Deutschland: Unesco-Welterbe (3):Paläste für Fürsten und Arbeiter

Diese Burgen und Schlösser, aber auch Industriedenkmäler und Museen sind außergewöhnlich - und auf der Deutschland-Liste des Unesco-Welterbes vereint.

Daniela Dau

15 Bilder

Hamburger Speicherstadt

Quelle: dpa

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Diese Burgen und Schlösser, aber auch Industriedenkmäler und Museen sind außergewöhnlich - und auf der Deutschland-Liste des Unesco-Welterbes vereint.

Speicherstadt und Kontorhausviertel, Hamburg

Roter Klinker, höchste Funktionalität: Zwischen 1885 und 1927 wurden die Speicherstadt und das angrenzende Kontorhausviertel erbaut. Sie machten die Hamburg damals zur modernsten Hafenstadt der Welt. Neben der ausgeklügelten Bauweise der großen Lagerhauskomplexe, beeindruckt vor allem die geschlossene neogotische Architektur. Insbesondere das von Fritz Höger entworfene Chilehaus mit seinem spitz zulaufenden "Schiffsbug" ist eine Ikone des Expressionismus.

Welterbestätte seit 2015

Unesco Welterbe Bayreuth Markgräfliches Opernhaus

Quelle: dapd

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Opernhaus in Bayreuth, Bayern

Das Markgräfliche Opernhaus Bayreuth wurde einstimmig zum Weltkulturerbe ernannt: Denn der barocke Prachtbau sei eines der wichtigsten architektonischen Zeugnisse der absolutistischen Gesellschaft im 18. Jahrhundert, begründete das Welterbe-Komitee (eine Galerie finden Sie hier). Das Markgrafenpaar Friedrich und Wilhelmine von Brandenburg-Kulmbach hatte sich das Opernhaus vom damals europaweit führenden Theaterarchitekten Giuseppe Galli Bibiena und dessen Sohn Carlo errichten lassen. Das Prachttheater wurde zwischen 1746 und 1750 erbaut.

Opern werden schon seit 2009 im Haus nicht mehr gespielt, nach der Renovierung ist das Theater wieder als Museum zu besichtigen.

Welterbestätte seit 2012

Fagus-Werk

Quelle: Karl Schünemann/dpa

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Fagus-Werk in Alfeld, Niedersachsen

Das Fagus-Werk wurde nicht für seine Schuhleisten berühmt, sondern wegen eines genialen Schachzuges von Firmengründer Carl Benscheidt: Er überließ dem späteren Bauhaus-Gründer Walter Gropius die Planung des Geländes (hier eine Galerie mit historischen Bildern). Das Erstlingswerk gilt als Ursprungsbau des Bauhaus-Stils.

In dem lichtdurchfluteten Werk werden noch heute Fußnachbildungen für die Schuherstellung produziert. Im daneben liegenden ehemaligen Lagerhaus wurde ein Museum eingerichtet. "Mit der Konstruktion aus Glas und Stahl (...) verlieh Gropius dem dreistöckigen Fassadengebäude eine schwerelose Eleganz, die damals für Fabriken außergewöhnlich war", lobt die deutsche Unesco-Kommission den Bau.

Welterbestätte seit 2011

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Quelle: SZ

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Preußische Schlösser und Gärten in Potsdam und Berlin, Brandenburg/Berlin

"Sanssouci" nannte Friedrich der Große das kleine Sommerschloss im Rokoko-Stil in Potsdam in der Adelssprache Französisch - "ohne Sorge". Sein persönliches Arkadien wurde nach eigenen Skizzen 1745-47 errichtet und auch zu den Parks steuerte der vielseitig gebildete und interessierte Preußenkönig eigene Vorschläge bei: Die Anlage der berühmten Weinbergterrassen war unter anderem seine Idee. Große Architekten, berühmte Künstler und Gartenbauer prägten Gärten und Bauwerke, die durch Wege und Sichtbeziehungen miteinander verbunden sind. Auch wenn die Parkanlagen von Sanssouci eine herausragende Stellung einnehmen, so gehört zum Welterbe Potsdam/Berlin noch viel mehr: der Neue Garten im Norden von Potsdam, Babelsberg und Glienicke mit ihren Schlössern als Gesamtensembles, das Dorf Klein-Glienicke, das Jagdschloss Glienicke, die Pfaueninsel, das Schloss und der Park Sacrow mit der Heilandskirche sowie zahlreiche weitere Bereiche in Potsdam, wie der Pfingstberg.

