Betrug auf Reisen: Taxifahrten:"Keine Ahnung? Das wird teuer!"

Urlauber zahlen laut einer Studie in Athen bis zu 19 Prozent mehr für eine Taxifahrt. Wissenschaftler Loukas Balafoutas erklärt, wie Touristen ans Ziel kommen, ohne ausgenommen zu werden.

Katja Schnitzler

Wissen zahlt sich aus - dieses Sprichwort bestätigt sich auf alle Fälle bei Taxifahrten: Ein Forscherteam der Universität Innsbruck testete in Athen, ob von Touristen oder auch von Einheimischen, die die Stadt kannten, mehr Geld für eine Fahrt verlangt wurde als von ortskundigen Griechen. Loukas Balafoutas, Mitautor der Studie, über betrügerische Taxifahrer und wie man auch als Urlauber ans Ziel kommt, ohne abgezockt zu werden.

sueddeutsche.de: Laut Ihrer Studie kostet jede vierte Taxifahrt in Athen zu viel: Ortskundige Einheimische müssen vier Prozent mehr zahlen. Wer Grieche ist, aber sich in Athen nicht auskennt, muss mit neun Prozent Aufschlag rechnen, während von Touristen ein Wucherpreis von zusätzlichen 19 Prozent verlangt wurde. Warum können Taxifahrer derart betrügen?

Loukas Balafoutas: Erst einmal war ich froh, dass drei Viertel der Fahrer ehrlich abgerechnet haben. Bei den anderen gibt es zwei Spielarten des Betrugs: Für Taxifahrer lohnen sich natürlich Umwege, vor allem wenn Passagiere fremd sind und nicht einmal die Landessprache beherrschen, um sich hinterher beschweren zu können.

sueddeutsche.de: Und der zweite Fall ...

Balafoutas: ... sind direkte Aufschläge. Wenn Touristen nicht mit dem Preissystem der Großstadt vertraut sind, wenden manche Fahrer den Nachttarif auch am Tag an oder verlangen zu hohe Extragebühren. Zum Beispiel zahlt man einen Euro Zuschlag, wenn man am Athener Hafen einsteigt, die Fahrer forderten aber zwei Euro.

Sueddeutsche.de: Und auf welche Art wird häufiger betrogen?

Balafoutas: Öfter wurden Umwege gefahren. Aber die Fälle, in denen der Preis hochgeschraubt wurde, waren schlimmer. Da mussten die Passagiere viel mehr zahlen.

sueddeutsche.de: Sind Ihre Tester mal besonders dreist ausgenommen worden?

Balafoutas: Wir hatten einige Fälle, da war der Schaden für uns ziemlich hoch. Aber es gab nie Ärger, schließlich haben wir uns nie beschwert. Denn unsere Studie sollte geheim bleiben.

sueddeutsche.de: Warum haben Sie eigentlich in Athen getestet?

Balafoutas: Zum einen ist dies meine Heimatstadt, so dass ich mich sehr gut auskenne. Außerdem sind da die Taxipreise so niedrig, dass die knapp 180 Fahrten für uns nicht zu teuer kamen. Und Athen ist groß, hier gibt es viele Taxifahrer und viele Touristen - es war die ideale Stadt für unsere Studie.

sueddeutsche.de: Der Oberbürgermeister von Prag war vor Jahren als italienischer Tourist verkleidet in seiner Heimatstadt Taxi gefahren und wurde prompt über den Tisch gezogen. Einmal sollte er sogar das Sechsfache des Normalpreises zahlen.

Balafoutas: Auch von Freunden und Kollegen höre ich aus vielen Städten solche Geschichten, es scheint wahrlich ein weitverbreitetes Problem zu sein. In Prag wollte mich übrigens auch ein Taxifahrer hereinlegen, aber eine Bekannte hatte uns vorher gewarnt, wie teuer die Fahrt für diese Strecke höchstens sein darf. Also haben wir vor dem Einsteigen nach dem Preis gefragt, was dem Fahrer gar nicht recht war. Als wir die Summe hörten, sind wir lieber zu Fuß gegangen.

Schutz vor den Taxi-Betrügern

sueddeutsche.de: Aber oft zahlen Touristen, weil sie gerade im Urlaub keinen Ärger wollen oder sich auch nur schlecht verständigen können. Wie wappnen sie sich gegen den Betrug?

