Deutschland:In Balin

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Viel Teakholz und Dampf auf mehr als 20 000 Quadratmetern: das Vabali. (Foto: David Burghardt/Vabali)

Mitten in der winterlich grauen Hauptstadt kann man in eine fernöstliche Kunstwelt eintauchen: Hier ist es warm, voll und bunt.

Von David Denk

Wer auf Bali jeden Tag drei Hemden durchschwitzt, kann nur ein Tourist und sich mitleidiger Blicke der Einheimischen sicher sein. So naiv die Hoffnung ist, man würde in trockenem Zustand nicht sofort als Fremder identifiziert werden, so unangenehm bleibt diese Erfahrung: Wer stark schwitzt, muss dabei noch nicht mal schlecht riechen, um sich als Außenseiter zu fühlen.

Ungeniert in Gemeinschaft schwitzen lässt sich seit Sommer 2014 im Vabali unweit des Berliner Hauptbahnhofs. "Wir möchten unsere Gäste in eine andere Welt entführen", sagt Geschäftsführer Cornelius Riehm beim Rundgang durch die Anlage. Das da draußen ist ganz sicher die Hauptstadt, zu erkennen an der grauen Glocke, die seit Monaten über ihr hängt und aus der es gerade mal wieder routiniert nieselt. Drinnen allerdings haben die Betreiber, die mit ähnlichen Saunalandschaften in Nordrhein-Westfalen geübt haben, sich nicht lumpen lassen, um die Illusion einer Fernreise auf die indonesische Ferieninsel zu erzeugen. Man darf eben nur nicht aus dem Fenster gucken.

Überseecontainerweise kam Bali nach Deutschland: Von antiken Teakholzstützen über die typischen quietschbunten Vogel-Gemälde bis hin zu den Bezügen der Kissen auf all den Liegen, Sesseln, Sofas und Betten - das Ambiente ist so sehr um Authentizität bemüht, dass es schon wieder etwas steril wirkt. Aber stilvoller als andere Anlagen ist das Vabali zweifellos. Entsprechend selbstbewusst nennt man sich "Premium Spa".

Ab 33,50 Euro, ein angesichts von elf Saunen, Dampf- und Schwitzbädern auf 20 000 Quadratmetern wohl zivil zu nennender Preis (für den man sich auf Bali freilich stundenlang massieren lassen könnte), kann man hier gut und gern einen ganzen Tag zubringen. Das tun Berliner und Touristen offenbar zur Genüge: Auch am Montagnachmittag ist es überraschend voll. Auf Bali ein einsames Fleckchen zu finden, ist jedenfalls deutlich leichter als hier. "Dienstags ist deutlich weniger los", verrät Geschäftsführer Riehm, der neben den Servicekräften zu den wenigen Bekleideten im Vabali gehört.

Der Saunabereich des Vabali ist "textilfrei". Der Lageplan enthält einen "Saunaknigge", damit auch niemand irgendetwas missversteht: "Bitte reduzieren Sie den Austausch von Zärtlichkeiten auf ein Minimum." Außerhalb der Saunen und Pools sollten sich die Gäste zumindest mit einem Handtuch bedecken, im Restaurant herrscht sogar Bademantelpflicht.

Dort wird man am Platz bedient und wundert sich ein bisschen. Die Karte ist mit Caesar Salad, Burger vom Mecklenburger Weiderind und allerlei Wokgerichten zwar durchaus ansprechend, aber eben so gar nicht indonesisch. Dabei hätten sich Klassiker wie Hühnchen-Saté oder Nasi Goreng doch gut eingefügt. Fast noch wichtiger als das Essen scheint dem recht jungen Publikum aber sowieso die Getränkeauswahl zu sein: Die Weinkarte ist mit allein vier offenen und 13 weißen Flaschenweinen für eine Badeanstalt jedenfalls ungewöhnlich umfangreich.

Und so wird die Hauptsache beinahe nebensächlich. "Ein Ort der Ruhe und Entspannung" will das Vabali sein. Man darf sich halt nur nicht unter Druck setzen lassen. Irgendwo ist nämlich immer gerade ein Aufguss - ob Eistee, Frozen Fruits, Asiatische Duftreise, Kräuter oder Sandelholzpeeling. Eine solche Vielfalt würde man sich auch bei der Bücherauswahl in den Regalen wünschen. Die besteht - einzige, verkraftbare Enttäuschung - praktisch nur aus alten Schinken zu historischen Themen und ist dank zurückgelassener Urlaubslektüre in jedem indonesischen Guest House besser.

Vabali Spa Berlin, Seydlitzstraße 6, 9 bis 24 Uhr, Tagesticket ab 33,50 Euro, www.vabali.de

© SZ vom 03.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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