Berg-Skulpturen:Genialer Größenwahn im Fels

Nur Steine? Von wegen. Was Menschen im Lauf der Jahrtausende in Felsen gemeißelt haben, reicht von schönster Kunst bis zu frappierender Extravaganz.

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Quelle: Feliciaf5 via Wiki Commons (CC BY 4.0)

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Die Vision, riesige Muster, Figuren und Bauwerke in freier Natur in Stein zu meißeln, inspiriert Menschen seit Jahrtausenden. Das Ergebnis: Open-Air-Sehenswürdigkeiten in aller Welt - mit sehr unterschiedlichen Botschaften und Entstehungsgeschichten. Und wer glaubt, Felsenkunst sei eine Sache der Vergangenheit, irrt gewaltig. Eine kleine Auswahl.

Lebensaufgabe für Generationen - das "Crazy Horse Memorial", USA

In den Black Hills von South Dakota ist seit knapp 70 Jahren ein neues Monument im Entstehen, als Antwort auf die berühmten Präsidentenköpfe von Mount Rushmore. Eine Gruppe indigener Lakotas wollte dem Werk ein Bildnis ihres berühmten Anführers Crazy Horse entgegensetzen. Dieser Mammutaufgabe nimmt sich seither besonders die Familie des inzwischen verstorbenen Bildhauers Korczak Ziolkowski an. Eine Stiftung hat ermöglicht, dass 1998 immerhin das Gesicht fertig wurde. Dies ist nur der Anfang: Schätzungen zufolge dürfte das Herausmeißeln des Körpers, der auf einem Pferd gezeigt werden soll, wohl noch weitere 100 Jahre brauchen.

Travel National Park Preservation Votes

Quelle: picture alliance / AP Photo

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Stein des Anstoßes - Mount Rushmore, USA

Im Vergleich zu dieser gigantischen Reiterstatue sollen die US-Präsidenten am Mount Rushmore, geschaffen zwischen 1927 und 1941, dann ganz klein wirken. Wohlbemerkt: die Porträts von George Washington, Thomas Jefferson, Teddy Roosevelt und Abraham Lincoln (von links) am "Schrein der Demokratie" sind jeweils immerhin 18 Meter hoch.

Sollte das Crazy Horse Monument tatsächlich einmal vollendet werden, würden alle vier Politikergesichter aber zusammen locker in den Kopf des Pferdes passen, auf dem der Häuptling dann reitet.

Der Grund, weshalb die vier Herren ausgerechnet in South Dakota in die Ferne blicken, war übrigens ein relativ banaler: Die Initiatoren wollten Reisende in die Gegend locken. Das hat bekanntlich funktioniert. Felsenskulpturen in anderen Teilen der Welt dagegen ...

Felsenkunst in Dazu (China)

Quelle: Truthven via Wiki Commons (CC BY 3.0)

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... sind oft aus weniger pragmatischen Gründen entstanden.

Kunstvolle Wimmelbilder - Dazu, China

Die Skulpturen von Dazu etwa gehören zum Unesco-Welterbe. Zwischen dem 9. und dem 13. Jahrhundert haben Künstler der Epoche geschätzt 50 000 Statuen aus den Felsen geschlagen, viele davon verziert mit Schriftzeichen.

Die Steinschnitzereien zeigen sowohl Alltagsszenen als auch religiöse Motive, sie sind beeinflusst vom Buddhismus wie auch vom Konfuzianismus und Daoismus. Sie sind auf mehrere Felswände verteilt und wirken wie extrem kunstvolle Wimmelbilder ihrer Epoche. Erst seit 1980 dürfen ausländische Besucher sie wieder besichtigen.

Statue des Decebalus Naturpark Eisernes Tor Donautal

Quelle: imago/imagebroker

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Moderne Steinzeit - die Statue des Decebalus, Rumänien

Das ziemlich genaue Gegenteil dieser detailverliebten Ästhetik findet sich am Donau-Ufer in Rumänien, nahe der Grenze zu Serbien. Dort starrt der Dakerkönig Decebalus mit strenger Miene von einem Felsen im Naturpark "Porțile de Fier" (Eisernes Tor). Das 55 Meter hohe Gebilde im eher grobkörnigen Herr-der-Ringe-Look ist aber keineswegs eine direkte Spur des Reichs von Dakien. Dessen letzter König war besagter Decebalus, der sich im Jahr 106 n. Chr. selbst tötete, um nicht in die Hände der siegreichen Römer zu geraten.

Erst seit 2004 steht die derzeit höchste Felsenskulptur Europas an der Donau. Nichtsdestotrotz prangt an ihr eine lateinische Inschrift: "DECEBALUS REX—DRAGAN FECIT". Was soviel bedeutet wie "König Decebalus, gemacht von Drăgan" - ein wenig dezenter Hinweis auf den Initiator und Geldgeber des Projekts: ein rumänischer Geschäftsmann der Gegenwart mit sichtlich monumentalen Ambitionen.

