Deutsche auf Reisen:Dabei sein ist alles

Endlich ein Markt, der wirklich stabil ist: Die Urlaubslaune der Deutschen ist nicht nur gut wie selten, sie geben auch noch mehr für ihre Reisen aus - und nur wenige Länder werden gemieden.

Hans Gasser

Deutschland, Lieblingsreiseland! Spanien immer gerne. Ägypten? Lieber nicht! Mit großen Neuigkeiten können die Marktforscher, die stets zur Internationalen Tourismusbörse (ITB) ihre Studien zum Reiseverhalten der Deutschen präsentieren, nicht aufwarten. Dennoch gibt es einige interessante Verschiebungen.

Wer reist?

2011 haben drei Viertel (76 Prozent) aller Deutschen über 14 Jahren mindestens eine Urlaubsreise unternommen, die fünf Tage oder länger gedauert hat. 69,5 Millionen Reisen waren das, genau so viele wie im Vorjahr. Hinzu kommen etwa 78 Millionen Kurzreisen zwischen zwei und vier Tagen Dauer, auch in etwa so viele wie im vergangenen Jahr. "Der Reisemarkt ist wahnsinnig stabil", sagt Ulf Sonntag von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR), die seit mehr als 40 Jahren das Reiseverhalten der Deutschen untersucht.

Wohin geht die Reise?

Lieblingsland der Deutschen war wieder einmal Deutschland, wohin 31 Prozent aller Urlaubsreisen gingen. Bayern rangiert dabei vor Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig Holstein auf Platz eins. Das Lieblingsziel im Ausland bleibt Spanien mit 12,3 Prozent aller Urlaubsreisen, gefolgt von Italien, der Türkei und Österreich. Grob kann man sagen: Ein Drittel macht Urlaub in Deutschland, ein Drittel in den Ländern rund ums Mittelmeer und ein Drittel verteilt sich auf den Rest der Welt.

Bei den Kurzreisen ist es genau umgekehrt: Zwei Drittel davon führen nach Deutschland, ein Drittel ins Ausland, vor allem ins nahe Österreich, in die Niederlande und nach Italien.

Wer gewinnt, wer verliert?

Das vergangene Jahr war bestimmt von den Revolutionen in den arabischen Mittelmeerländern. Ägypten und Tunesien litten 2011 unter einem Einbruch der Urlauberzahlen von etwa 40 Prozent. Während sich Tunesien relativ gut erholt, ist Ägypten immer noch stark im Hintertreffen. "Demonstrationen auf dem Tahrirplatz zeigen sich leider direkt in den Buchungsstatistiken", sagt eine Sprecherin des Reiseveranstalters Tui.

Profitiert von der Schwäche Nordafrikas haben vor allem Spanien, die Türkei und ein wenig auch Griechenland. Für Letzteres sieht es nun schon wieder düster aus, da Krise und Demonstrationen viele Urlauber abschrecken. Stark zulegen werden in diesem Jahr laut Tui Reiseziele wie Kroatien, Polen, Slowenien und Russland. Bei den Fernreisen seien es vor allem die USA, Mexiko, die Dominikanische Republik und Thailand.

Welche Urlaubsformen sind beliebt?

Der deutsche Urlauber behält gern die Kontrolle über die Kosten und wählt deshalb all-inclusive. 28 Prozent der Bevölkerung haben laut FUR in den vergangenen drei Jahren einen solchen Urlaub gemacht, 51 Prozent interessieren sich in den kommenden drei Jahren dafür. Bei der Tui ist rund ums Mittelmeer jede zweite gebuchte Reise all-inclusive, in der Türkei bieten sogar mehr als 80 Prozent der Hoteliers dieses Konzept an.

Kürzer, aber teurer

Apropos Hotels: Der Trend geht ganz klar zur Spezialisierung bei den Übernachtungen. Die großen Veranstalter haben eigene Hotelmarken für verschiedene Zielgruppen. Paare, Familien, Senioren, sportlich Aktive und ökologisch Bewegte werden zunehmend getrennt angesprochen und untergebracht. Dass ihr Urlaub ökologisch verträglich ist, dafür sprechen sich laut FUR immerhin 31 Prozent der Deutschen aus, eine jährlich wachsende Zahl.

Wie wird gebucht?

Bei der Information zum Urlaubsziel steht das Internet bereits unangefochten an der Spitze. Bei der Reisebuchung wird es mit jedem Jahr wichtiger, hat aber das Reisebüro noch nicht eingeholt. So wurden 2011 laut FUR 35 Prozent aller Urlaubsreisen im Reisebüro gebucht, 2005 waren es allerdings noch 44 Prozent. Bei Internetportalen buchten 15 Prozent, während es 2005 nur sieben Prozent waren. Die restlichen Reisen wurden direkt bei Hotels oder Tourismusinformationen gekauft. Während des Urlaubs nutzt ein Viertel aller Reisenden mittlerweile mobiles Internet.

Wie sieht es auf den Kreuzfahrtschiffen aus?

Kreuzfahrten, eine in den vergangenen Jahren stark gefragte Urlaubsform, werden durch das Unglück der Costa Concordia vor der Insel Giglio und die jüngste Havarie der Costa Allegra einen Dämpfer erleiden, sagte etwa Jürgen Büchy, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV). Mittel- bis langfristig würden Kreuzfahrten aber weiter an Beliebtheit gewinnen. Da ein Großteil der Reisen für 2012 bereits vor den Unglücken verkauft worden ist, lassen sich die tatsächlichen Einbrüche erst im Laufe des Jahres abschätzen.

Was ist den Deutschen ihr Urlaub wert?

Die Ausgaben pro Reise ab fünf Tagen Dauer lagen 2011 mit 868 Euro höher als je zuvor, so die FUR. Insgesamt gaben die Deutschen im vergangenen Jahr 79 Milliarden Euro für Haupt- und Kurzurlaubsreisen aus. Dabei geht die Reisedauer seit Jahren kontinuierlich zurück. Lag sie beim Haupturlaub im Jahr 2000 noch bei 13,8 Tagen, sind es 2011 nur noch 12,4 Tage. Man fährt lieber öfter, aber kürzer weg. Aber man fährt! Anfang des Jahres hatten laut FUR bereits 57 Prozent der Deutschen feste Urlaubspläne, nur elf Prozent wollten sicher nicht verreisen. Die meisten planen dasselbe Budget wie 2011 ein. Die Urlaubslaune ist also ungebrochen.

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