Welterbestätte seit 1990

Im Bild: Orangerie im Park Sanssouci

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Quelle: SZ

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Museumsinsel, Berlin

Tagelang können sich Kunstsinnige hier in der Betrachtung von Bildern, Skulpturen und Exponaten verlieren: Auf weniger als einem Quadratkilometer entstand zwischen 1830 und 1930 mitten in der Spree ein architektonisches Ensemble aus fünf verschiedenen Museen. Als Erstes wurde das Alte Museum nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel errichtet, im Laufe der hundertjährigen Bautätigkeit kamen das Neue Museum, die Alte Nationalgalerie, das Kaiser-Friedrich-Museum (heute Bode-Museum, im Bild) und das Pergamonmuseum hinzu. Nach kriegsbedingter Schließung und teilweiser Zerstörung gelang es erst 2009, alle Häuser wieder zu eröffnen.

Im Rahmen des "Masterplans Museumsinsel 2015" sollen die historischen Bauwerke weiter saniert, mit moderner Architektur ergänzt und die Sammlungen thematisch enger verbunden werden, so dass eine Gesamtschau abendländischer Kultur entsteht. Zu den berühmtesten Ausstellungsstücken auf der Museumsinsel gehören die Büste der Nofrete im Ägyptischen Museum (Nordflügel des Neuen Museums) und der gut 35 Meter breite und 33 Meter hohe Pergamonaltar aus dem 2. Jahrhundert vor Christus, für den eigens das gleichnamige Museum gebaut worden war.

Welterbestätte seit 1999

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Quelle: SZ

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Siedlungen der Berliner Moderne

Gut geschnittene, modern ausgestattete und vor allem bezahlbare Wohnungen waren Mangelware im Berlin der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Ein Großteil der Hauptstädter wohnte beengt in Hinterhöfen und Seitenflügeln, ohne fließendes Wasser und mit Etagentoiletten - wenn sie nicht mit einem Plumpsklosett auf dem Hof vorliebnehmen mussten. Um auch ärmeren Bevölkerungsschichten einen gesünderen Lebensstandard zu ermöglichen, entstanden in verschiedenen Stadtteilen und ehemaligen Vororten Berlins sechs Wohnsiedlungen mit innovativen Formen und Farben: Gartenstadt Falkenberg (Treptow), Schillerpark-Siedlung (Wedding), Großsiedlung Britz - Hufeisensiedlung (Neukölln), Wohnstadt Carl Legien (Prenzlauer Berg), Weiße Stadt (Reinickendorf) und Großsiedlung Siemensstadt (Charlottenburg und Spandau, im Bild). Verantwortlich für die Planung waren vor allem Bruno Taut und Martin Wagner, es beteiligten sich aber auch andere Architekten wie Hans Scharoun oder Walter Gropius an den Projekten, denen die Unesco "beträchtlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung von Architektur und Städtebau" bescheinigte.

Welterbestätten seit 2008

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Quelle: SZ

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Rathaus und Rolandstatue auf dem Bremer Marktplatz

Das Bremer Rathaus wurde von 1405 an in für die damalige Zeit vergleichsweise schnellen fünf Jahren am Marktplatz hochgezogen. Seit sechshundert Jahren ist es nahezu unverändert erhalten geblieben. Offenbar haben die Baumeister nicht nur flott gearbeitet, sondern auch bei Substanz, Proportionen und Ausgestaltung alles richtig gemacht. Die Unesco jedenfalls pries in ihrer Begründung für die Aufnahme in die Welterbe-Liste "die herausragende Form der Architektur der späten Renaissance in Norddeutschland, die sogenannte Weser-Renaissance".

Die beiden prächtigen, übereinander liegenden gotischen Hallen repräsentieren bis heute Bremens damalige politische Bedeutung als freie Hansestadt. Dieses Selbstbewusstsein drückt sich auch in der größten freistehenden Plastik des Mittelalters vor dem Rathaus aus, einem Ritter mit Schwert: Der 1404 errichtete Roland war in nord- und ostdeutschen Städten dieser Zeit ein Symbol für Autonomie und Marktrecht.

