Der Papst im Urlaub:Wiedersehen am Ratzinger Platz

Seit klar ist, dass der Papst in Brixen Sommerferien macht, steht der Ort Kopf - dabei ist Benedikt XVI. dort ein alter Bekannter.

Stefan Ulrich

Gott sei Dank ist der Papst nicht abergläubisch. Denn in seinem Sommerurlaub wird Benedikt XVI. eine schwarze Katze über den Weg laufen. Milly ist das Maskottchen des Priesterseminars von Brixen und einer der ganz wenigen Bewohner, die nicht weichen müssen, wenn der Pontifex und sein Gefolge am Montagmittag in das spätbarocke Gebäude in der Altstadt einziehen.

Der Papst im Urlaub in Brixen, pixelio

Unterwegs in den Gassen von Brixen

(Foto: Foto: pixelio)

Der Katzenfreund kennt Milly schon von früheren Urlauben im Seminar. Dort erinnert man sich an Joseph Ratzinger als einen "angenehmen, anspruchslosen Gast", wie der Kanonikus Johannes Messner sagt.

Als vor Monaten bekannt wurde, dass der Papst diesmal nicht, wie in den vergangenen Jahren, ins Val d'Aosta oder Veneto, sondern nach Brixen reisen wird, stürzte sich die Stadt sogleich begeistert in die Vorbereitungen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Die tausendjährige Bischofsstadt mit ihren vielen Kirchen, Bürgerhäusern und Laubengängen wurde neu getüncht, der Seminarplatz frisch gepflastert. Nun wehen auch noch überall die Flaggen in den Vatikanfarben Gelb-Weiß. An den Ortseinfahrten begrüßt Brixen seinen Gast auf Großplakaten, in Deutsch, Italienisch und Ladinisch.

Bürgermeister Albert Pürgstaller frohlockt: "Es ist dies eine große Ehre für unsere Stadt und das gesamte Land." Ein Segen ist der Heilige Vater besonders für die Geschäftsleute. 6,50 Euro kostet die Papst-Tasse samt Untertasse, der Benedikt-Bierkrug ist teurer, obwohl der bayerische Pontifex eigentlich Orangenlimonade bevorzugt.

Ein gewitzter Konditor hat eine "Benedikt-Kugel" erfunden. Dabei handelt es sich allerdings nicht um ein großkalibriges Geschoss, sondern nur um eine Praline aus Schokolade, Obers und Nüssen. Dafür werden den Papst am Montag die Schützen der Stadt willkommen heißen.

Doch warum kommt Benedikt überhaupt in die Alpengemeinde zwischen Bozen und dem Brenner-Pass? "Brixen als Urlaubsort ist in der Tat eine Novität", erklärt der Vatikansprecher Federico Lombardi. "Es war der ausdrückliche Wunsch des Papstes, dorthin zu gehen. An Brixen hat er viele lebendige Erinnerungen."

Strenggenommen ist der Papst sogar zu einem Viertel Südtiroler. Seine Großmutter Maria Tauber-Peintner wurde in Raas bei Brixen geboren. Nach den Bayern- und Österreichreisen in den vergangenen Jahren gelingt Benedikt so auch 2008 wieder eine kleine Heimkehr.

Joseph Ratzinger kam bereits vor 40 Jahren nach Brixen, um als junger Theologieprofessor im Festsaal der barocken Bibliothek des Priesterseminars zwei Vorträge zu halten. Den späteren Kardinal zog es immer wieder im Urlaub in die Stadt.

Wiedersehen am Ratzinger Platz

Mindestens zehn Mal fuhr er im Sommer dorthin. "In Brixen bin ich, wenn ich im Priesterseminar die Zimmer bezogen, im Dom meinen ersten Besuch gemacht und in der Pfarrkirche eine Kerze angezündet habe", sagte er einmal.

Der Papst im Urlaub in Brixen, pixelio

Die Laubengasse in Brixen

(Foto: Foto: pixelio)

Einer, der ihn oft begleitete, ist sein alter Freund und "Ferienchauffeur", der Bankdirektor Thaddäus Joseph Kühnel aus München. "Der Papst liebt die schöne Stadt mit ihrem ehrwürdigen Dom", sagt Kühnel, der am Montag mit Papstbruder Georg Ratzinger ins Priesterseminar fahren will. Außerdem schätze er die Südtiroler Küche, "das Geräucherte, den Schinken, die Würste".

Früher, als Kardinal, sei er hier auch gerne auf Wanderungen gegangen, den Fluss Eisack entlang, durch die Weinberge und von Kirche zu Kirche. "Aber das geht so als Papst nicht mehr." Einige Ausflüge werde er aber auch diesmal machen. "Da gibt es schon Wege, wo man ihn abschirmen kann."

Ganz ungestört dürfte der Papst im Priesterseminar bleiben, auch wenn Journalisten und Fotografen von den gegenüber residierenden Franziskanerinnen ein ganzes Haus angemietet haben, um sich auf die Lauer zu legen.

Im Gegenzug wurde das Seminar mit drei Meter hohen, mit grünem Stoff bespannten Gestellen zum Sichtschutz umstellt. Das Seminar selbst gilt für die Dauer des Benedikt-Urlaubes bis zum 11. August als extraterritoriales Gebiet. Für die Sicherheit ist der Vatikan zuständig. Schweizer Gardisten werden den Papst bewachen.

Einwohner flüchten in die Berge

Dessen Tage beginnen auch im Urlaub zeitig. Nach der Morgenmesse gibt es - wenn man den Indiskretionen der Lokalpresse glauben darf - Frühstück mit "Wikinger"-Semmeln aus Sonnenblumenkernen, Leinsamen und Sesam. Danach kann der Pontifex machen, was er am liebsten tut: schreiben. "Wenn er sich in der richtigen Verfassung zum Arbeiten fühlt, ist es möglich, dass er am zweiten Teil seines Jesusbuchs arbeitet oder seine Sozialenzyklika fertigstellt, auf die wir ja warten", mutmaßt der Papstsprecher Lombardi.

Am Nachmittag bleibt Zeit für Spaziergänge oder Lesestunden im Garten. Sein schattiger Lieblingsort von früheren Aufenthalten wird im Seminar "Ratzinger Platzl" genannt.

Öffentlich wird der Papst in Brixen zwei Mal auftreten, zu den Angelusgebeten am 3. und 10. August. Dann werden abertausend Menschen von auswärts in die Altstadt strömen. Nicht alle in Brixen sind über den Rummel begeistert. Die Bürger der Stadt seien zurückhaltende Leute, sagt die Universitätsdozentin Stephanie Risse. "Gerade deshalb ist Brixen bei Prominenten als Urlaubsort beliebt. Die kommen gerne her, weil die Leute keinen Riesenzirkus um sie machen."

Etliche Einwohner hätten ihr bereits erzählt, sie würden an den Angelus-Sonntagen in die Berge flüchten. Andere seien von den Sicherheitsauflagen genervt, etwa von den Sonderausweisen, die sie brauchen, um ihre Wohnungen um den Domplatz zu erreichen.

Eine Freundin sei von der Polizei aufgefordert worden, auch für ihren Anfang Juli geborenen Säugling einen Spezialausweis zu beantragen. Dann hätten sich die Beamten aber doch überzeugen lassen, dass der kleine Emil gar nicht gefährlich ist.

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