Brauchtum in Köln:Ein Schloss für die ewige Liebe

Ein geschnitztes Herz im Baumstamm oder auf der Parkbank - das war einmal. In Köln zieren Vorhängeschlösser verliebter Paare die Hohenzollernbrücke.

Statt ungelenker Schnitzereien und blutiger Finger setzen sich Verliebte In Italien, China oder Lettland inzwischen mit Vorhängeschlössern ein würdiges Zeichen ihrer Zuneigung.

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(Foto: Foto: AP)

Angekommen ist der Brauch inzwischen auch in Deutschland: An der Hohenzollernbrücke in Köln zieren mehrere hundert Vorhängeschlösser einen Zaun. "Giulio & Lisa" waren hier, "Bernd & Thomas" ebenfalls - und insgeheim hoffen sie alle wohl vor allem eines: Wird der Schlüssel zum Liebesschloss erst einmal auf den Grund des Rheins versenkt, kann nichts mehr schiefgehen.

Schlösser halten die Liebe zusammen, zumindest symbolisch, weiß Mirko Uhlig vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn. Angebracht an einer Brücke wird die Kraft der Bilder noch einmal verstärkt: "Brücken stehen für den Übergang, verbinden zwei Ufer miteinander und überwinden die trennende Grenze eines Flusses oder eines Tals", sagt der Volkskundler, der den neuen Brauch wissenschaftlich erforscht.

Bislang tauchten die Liebesschlösser in Deutschland etwa in Niedersachsen, im nordrhein-westfälischen Bottrop und an der Kölner Eisenbahnbrücke auf - "letzteres ist allerdings das prominenteste Beispiel".

Bei der Bahn wird das verliebte Treiben inzwischen toleriert: Zunächst habe es Sicherheitsbedenken gegeben, sagt ein Sprecher. "Aber da die Schlösser weder in den Gleisbereich hineinragen noch vom Gewicht her ein Problem sind, dürfen die Liebenden gerne weitermachen", erklärte er. Und zugegeben, eine Liebeserklärung mit Blick auf den Kölner Dom, "das ist ja auch sehr romantisch und verlockend".

"Ich liebe dich" ist der Klassiker

So verlockend, dass selbst die umliegenden Schlüssel- und Gravurservice-Geschäfte den neuen Trend deutlich zu spüren bekommen. Viele junge, aber auch alte Leute kämen vorbei, um sich neben ihrem Namen auch einen romantischen Spruch in ein kleines Handschloss gravieren zu lassen, sagt ein Mitarbeiter von Mister Minit, Domenico Costantino. "Ich liebe dich", sei dabei der Klassiker. Ebenfalls beliebt: "Du bist mein Schatz" oder das Datum, an dem die Paare zusammengekommen sind.

Teil 2: Virtuelle Brücke im Internet

Costantino findet den neuen Brauch "wunderbar", auch er und seine Frau hätten sich bereits an der Hohenzollernbrücke verewigt. Zu Ohren gekommen war ihm der Brauch bereits aus Italien, wo in Rom vor allem die Laternen und Geländer der Milvischen Brücke, die über den Tiber führt, zum Wallfahrtsort für verliebte Prächen geworden ist.

Herkunft des Brauchs ist unklar

Eine Brückenlampe gab unter dem Gewicht der Liebe bereits nach. Doch eine Alternative war schnell gefunden: Die "lucchetti dell'amore" können Romantiker nun auch im Internet an einer virtuellen Nachbildung der antiken römischen Brücke anbringen (lucchettipontemilvio.Com).

Ob der vor allem bei jungen Italienern sehr populäre Liebesbrauch auch in dem südeuropäischen Land entstanden ist, ist bislang unklar. Genau könne man gar nicht sagen, wo das Phänomen herkommt, sagt Uhlig.

Aufgetaucht seien die ersten Schlösser in Italien zu Beginn der 1990er Jahre. In China, wo frisch verliebte Paare die Vorhängeschlösser an mit Ketten oder Mauern gesicherten Straßenrändern anbringen, etablierte sich der Brauch Experten zufolge ebenfalls im späten 20. Jahrhundert.

Rituale für die Zuneigung

Wie sehr der Brauch um sich greifen wird, lässt sich Uhlig zufolge nicht voraussagen. Klar sei aber, dass das Phänomen durch Reisende und durch die Medien immer mehr an Bekanntheit gewinne und sicherlich neue Nachahmer finden werde.

Dies dürfte umso mehr zutreffen, wenn man den Rat des Psychologen Joachim Lask befolgt. Um die Liebe auf Dauer frisch zu halten, müssten Paare mindestens alle zwei Jahre ein neues Schloss anbringen, sagt der Beziehungsexperte mit einem Augenzwinkern.

Studien hätten gezeigt, dass man sich alle zwei Jahre an das Glück gewöhne, das man hat. Danach seien in den Ritualen, mit denen man seine Zuneigung zum Ausdruck bringt, Veränderungen wieder bitter nötig.

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