Balafoutas: Auf jeden Fall sollte man vorher Ortskundige oder im Hotel fragen, wie hoch die üblichen Preise sind und wie viel eine bestimmte Strecke höchstens kosten darf. Speziell in Athen hängen auf dem Sitz vor den Passagieren Gebührenlisten aus, da sind unter anderem Extrakosten wie für Hafen- oder Bahnhofsfahrten notiert und dass Nachttarife nur zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens gelten. Und man sollte den Eindruck vermitteln, dass man schon öfter in dieser Stadt Taxi gefahren ist.

sueddeutsche.de: Was relativ schwer ist, wenn man mit seinem Koffer vor dem Flughafen steht.

Balafoutas: Inzwischen gibt es auch einen Festpreis, wenn man vom Flughafen aus ins Zentrum will. Außerdem ist Betrug natürlich auch im Taxi illegal, also sollte man sich nicht scheuen, Probleme der Polizei zu melden. Manchmal genügt es auch, dem Taxifahrer zu sagen, dass man nun die Polizei anrufe. Viele Betrüger gehen da mit ihrem Preis ganz schnell runter.

sueddeutsche.de: Auch das Erscheinungsbild der Tester beeinflusste den Preis: Wer gut gekleidet war, musste so wie Ortsfremde einen Umweg in Kauf nehmen. Sollte ich mich tarnen, um günstiger Taxi zu fahren?

Balafoutas: Wenn es geht, sollte man sich wirklich etwas legerer anziehen, aber das ist ja nicht immer möglich. Wer übrigens zu einem teureren Hotel möchte, zahlt im Taxi auch drauf. Also sollte man den Fahrer immer direkt vor dem Eingang halten lassen. Dann kann man sich bei Problemen auch Hilfe von der Rezeption holen, und sei es nur, um zu übersetzen.

sueddeutsche.de: Nun sind Taxifahrer in Athen nicht die Einzigen, die von der Unwissenheit der Kunden profitieren. Wo sollte man noch besonders vorsichtig sein?

Balafoutas: Überall und generell bei Dienstleistungen, bei denen eine Informationsasymmetrie vorherrscht, zum Beispiel in der Autowerkstatt: Da kennt sich hoffentlich der Techniker besser mit den Autos aus als der Kunde. Dieser muss aber darauf vertrauen, dass alle Reparaturen wirklich notwendig waren. Das gilt auch für medizinische Leistungen: Meist muss man der Diagnose des Arztes vertrauen. Es gibt aber Studien, die zeigen, dass viel häufiger als wirklich nötig operiert wird - außer man hat einen Angehörigen, der Arzt ist. Dann geht der Dienstleister, also in dem Fall der Arzt, davon aus, dass der Kunde ein größeres Wissen besitzt oder die Diagnose nachprüfen lassen kann. Und rät nicht so schnell zur teuren Operation. Also erfinden Sie zur Not einen Mediziner in der Verwandtschaft!

sueddeutsche.de: Und wie entgehe ich der hohen Mechaniker-Rechnung?

Balafoutas: Lassen Sie sich wenn möglich von jemanden begleiten, der sich auskennt. Und kündigen Sie an, dass Sie die alten Ersatzteile mitnehmen wollen, die ausgebaut wurden. Zeigen Sie weder zu Hause noch auf Reisen, dass Sie eigentlich keine Ahnung haben. Sonst zahlen Sie drauf.

Für die Studie der Universität Innsbruck fuhren drei Testpersonen auf insgesamt 174 Fahrten in 63 Stunden durch das Stadtgebiet von Athen. Dabei legten sie 2236 Kilometer zurück. Das Trio begann die Fahrten gleichzeitig an Taxiständen. Dabei gab sich einer als Tourist aus, der nur Englisch sprach, der Zweite war zwar Grieche, aber angeblich fremd in Athen, während der Dritte als ortskundiger Einheimischer auftrat. Alle drei waren mit GPS-Geräten ausgestattet, um die tatsächlich gefahrene Strecke mit der optimalen Route vergleichen zu können. Auch kleideten sich die Tester mal vornehm, mal ärmlich: Fahrgäste mit teurer Kleidung und exklusivem Ziel zahlten nochmals mehr. Solche Übervorteilungen kommen auch bei anderen Dienstleistungen vor, die zu den sogenannten Vertrauensgütern zählen: Der Kunde ist meist nicht in der Lage, die Qualität der Leistung zu beurteilen.

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