Bordunterhaltung:Gameboy und Krimi nicht vergessen

Die meisten Fluggesellschaften sparen sich elektronischen Zeitvertreib - weil er zu teuer ist und sich auf Kurzstrecken nicht lohnt

ANDREAS SPAETH

Der Billigflug-Markt ist in Europa auch deswegen so erfolgreich, weil die typische Flugdauer auf den wichtigsten Strecken selten mehr als zwei Stunden beträgt. Davon profitieren die auf Effizienz bedachten Billig-Gesellschaften, die so mehr Flug-Umläufe an einem Tag absolvieren können. Denn Geld verdient wird nur, wenn ein Flugzeug in der Luft ist. Steht es am Boden, kostet es Geld. Auf Langstreckenflügen der großen Fluggesellschaften ist es heute fast selbstverständlich, dass sie auch den Gästen in der Economy Class ein umfangreiches Unterhaltungsprogramm am Platz bieten. Dabei stehen oft Dutzende von Audio- und Filmkanälen auf einem eigenen Bildschirm gratis zur Verfügung. Auf Billigflügen dagegen werden Ablenkungen so gut wie gar nicht offeriert.

Bordunterhaltung: Solchen Service sucht man bei Billigangeboten natürlich vergebens.

Solchen Service sucht man bei Billigangeboten natürlich vergebens.

(Foto: Foto: DDP)

Das fällt umso mehr ins Gewicht, je länger der Flug dauert, denn es gibt durchaus Strecken von drei Stunden Flugzeit und mehr. Germanwings fliegt etwa von Köln/Bonn nach Istanbul oder Helsinki, gexx von verschiedenen Abflughäfen nach Lissabon, Thessaloniki und Moskau oder Ryanair von Hahn nach Jerez in Andalusien oder Tampere in Finnland. Üblicherweise gibt es auch auf Kurz- und Mittelstrecken bei klassischen Airlines jede Menge Angebote zum Zeitvertreib: Beim Einsteigen Zeitungen und Magazine, am Platz ein Bordmagazin in der Sitztasche, dazu ein Videoprogramm über Bildschirme unter der Kabinendecke manchmal auch Audiokanäle über Kopfhörer, außerdem natürlich gratis Getränke und Verpflegung, die ebenfalls für Ablenkung der Gäste sorgen.

Gameboy und Krimi nicht vergessen

Aber all diese lieb gewonnenen Gewohnheiten werden Fluggäste bei echten Billigfliegern vergeblich suchen. Zwar gibt es Gesellschaften wie Air Berlin, die auch Charterflüge anbieten und entsprechend auf allen ihren Flügen auch weiterhin genau das übliche breite Angebot zum Zeitvertreib gratis bereithalten. Oder dba, die Tageszeitungen, eine reiche Auswahl an (von einem Großverlag gesponsorten) Magazinen sowie ein eigenes Bordmagazin plus Gratis-Snack bereithalten. Oder Hapag Lloyd Express (HLX), die immerhin ein auch am Kiosk verkauftes Reisemagazin mit neuem Einband in die Sitztasche steckt. Fragt man aber nach einem Videoprogramm auf den vorhandenen Bildschirmen, wird man schnell auf die Grundprinzipien des Billigfliegens verwiesen: "Wir leasen die Flugzeuge, Filmvorführungen würden extra kosten, also gibt es das bei uns nicht", klärt HLX-Sprecher Herbert Euler auf. So droht bei vielen billigen Linienfliegern Langeweile all jenen Passagieren, die nicht eigenen Lesestoff, den Gameboy, MP3-Player oder Spielkarten mit an Bord bringen. Denn dort gibt es außer dem Bordshopkatalog oder der Übersicht kostenpflichtiger Snacks keine Ablenkung.

Bordunterhaltung: Gameboy oder Krimi - für die Unterhaltung an Bord muss man schon selbst sorgen.

Gameboy oder Krimi - für die Unterhaltung an Bord muss man schon selbst sorgen.

(Foto: Foto: AP)

Anders sieht die Sache bei Ryanair aus. Seit November bieten die Iren auf ausgewählten Flügen leihweise eine Laptop- große "DigEbox" an, die 16 verschiedene Spielfilme, TV-Programme, Musikvideos, Zeichentrickfilme sowie Musikprogramme nach Wahl abspielt. "Damit wollen wir enorm viel Geld verdienen", tönte Ryanair-Chef Michael O'Leary im Herbst. "Wir würden das nicht tun, wenn wir nicht vom riesigen Umsatzpotenzial überzeugt wären." Und dann rechnete O'Leary vor, dass bei einer Leihgebühr von sieben Euro pro Flug nur drei Prozent der Passagiere die Box nutzen müssten, um 14 Millionen Euro Umsatz im Jahr zu generieren. Bereits im März sollte die gesamte Ryanair-Flotte von mehr als 80 Flugzeugen mit den Wundergeräten ausgestattet sein. Die Leihgebühren entsprechen freilich dem Preis einer Kinokarte, und der Flug ist meist kürzer als die gespeicherten Spielfilme. So wundert es nicht, dass die Passagiere, die O'Leary zum Wohle seiner Kasse vor der Langeweile retten wollte, von dem Produkt wenig überzeugt scheinen. Fragt man O'Leary heute danach, murmelt er kleinlaut etwas von "ein wenig enttäuschend". Inzwischen speichert die Box zwar Programme in fünf Sprachen, aber die Zukunft des Systems hänge in der Luft, gibt der Ryanair-Chef zu. Und dann enthüllt er, was sein eigentliches Ziel für die Unterhaltung an Bord ist: Glücksspiel.

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