Nationalpark Sächsische Schweiz:Guerilla auf Abwegen

Nicht alle Wanderwege im Nationalpark Sächsische Schweiz dürfen auch beschritten werden, sonst droht Bußgeld. Doch ein Wanderer kämpft auf seine Weise gegen die Vorgaben der Parkverwaltung.

Das Försterloch gehört zu den alten Wegen in der Sächsischen Schweiz. Schon 1862 meißelte ein Mühlenbesitzer aus dem Kirnitzschtal seinen Namen in den Sandstein; später wurde der Pfad hinauf zum Winterberg gepflastert. Eine unliebsame Überraschung erlebte allerdings Axel Mothes, der das Försterloch im Oktober 2010 mit seinem Sohn besuchte: Ein Ranger der Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz stellte die Wanderer und verhängte ein Bußgeld. Sie waren vom rechten Weg abgekommen.

Herbstlicher Nebel in der Sächsischen Schweiz

Herbstlicher Nebel in der Sächsischen Schweiz

(Foto: dpa)

In den engen Schluchten und zwischen den abenteuerlich aufgetürmten Sandsteinfelsen der Sächsischen Schweiz schlängeln sich Hunderte Kilometer Wege. Längst nicht alle dürfen heute von Touristen benutzt werden. Während in den Randbereichen des Nationalparks alle im Gelände erkennbaren Wege beschritten werden könnten, gelte in dessen Kernzone "ein strenges Wegegebot", sagt Andreas Knaak, Referent der Nationalparkverwaltung: "Dort darf nur auf markierten Wegen gewandert werden." Ein Verstoß wird mit einer Geldstrafe geahndet. Mothes aber weigerte sich, das gegen ihn verhängte Bußgeld zu bezahlen.

Umstrittener Wanderführer zeigt verbotene Wege

Das Försterloch ist seit einer Ausweitung der Kernzone im Jahr 2002 kein markierter Weg mehr. Auf vielen neueren Wanderkarten ist es deshalb nicht zu finden. Axel Mothes freilich, der in Halle einen touristischen Kleinverlag betreibt, beschreibt in den dort herausgegebenen "Stiegenbüchern" auch solche offiziell unzugänglichen Wege. Drei der Wanderführer hat der 43-jährige Landschaftsgärtner aufgelegt; sie erläutern 150 Wege mit Namen wie Himmelsleiter, Wolfsfalle oder Quarksesteig. Die Nachfrage ist groß: Nach eigenen Angaben hat Mothes schon einige tausend "Stiegenbücher" verkauft.

Im Nationalpark sorgt dieser Erfolg für gemischte Gefühle. Zwar weist Mothes in den Büchern, für deren Erstellung er alte Karten, Wanderführer und sogar Vermessungsblätter aus dem 16. Jahrhundert nutzt, auf das Wegegebot hin. Doch auch dem Verleger ist klar, dass niemand die Führer erwirbt, "um sie nur auf dem Sofa durchzublättern": Wer ein Buch kauft, wird in der Regel auch einige der dort beschriebenen Wege ablaufen wollen.

"Wettstreit um Geheimtipps"

Mothes sieht kein Problem: Er kenne seine Leser als "Romantiker", die "von der Sächsischen Schweiz infiziert sind" und sich vorsichtig in der Natur bewegten. Touristen, die von weither anreisten, um Attraktionen wie Bastei, Kuhstall oder Schrammsteine zu sehen, "interessieren meine Bücher nicht".

Saechsische Schweiz: Streit ueber die Nutzung von Wanderwegen

Wanderer Axel Mothes vor einer alten Wanderkarte des Elbsandsteingebirges

(Foto: dapd)

Generell halte er es zwar für wichtig, dass die Sächsische Schweiz ein Nationalpark sei und versucht werde, Tourismus und Naturschutz in Einklang zu bringen. Für den "sehr kleinen Teil der Touristenmasse", der sich für verborgene Stiegen interessiert, sollte aber eine moderate Regelung gefunden werden.

Nationalpark befürchtet Schäden an Wanderwegen

Andreas Knaak hat Bedenken. Er fürchtet Schäden in Gebieten, aus denen der Mensch zum Schutz der Natur eigentlich ferngehalten werden soll, und betont, dass der Sandstein und viele auf ihm lebenden Pflanzen äußerst empfindlich seien: "Da hinterlassen zehn Wanderer schon deutliche Spuren." Zudem beobachtet man im Nationalpark bei immer mehr Besuchern ein Bedürfnis nach vermeintlich exklusiven Naturerlebnissen. Knaak sieht einen "regelrechten Wettstreit um Geheimtipps" - mit der Folge, dass die Natur "verschlissen" werde.

Vor diesem Hintergrund sind auch Wanderverbände nicht glücklich über Wanderer jenseits der markierten Wege. Ulrich Voigt, der Ehrenvorsitzende des Sächsischen Bergsteigerbunds, verweist auf einen austarierten Kompromiss zum Wegenetz in der Sächsischen Schweiz, den Naturschützer und Nationalparkverwaltung, Forstverwaltung, Gemeinden sowie Tourismus- und Wanderverbände vor zehn Jahren erarbeiteten. In einer Arbeitsgruppe seien "in zähem und verantwortungsbewusstem Ringen" die weitergehenden Forderungen des Nationalparks zur Schließung von Wanderwegen abgemildert worden.

Mothes dagegen hält an der Meinung fest, dass die alten Wege zur Sächsischen Schweiz gehören und weiter begangen werden sollten. Auf seiner Internetseite ruft er den Lesern zu: "Uns wird schon etwas einfallen, wie wir die Wege begehbar erhalten!" Das gegen ihn verhängte Bußgeld wegen der Försterloch-Wanderung hat er schließlich doch bezahlt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: