Berühmte Friedhöfe in Europa:Ruhe und Frieden

Park, Freilichtmuseum und Begräbnisstätte - diese Friedhöfe in Europa sind einen Besuch wert. Doch nicht an allen Gedenksteinen geht es besinnlich zu.

Katja Schnitzler

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Jüdischer Friedhof Prag cemetery

Quelle: AFP

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Alter Jüdischer Friedhof, Prag

Viele Gedenksteine auf dem jüdischen Friedhof in der Altstadt der tschechischen Hauptstadt erscheinen als ziemlich windschief. So sehr neigen sie sich nach vorne, hinten und zur Seite. Doch sie sind alt, sehr alt: Der älteste Stein etwa stammt aus dem Jahr 1439 - und gehört zum Grab des Dichters Avigdor Kara. Heute stehen auf dem nur etwa einen Hektar großen Areal mehr als 12.000 Grabsteine - was allerdings nicht der Zahl der Gräber entspricht: Da der Friedhof im ehemaligen jüdischen Viertel Josefov nicht mehr erweitert werden konnte, wurde Schicht um Schicht Erde aufgeschüttet, so dass der Boden schon lange nicht mehr eben ist und weitaus mehr Gebeine birgt, als die Fläche vermuten lässt.

Weil ältere Grabsteine bei den Aufschüttungen mit angehoben wurden, stehen sie nun dicht an dicht. Eine der bekanntesten Personen, die hier begraben liegen, ist der Philosoph und Rabbi Jehuda Liwa ben Bezal'el, genannt Rabbi Löw (gestorben 1609), welcher der Sage nach aus einer Lehmfigur den Golem erschaffen haben soll.

Grab Samuel Beckett Montparnasse Friedhof Paris

Quelle: ASSOCIATED PRESS

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Cimetière Montparnasse, Paris

Der erste Tote fand hier im Jahr 1824 seine letzte Ruhe: Der Friedhof wurde außerhalb der damaligen Stadtgrenze angelegt und hieß damals noch Cimetière du Sud. Besucher finden hier unter anderem die Gräber des Dichters Charles Baudelaire, der Schriftstellerin Marguerite Duras, des irischen Autoren Samuel Beckett sowie von Man Ray. In einer gemeinsamen Ruhestätte sind Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir vereint. Nicht nur die Namen von Künstlern stehen auf zahlreichen Gedenksteinen, auch Kunstwerke fallen auf. So fertigte etwa Niki de Saint Phalle die Skulptur "Le Chat Ricardo" für das Grab ihres Assistenten Ricardo Menon. Das Grab des Sängers Serge Gainsbourg schmücken Fans mit Stofftieren und Blumen. Neben dem malerischen Friedhof Montmatre zieht in Paris ein weiteres Gräberfeld die Menschen an - viele davon besuchen nur ein Grab ...

Friedhof Paris Jim Morrison Cimetiere du Pere-Lachaise

Quelle: AFP

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Cimetière de Père Lachaise, Paris

Wo früher die Gärten des Paters François d'Aix de Lachaise waren, erstreckt sich heute der größte Friedhof von Paris - darin ein Wallfahrtsort für Fans von "The Doors": das Grab von Sänger Jim Morrison in der sechsten Division, zweiten Reihe, fünftes Grab. Es ist wohl das meistbesuchte der 70.000 Gräber. Um nächtliche Eindringlinge abzuwehren, wurde sogar die Außenmauer des Friedhofs mit Eisenspitzen versehen. Wer sich dem Gedränge am Grab nicht aussetzen will, flaniert über malerische, mit Kopfsteinen gepflasterte Wege, vorbei am Familiengrab von Édith Piaf oder an der trauernden Muse Euterpe, deren Statue sich über die letzte Ruhestätte Frédéric Chopins beugt.

Karl Marx Grab London

Quelle: picture-alliance/ dpa

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Highgate Cemetery, London

Kurz nachdem Queen Victoria gekrönt wurde, eröffnete Highgate Cemetery im Jahr 1839 seine Pforte - und beendete damit unhaltbare Zustände: Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es kaum noch Platz auf den Friedhöfen, zugleich war die Sterberate sehr hoch, so dass zwischen Läden, Häusern und auch Kneipen kleine Gräberfelder entstanden, auf denen oft mehrere Tote nicht tief genug begraben wurden. Der Gestank nahe diesen "Friedhöfen" war furchtbar. Schließlich entschloss sich das Parlament, binnen acht Jahren sieben neue Friedhöfe anzulegen, darunter Highgate. Mit seiner ungewöhnlichen Architektur und der Lage mit Blick über London sollten reiche Investoren angezogen werden - und der Plan ging auf: Es wurden zum Beispiel zwei Kapellen im Tudorstil gebaut und Katakomben im gotischen Stil.

Da so viele Menschen ihre letzte Ruhe in Highgate finden wollten, wurde der Friedhof 1856 noch um den East Cemetery erweitert. Doch die Zeit prunkvoller Familiengräber und Mausoleen ging vorbei, der Friedhof verkam, bis sich 1975 die "Friends of Highgate Cemetery" an die Restaurierung und Pflege machten - mit Erfolg. Die Mischung aus englischem Park und Friedhof mit Monumenten, die das viktorianische London widerspiegeln, ist seit 1987 als schützenswert im English Heritage Register gelistet.

Zum Erhalt des Friedhofs tragen auch die Besucher bei: Sie müssen Eintritt zahlen, der westliche Teil kann nur bei Führungen besichtigt werden (Westteil sieben englische Pfund, Ostteil drei Pfund). Eines der berühmtesten Gräber ist das von Karl Marx, das im neueren östlichen Teil liegt. Außerdem können zum Beispiel die Ruhestätten des Autors Douglas Adams ("Per Anhalter durch die Galaxis") besucht werden oder des Experimentalphysikers Michael Faraday. Auch das mögliche Vorbild für Sherlock Holmes Widersacher Professor Moriarty, der deutsch-amerikanische Kriminelle Adam Worth, liegt hier begraben.

Krematorium Leipzig Südfriedhof

Quelle: iStockphoto

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Südfriedhof, Leipzig

Auf dem Südfriedhof ist alles ein bisschen größer: Einer der schönsten Parkfriedhöfe in Deutschland ist seit 1886 zugleich Lebensraum für seltene Bäume wie den Ginkgo, den Geweihbaum und den Urweltmammutbaum. Auch bei der Kapellenanlage fällt der Glockenturm etwas höher aus: 63 Meter ragt er empor, das gesamte Ensemble gilt als das größte Friedhofsbauwerk in Deutschland. Der Architekt und Stadtbaurat Hugo Licht, der auch das Neue Rathaus gestaltet hat, und Gartendirektor Otto Wittenberg entwarfen ein Wegenetz in Form eines Lindenblattes - schließlich hieß Leipzig einst "Ort, an dem die Linden stehen". Nicht nur an Allerheiligen lohnt ein Besuch: Im Mai blühen die etwa 9000 Rhododendren. Von dem nahen Völkerschlachtdenkmal aus überblickt man den Parkfriedhof in seiner ganzen Pracht. Dort haben zum Beispiel die Verlegerfamilien Baedecker und Ullstein sowie der Bildhauer, Maler und Grafiker Max Klinger ihre Grabstätten.

Katakomben Rom

Quelle: AFP

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Katakomben, Rom

Die "Catacombe di Roma" haben eine bewegte Geschichte hinter sich: Als Vorbild für die mehr als 60 römischen Katakomben dienten unterirdische Grabstellen der Etrusker. Immer wieder im Lauf der Jahrhunderte wurden die Katakomben-Gräber geplündert, zerstört, weiter vergrößert und wieder gebrandschatzt. Die bekanntesten und ältesten Katakomben sind unter der Via Appia Antika. Im zweiten Jahrhundert n.Chr. übernahmen Christen den Brauch, ihre Toten in unterirdischen Gängen in Grabnischen zu betten. Zahlreiche Märtyrer wurden hier bestattet, bis die Päpste Jahrhunderte später die Reliquien auf die Kirchen Roms verteilen ließen.