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Quelle: Przemyslaw "Blueshade" Idzkiewicz via Wiki Commons (CC BY 2.0)

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Riesige Fußstapfen - die Tempel von Abu Simbel, Ägypten

Der Stolz eines Reiches, in Stein gemeißelt zur Originalzeit, findet sich dagegen in Abu Simbel im äußersten Süden Ägyptens. Dort mussten die Welterbe-Stätten allerdings während der 1960er Jahren vor dem steigenden Pegel des Nasser-Stausees gerettet werden. Weder der große Ramses-Tempel (im Bild) noch der kleinere Hathor-Tempel stehen deshalb an ihrer ursprünglichen Stelle.

Unersetzlicher Teil des Welterbes sind die Bauwerke trotzdem geblieben - und in dieser Aufzählung die ältesten Beispiele der Felsenkunst (errichtet im 13. Jahrhundert v. Chr., während der 19. Dynastie im Alten Ägypten).

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Quelle: pixabay.com (CC0 1.0 Universell)

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Traurige Geschichte - der sterbende Löwe von Luzern, Schweiz

Im Vergleich ein paar Nummern kleiner fällt eine Felsenskulptur in der Schweiz aus - was die Stadt Luzern nicht davon abhält, das Werk als "eines der berühmtesten Denkmäler der Welt" zu bewerben. Als Beleg dafür wird auch Mark Twain zitiert, der einst vom "traurigsten und bewegendsten Stück Stein der Welt" gesprochen habe.

Woher all die Tragik? Die Skulptur wurde als Symbol für die etwa tausend Mitglieder der Schweizergarde geschaffen, die 1792 den "Heldentod" starben beim Versuch, in den Pariser Tuilerien Ludwig XVI. vor dem Ansturm der Revolutionäre zu schützen. Zu ihren Ehren wurde 29 Jahre später in ihrem Heimatland das Löwendenkmal nach einem Entwurf des Dänen Bertel Thorvaldsen eingeweiht und seither als Sehenswürdigkeit in Ehren gehalten.

Mada'in Saleh (Saudi-Arabien)

Quelle: Sammy Six via Wiki Commons (CC BY 2.0)

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Wüstenkunst - die Felsengräber von Mada'in Salih, Saudi-Arabien

An einer antiken Handelsroute, in der Nähe der Oase al-'Ula, lag einst die Stadt Hegra. Ihre Überreste befinden sich auf dem Gebiet des heutigen Saudi-Arabien - und ihre in die Wüstenfelsen gehauenen Grabmonumente gehören seit 2008 zum Unesco-Weltkulturerbe.

111 von ihnen wurden im 1. Jahrhundert v. Chr. beziehungsweise im 1. Jahrhundert n. Chr. teils mit aufwändigen Ornamenten verziert. Wie ihre kunstvoll bearbeiteten Wände in die naturbelassenen Felsen übergehen, ist ein faszinierender Anblick.

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Quelle: Berthold Werner via Wiki Commons (CC BY 3.0)

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Stadt für die Ewigkeit - Petra, Jordanien

Wie Mada'in Salih gehörte auch das legendäre Petra zum Reich der Nabatäer - es war dessen Hauptstadt. Die Felsen sind in jeder Hinsicht unverzichtbar für diesen einmaligen Ort - sie schirmten Petra schützend von der Umgebung ab und stellten zugleich ihr Baumaterial.

Heute gehört Petra zu den sagenumwobensten Sehenswürdigkeiten der Welt und zieht jährlich trotz aller Probleme in der Region viele internationale Besucher an. Zum Schutz der Menschen wurden zuletzt einige besonders marode Stellen in den Felswänden vorsichtig gesprengt, um gefährlichem Steinschlag zuvorzukommen.

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Quelle: Leeloa via Wiki Commons (CC BY 3.0)

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Gesichter des Dschungels - Unakoti, Indien

Tief in den Urwäldern von Nord-Tripura verborgen, im äußersten Nordosten Indiens, liegt die Felsenanlage von Unakoti. Zwischen dichtem Grün und Wasserfällen wurden vor mehr als tausend Jahren viele Gesichter und Figuren in die Steine gehauen. Auch Reste von Tempeln sind noch zu erkennen.

Der Ort wurde zu Ehren der Hindu-Gottheit Shiva errichtet und ist ein Pilgerziel. Manche Steinbilder sind knapp zehn Meter hoch.

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Quelle: Ariel Steiner via Wiki Commons (CC BY 2.5)

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Sanfter Riese - Leshan, China

Die größte Buddha-Skulptur der Welt aus Stein wiederum befindet sich nicht in Indien, sondern in China. Der 71 Meter hohe Große Buddha von Leshan mit immerhin 28 Meter breiten Schultern wurde während der Tang-Dynastie errichtet.

Genauer soll es ein Mönch namens Hai Tong gewesen sein, der das Großprojekt im Jahr 713 anstieß - in der Hoffnung, damit die wilden Strömungen der Flüsse Min Jiang, Qingyii und Dadu zu beruhigen, die zu Füßen der Statue zusammentreffen. Das fertige Kunstwerk bekam Hai Tong nicht mehr zu sehen, denn der Bau dauerte 90 Jahre. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass allein auf einer der Zehen des Riesen mehrere Menschen sitzen können (die sich dort beim Versuch, das Gesicht der Statue zu betrachten, leicht den Hals verrenken können).

So himmlisch solche Monumente wirken können, so interessant ist auch das Gegenteil: Zehn "höllisch" schöne Reiseziele gibt es hier.

© SZ.de/ihe/kaeb/sks
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