Welterbestätte seit 2004

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Quelle: Schloss Augustusburg

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Schloss Augustusburg, Nordrhein-Westfalen

Schloss Augustusburg war die Lieblingsresidenz des Kölner Kurfürsten und Erzbischofs Clemens August I. von Bayern aus dem Hause Wittelsbach (1700-61). Augustusburg ist ein Meisterwerk des Rokoko und zählt zu den ersten bedeutenden Schöpfungen dieser Stilrichtung in Deutschland. Erbaut von 1725 bis 1768, wirkten hier namhafte Künstler von europäischem Ruf, unter anderem Balthasar Neumann, der den Entwurf für das Prunktreppenhaus anfertigte (im Bild). Von 1949 bis 1996 erklommen Staatsgäste und andere illustre Persönlichkeiten diese Stufen: Das in Brühl nahe Köln gelegene Schloss wurde vom Bundespräsidenten als repräsentativer Empfangsort genutzt. Zum Weltkulturerbe Schloss Augustusburg gehören außerdem das nur einen Spaziergang entfernte Jagdschloss Falkenlust, eines der bevorzugten Lustschlösser von Clemens August, und die Brühler Gärten.

Welterbestätte seit 1984

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Quelle: SZ

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Industrielle Kulturlandschaft Zollverein, Nordrhein-Westfalen

Der Industriekomplex Zollverein in Essen galt zu Betriebszeiten (1847 bis 1986) als eine der modernsten Steinkohlezechen und größten Kokereien. Doch die Anlage war nicht nur eine technische Meisterleistung, sondern beeindruckte auch in ästhetischer Hinsicht. Die Industrie-Architekten Fritz Schupp und Martin Kemmer konstruierten mit Zollverein Schacht XII (1928-32, im Bild) eine einmalige Musteranlage im Stil der neuen Sachlichkeit: Die in zwei Achsen angeordnete Zentralschachtanlage wurde nach Prinzipien der Symmetrie und Geometrie harmonisch durchgestaltet. Auf der "schönsten Zeche der Welt" kann man auf vielfältige Weise die Moderne der 1920er und 1930er Jahre, die Geschichte des Ruhrgebiets und die Entwicklung der Schwerindustrie nachvollziehen. Sie ist aber auch ein Hort der Kultur und der Innovation: Zahlreiche Veranstaltungen wie das Zechenfest finden auf dem Gelände statt, das zudem der Essener Kreativwirtschaft einen attraktiven Arbeitsort bietet.

Welterbestätte seit 2001

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Quelle: SZ

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Die Wartburg, Thüringen

Den meisten fällt bei Erwähnung der Wartburg als erstes Martin Luther ein: 1521/22 hielt sich der Reformator als "Junker Jörg" auf der Burg im thüringischen Eisenach versteckt und übersetzte in nur elf Wochen das Neue Testament der Bibel vom Lateinischen ins Deutsche. Dabei stand die 1067 gegründete, im Laufe der Jahrhunderte weitläufig ausgebaute Burganlage gleich mehrere Male im Mittelpunkt deutscher Geschichte: 1211 bis 1227 lebte hier die später heilig gesprochene Elisabeth von Thüringen, 1817 fand mit dem ersten Wartburgfest das Burschenschaftstreffen der deutschen Studenten statt, das zweite Wartburgfest wurde im Revolutionsjahr 1848 veranstaltet. Bereits zu dieser Zeit beherbergten das romanische Hauptgebäude, die gotischen Anbauten und Bauwerke des 19. Jahrhunderts Kunstschätze und -handwerk von herausragender Bedeutung: mittelalterliche Bildteppiche, den "Dürerschrank", Gemälde von Lucas Cranach dem Älteren, dazu eine wohl einzigartige Bestecksammlung - um nur einige zu nennen.

Welterbestätte seit 1999

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Quelle: SZ

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Bauhausstätten Dessau und Weimar, Sachsen-Anhalt/Thüringen

Ausgerechnet im damals eher beschaulichen Weimar begann die deutsche Revolution des Designs. Anfang des 20. Jahrhunderts existierten die Bereiche Bildende, Angewandte und Darstellende Kunst getrennt nebeneinander - bis Walter Gropius ihnen 1919 in den Räumlichkeiten der Kunsthochschule und der Kunstgewerbeschule ein gemeinsames Forum und Entwicklungslabor bot, das Bauhaus. So entstand Deutschlands berühmteste Kunst- und Designeinrichtung der Klassischen Moderne, deren Ideen und Formensprache immer noch stilbildend sind. 1925 zog die Schule nach Dessau um, 1926 wurde das von Gropius entworfene Bauhausgebäude eingeweiht. Es gilt bis heute als wegweisendes Beispiel moderner Baukunst im frühen 20. Jahrhundert. Zeitgleich wurden die Meisterhäuser für die Familien Gropius, Moholy-Nagy, Feininger, Muche (im Bild), Schlemmer, Kandinsky und Klee errichtet, die - so sie von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs verschont blieben - heute Besuchern zur Besichtigung offen stehen.