An der Via Appia Antica können Besucher in mehrere Grabgänge hinabsteigen, etwa in die Sebastians-Katakomben, über der die Kirche San Sebastiano erbaut wurde. Nahe der Via Appia befinden sich unter der Basilika Santi Nereo e Achilleo die wohl eindrucksvollsten Katakomben Roms: die Domitilla-Katakomben mit fünf Meter hohen Gräbern, verteilt auf vier Etagen. In den Gängen von Santa Teda entdeckten Archäologen die bislang älteste bekannte Ikone des Apostels Paulus aus dem vierten oder fünften Jahrhundert (im Bild: Kreis der Apostel).

Friedhof Weimar Fürstengruft Goethe cemetery

Quelle: ASSOCIATED PRESS

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Hauptfriedhof von Weimar

In der Fürstengruft des historischen Friedhofs in Weimar stehen die Eichensärge zweier berühmter Künstlerfreunde eng beieinander. Doch nur im Sarg von Johann Wolfgang von Goethe liegen auch seine Überreste - der Sarg von Friedrich von Schiller ist leer. Untersuchungen hatten ergeben, dass die Gebeine, die dort 1827 in der Gruft unter dem Kapellenraum beigesetzt worden waren, gar nicht die des Dichters waren. Die wahre Ruhestätte Schillers ist bis heute nicht gefunden. Die Unesco hat den Historischen Friedhof mit der Fürstengruft als Teil des "klassischen Weimars" zum Weltkulturerbe erhoben.

Im Zentrum des 1818 eröffneten Parkfriedhofs auf einer Anhöhe im Südwesten der Stadt steht direkt neben der Gruft eine russisch-orthodoxe Kapelle: Die Großherzogin Maria Pawlowna hatte sich gewünscht, dass die Kirche mit den typischen Zwiebeltürmen über ihrem Grab errichtet würde. Damit die Großfürstin und ihr Gatte Herzog Carl Friedrich trotz unterschiedlicher Konfessionen eine gemeinsame Ruhestätte hatten, mussten die Grundmauern beider Gebäude durchbrochen werden. Entlang der Friedhofsmauern ruhen weitere Persönlichkeiten, so ist Charlotte von Stein immerhin auf demselben Friedhof wie Goethe begraben.

Tombstones are seen at the central cemetery in Vienna

Quelle: Reuters

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Zentralfriedhof, Wien

Während sich in Paris die Fans von Jim Morrison an seinem Grab drängen, zieht es Klassikliebhaber nach Wien: Auf dem zweitgrößten Friedhof Europas sind Komponisten wie Ludwig van Beethoven, Johannes Brahms, Franz Schubert und Johann Strauss (Vater und Sohn) bestattet. Doch auch in Wien herrscht an einem Grab im Ehrenhain in Gruppe 40 reger Andrang: Hier gedenken Falco-Fans ihrem Idol.

Der Zentralfriedhof wurde an Allerheiligen im Jahr 1874 eröffnet, am selben Tag wurde die von Pferden gezogene Trambahnlinie zum neuen Friedhof in Betrieb genommen. Auf den knapp 2,5 Quadratkilometern sind inzwischen etwa drei Millionen Menschen bestattet - neben Katholiken finden in den verschiedenen Bereichen auch Juden, Orthodoxe sowie evangelische Christen, Muslime und Buddhisten ihre letzte Ruhe. Auf dem Zentralfriedhof werden Bundespräsidenten mit Staatsbegräbnissen geehrt und in der eigens errichteten Gruft beigesetzt. Sehenswert sind die zahlreichen Gedenkstätten und Jugendstil-Bauten - besonders die Karl-Borromäus-Kirche nach Plänen von Max Hegele im Zentrum des Friedhofes. Wegen der Größe des Friedhofes dürfen hier sogar Autos fahren - nur nicht an Allerheiligen. Zudem gibt es einen eigenen Friedhofsbus.

© sueddeutsche.de/lala
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