Contra: Hotelurlaub mit Kindern:Ein bisschen mehr Palace, bitte!

Nichts ist schrecklicher als Hotels, in denen Familienväter schon an der Rezeption den ersten Bobbycars begegnen.

Gerhard Matzig

Ich mag Nabokov. Auch seine Bücher. Aber vor allem gefällt mir, dass er seine letzten 16 Lebensjahre in einem Hotel verbrachte. Im Montreux Palace Hotel am Genfer See. Dort bewohnte er zusammen mit seiner Frau Vera acht Zimmer und bemalte die Kacheln im Bad mit Schmetterlingen. Wenn er etwas essen wollte, ging er ins Hotelrestaurant hinab oder er bat den Zimmerservice hinauf in die fünfte Etage.

Lobby im Fairmont Le Montreux Palace Hotel
(Foto: Foto: Fairmont Le Montreux Palace)

Morgens kam jemand, der das Bett frisch machte. Und abends kam jemand, der das Bett aufdeckte. Und dazwischen wurden Schuhe geputzt und die Badezimmerkacheln geschrubbt. Herrlich. Ich würde auch gerne im Hotel leben.

Ich mag Hotels, die Palace heißen.

Ich mag andererseits auch Kinder. Und Kinder passen nicht in jedem Fall in Hotels, die Palace heißen. Nicht in meinem Fall zumindest. Für meine Familie gilt eher der Satz von Robert Benchley: "Es gibt zwei Arten zu reisen - first class und mit Kindern."

Meine Frau hält diesen Satz für bösartigen Unsinn. Sie mag kindgerechte Hotels, in denen die Bobbycars schon an der Rezeption bereitstehen und Kinderwellnesskurse angeboten werden.

Im Gegensatz zu Hotels, die Palace heißen, gibt es solche Hotels immer öfter. Die heißen dann beispielsweise "Baby & Kleinkinder Resort", versprechen Computerschallüberwachung, Flaschenwärmgeräte und das "Hallen-Felsen-Erlebnisbad mit über 80 Meter langer Riesenwasserrutsche und Limobrunnen".

Wir sind oft in solchen Hotels.

Und abends, wenn die Bobbycars nicht mehr ganz so gefährlich durch die Hotelhalle pflügen, frage ich mich dann manchmal an der Bar ohne Limobrunnen, was Nabokov wohl dazu sagen würde. Ich glaube, er würde mir einen ausgeben.

Nabokov hat, glaube ich, im Hotel gelebt, weil er dort frei sein konnte. Weil er sich dort noch einmal selbst erfinden konnte. Weil er glücklich war, wenn er sich einfach um gar nichts kümmern musste. Nachmittags jagte er oft Schmetterlinge. Ich glaube, ich muss dringend mal nach Montreux reisen. Oder irgendwohin, wo Bobbycars verboten sind. Nicht, um dort zu leben. Aber um endlich mal Ferien von mir selbst zu machen. Und vom Flaschenwärmgerät auch. Nichts gegen Kinder, wirklich nicht. Aber sollte das Leben nicht hin und wieder wenigstens so aussehen, als ob es Palace heißen könnte?

Montreux Palace Hotel, ab 200 Euro p.P.

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