Welterbestätte seit 1996

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Quelle: SZ

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Der Obergermanisch-Raetische Limes, Rheinland-Pfalz/Hessen/Baden-Württemberg/Bayern

Mit einem Wall, dem "Limes", umrissen, befestigten und überwachten die Römer die Grenzen ihres Riesenreichs. Der Obergermanisch-Raetische Limes zieht sich über 550 Kilometer von Bad Hönningen/Rheinbrohl am Rhein bis in die Nähe von Regensburg an der Donau zum Kastell Eining und ist eines der bedeutendsten archäologischen Bodendenkmäler in Mitteleuropa. Teile des Limes sind bis heute gut sichtbar: Schnurgerade ziehen sich Befestigungen durch Wald und Feld. Entlang der deutschen Limes-Straße haben sich 80 Städte, Gemeinden und Landkreise zusammengeschlossen, um Touristen anhand von Fundstücken, Rekonstruktionen, Ausgrabungen und Nachbauten Einblicke in die römische Vergangenheit der Landstriche zu ermöglichen.

Welterbestätte seit 2005

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Quelle: SZ

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Völklinger Hütte, Saarland

1986 stillgelegt und unter Denkmalschutz gestellt, wurde die Völklinger Hütte nur acht Jahre später als erstes Industriedenkmal in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen. Das weltweit einzige erhaltene Eisenwerk aus der Blütezeit der Eisen- und Stahlindustrie legt Zeugnis ab über die vergangene industrielle Epoche: In der Gebläsehalle sind die sechs Hochöfen zu besichtigen sowie der einzigartige Schrägaufzug vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Besucher erklimmen die 240 Meter lange Gichtbühne in knapp 30 Metern Höhe, von hier aus wurden Koks und Erze in die Hochöfen gefüllt. Und es geht noch höher: Eine Aussichtsplattform in 45 Metern Höhe ermöglicht den Rundblick über die Hochöfengruppe. Das gut beschilderte Wegenetz durch das Hüttengelände ist sechs Kilometer lang und macht die Produktion von Roheisen noch an vielen anderen Orten erlebbar. Am Ende führt der Weg sogar ins "Paradies": Auf einem Areal zwischen der ehemaligen Kokerei und der Saar entwickelte sich weitgehend ungestört ein Biotop. Seit 2010 ist der Industriekulturgarten für Besucher geöffnet.

Welterbestätte seit 1994

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Quelle: SZ

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Fürstbischöfliche Residenz in Würzburg, Bayern

Die ehemalige Residenz der Würzburger Fürstbischöfe, von 1720 bis 1744 erbaut, gehört zu den bedeutendsten Schlossanlagen in Europa: Die Residenz gilt ob ihrer Geschlossenheit als schönster Schlossbau des süddeutschen Barocks. Balthasar Neumann (siehe Schloss Augustusburg) bekam die Planung für das "Schloss über den Schlössern" von Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn übertragen. Er verewigte sich mit dem berühmten, stützenfrei überwölbten Treppenhaus, das vom Venezianer Giovanni Battista Tiepolo 1752/53 mit dem größten Deckenfresko der Welt dekoriert wurde. Auch der freskierte Kaisersaal (im Bild) ist ein Werk Tiepolos. Weitere Höhepunkt beim Rundgang durch die Residenz sind das rekonstruierte Spiegelkabinett und die in Marmor gehaltene Hofkirche.

Welterbestätte seit 1981

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Quelle: SZ

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Das klassische Weimar, Thüringen

Der Grundstein für das Unesco-Welterbe wurde schon vor mehr als 200 Jahren vom aufgeklärten Fürstenhaus derer zu Sachsen-Weimar-Eisenach gelegt, als Weimar zum geistigen Zentrum Deutschlands wurde. Vier der größten Dichter Deutschlands (Herder, Goethe, Schiller und Wieland) lebten im späten 19. Jahrhundert teilweise zeitgleich in der Stadt. Ihre Wohn- und Wirkungsstätten sind, neben denen ihrer Förderer und anderer bedeutender Künstler, vorbildlich erhalten und ermöglichen so den Einblick in eine der wichtigsten Epochen deutscher Kulturgeschichte. Das Welterbeensemble ist aber weit umfangreicher, unter anderem gehören dazu die Herzogin Anna Amalia Bibliothek, das Stadtschloss in Weimar sowie die drei Schlösser mit ihren Parks Belvedere, Ettersburg und Tiefurt.

Welterbestätte seit 1998

© sueddeutsche.de/dd/kaeb/boen
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