachten die kleinen Jungs; heute skypen sie selber herum, als gäbe es Raum und Zeit nicht mehr. Auf qualvoll langen Urlaubsfahrten im elterlichen Ford Taunus wünschte man sich nichts mehr, als dass in der Rückenlehne der Vordersitze ein Bildschirm befestigt wäre, auf dem man jetzt und hier den Commander beim Raumgefecht mit den Aliens beobachten könnte - heute per Aufpreis bei gehobenen Fahrzeugklassen kein Problem. Und man hätte, statt mit Tanten und Verwandten in Filzpantoffeln mit einer Führung durch Schloss Augustusburg zu schlurfen, dies lieber irgendwie am Bildschirm erledigt, durch den man, besagten Aliens gleich, ohne Mühe fremde Räume erreichen könnte.

Und genau das ist inzwischen möglich, durch die 3-D-Technologie. Es gibt diverse Projekte und Internetseiten dazu; eine der interessantesten ist "Reality Zooms" in Nordrhein-Westfalen. Das Werk eines regionalen Fotografenteams hat es inzwischen sogar auf die offizielle Homepage des Bundeslandes geschafft. Gestochen scharf sind fünf der kulturell bedeutendsten Sehenswürdigkeiten zu besichtigen, nämlich die Dome zu Köln und Aachen, das Schlösser-Duo Augustusburg und Falkenlust sowie Schloss Corvey, zudem die Zeche Zollverein in Essen - allesamt Stätten des Unesco-Weltkulturerbes. Durch Zoomen und sehr einfache Drehungen hat man fast das Gefühl, man stünde wirklich im Augustusburger Musiksaal und bewundere die Pracht des Rokoko.

Nordrhein-Westfalen war lange Zeit kein wirklich großes Reiseziel, es sei denn, man interessierte sich für Industrieruinen. Aber das ist Vergangenheit. 2014 besuchten mehr als 20 Millionen Gäste das so vielgestaltige Land, und der Kölner Dom ist ohnehin eine der beliebtestes Attraktionen Deutschlands. Wer sich den Rummel an einem Wochenende sparen will oder keine Zeit hat, kann sich nun per "Reality Zoom" virtuell in den Altarraum beamen und das menschenleere Kirchenschiff in aller Ruhe anschauen. Die Macher um den Fotografen Peter Wieler benutzten eine Software, die hochauflösende Bilder ohne Ruckeln und Warteschleifen liefert, der Blick schweift umher, als sei man wirklich dort. So kann man, heißt es bei NRW Tourismus, " schon vor dem eigentlichen Besuch auf spielerische Art und Weise unsere Welterbestätten kennenlernen". Vor dem Besuch, wohlgemerkt. Ersetzen soll der virtuelle Besuch den echten natürlich nicht. Obwohl, versucht wäre man schon.

(www.dein-nrw.de/welterbe-panoramen)

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