Begrüßungsgesten weltweit:Hallo erst mal

Handschlag, Kuss, Verbeugung - wie Menschen sich begrüßen, variiert von Kultur zu Kultur stark. Damit der internationale Erstkontakt höflich statt peinlich wird, stellen wir die wichtigsten Regeln vor.

Von Sarah K. Schmidt

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Quelle: picture alliance / AP Photo

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"Hallöchen, alles gut, ich bin nett und unbewaffnet" - das ist flapsig zusammengefasst die Essenz jedes Begrüßungsrituals. Seit dem Beginn der Menschheitsgeschichte wollen die Vertreter der Homo-Sapiens-Gattung möglichst schnell einschätzen können, ob ihnen der erste dahergelaufene Fremde gleich eine Keule über den Schädel ziehen will. Kein Wunder also, dass in allen Kulturen viel Wert auf die ordnungsgemäße Kontaktaufnahme mit den Mitmenschen gelegt wird. Während thailändische Kinder Verbeugungen üben, lernt der Nachwuchs in Deutschland, artig die Hand zu geben und einen guten Tag zu wünschen (später folgen dann Lektionen, mit welcher Handshake-Kombination die "Bros" in der Schule oder mit wie vielen Küsschen die BFF, die "Beste Freundin forever", zu begrüßen sind).

Schon die Ratgeberliteratur zur heimischen Gruß-Etiquette (erst dem Chef die Hand geben oder immer Ladies first?) füllt Regalmeter - wie viel komplizierter wird es da erst, wenn man auf Menschen mit fremdem Kulturhintergrund trifft. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Regeln für die Begrüßung weltweit - damit Sie immer gut ankommen.

Wie Sie den Herrn mit der grünen Blättergirlande richtig begrüßen, erfahren Sie in Lektion 4 - internationale Spezialitäten.

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Lektion 1: Hände schütteln

Beginnen wir mit einer wohlbekannten, weit verbreiteten und relativ einfach auszuführenden Begrüßungsgeste: dem Handschlag. Zwei Personen (im Bild Hamburgs ehemaliger Bürgermeister Ole von Beust und dessen damaliger SPD-Konkurrent Michael Naumann) legen die jeweils rechte, ungeschützte Hand ineinander, leichter Druck, zwei-, dreimal auf und ab bewegen: fertig. Schon die alten Griechen und Römer gaben sich die leere, waffenfreie Hand. Ursprünglich vor allem genutzt, um Verträge zu besiegeln, hat diese Geste ihren Siegeszug rund um den Globus angetreten.

Im westlichen Kulturkreis ist der Handschlag weit verbreitet. International gilt es hier jedoch auf kleine, aber feine Unterschiede Rücksicht zu nehmen.

In den USA wird ein kurzer und fester Händedruck mit direktem Blickkontakt bevorzugt, dafür entfällt das deutsche Kopfnicken. Der gemeine US-Amerikaner schüttelt sowieso, wenn überhaupt nur beim ersten Treffen die Hände - schließlich sind nicht alle Bürger Politiker. In Großbritannien sollten Reisende dem Gegenüber nicht zu dicht auf die Pelle rücken. Oberarmtätscheln mit der freien Linken sollte unterlassen werden. In Italien wie auch in Russland warten Männer ab, dass die Frau zuerst die Hand zur Begrüßung reicht.

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In keinem Land der Welt sollte der Begrüßte aber das Gefühl haben, seine Hand nach dem Knochenbrecherdruck bandagieren zu müssen.

Im Bild: Berlinale-Direktor Dieter Kosslick (Mitte) hält die linke Hand der US-Filmproduzentin Martha De Laurentiis hoffentlich etwas lockerer, denn deren Rechte wird gerade von Regisseur und Jury-Mitglied Darren Aronofsky zerquetscht.

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Lektion 2: Bussibussi

Besonders herausfordernd ist das Küsschen. In diesem wohl heikelsten Bereich der Begrüßung drohen spuckefeuchte Verletzungen der Intimsphäre, peinliche Lippenverirrungen, aber auch ernsthafte Schäden durch das ungewollte Zusammentreffen von Wangen- und Schädelknochen.

Das Grauen ist regelmäßig zu beobachten, wenn die Bundeskanzlerin auf Staatsbesuch in Frankreich ist - einer der berüchtigtsten Küsschen-Nationen (im Bild lässt Ex-Präsident Nicolas Sarkozy ergeben und mit einem Schmunzeln auf den Lippen den merkelschen Nahkontakt über sich ergehen). Vom Negativbeispiel Merkel lässt sich gleich die erste Lektion lernen: Locker lassen! Wer sich unsicher im Hinblick auf Anzahl und Ausführung der zu verteilenden Küsse ist, hält einfach das Gesicht hin und geht möglichst entspannt die vom Gegenüber ausgeführten Bewegungen mit.

Damit Sie wissen, was Sie ungefähr erwartet, folgen hier die einschlägigen "Faust"formeln für die gängigen Bussibussi-Länder:

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Quelle: imago stock&people

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Grundsätzlich gilt: Je enger bekannt oder verwandt man ist, desto inniger die Küsschen (im Bild drückt eine Frau ihrem Vater einen Knutscher auf die Wange).

In Frankreich hauchen Freunde sich je nach Region und Freundschaftsgrad bis zu vier "Bises" auf die Wangen. Los geht's auf der linken Seite. Besondere Herausforderung: Parallel werden verbale Begrüßungsfloskeln ausgetauscht. "Salut, ça va?" (Hallo, wie geht's?) "Ça va!" (Mir geht's gut). Oft berühren sich bei dem Prozedere tatsächlich nur die Wangen, keine weiteren Körperteile. Im Süden des Landes küssen sich auch die Männer, im Norden eher nicht.

In den Niederlanden und in Belgien gehören drei Küsse, links, rechts, links, zum Standard. Hier kommt etwas mehr Körperkontakt als in Frankreich zum Einsatz und die Beteiligten fassen sich an den Armen oder deuten eine kleine Umarmung an. Gleiches gilt in Luxemburg für engere Bekannte.

Auch in Spanien werden ganz selbstverständlich zwei besos verteilt (ein angedeutetes Küsschen links, eins rechts), selbst wenn man sich zum ersten Mal begegnet - allerdings nur, wenn mindestens eine Frau beteiligt ist. Männer geben sich die Hand.

In Griechenland gibt man Freunden zwei Küsschen - und Kollegen auch: ohne Wangenkontakt, einmal rechts, einmal links. Bei Fremden und flüchtigen Bekannten kommt, ähnlich wie in Deutschland, das Händeschütteln zum Einsatz.

Berlin To Mark 25th Anniversary Of The Fall Of The Wall

Quelle: Sean Gallup/Getty Images

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In den Ländern des ehemaligen Ostblocks gehören Wangenküsse ebenfalls zur Begrüßung. Unbedarfte Touristen sollten jedoch kein Revival des sozialistischen Bruderkusses auf den Mund probieren. Dies könnte als nicht so geschwisterlich empfunden werden ...

Das berühmteste Bild auf der Berliner Mauer zeigt Leonid Breschnew und Erich Honecker beim Bruderkuss. Tatsächlich wurde die Szene nahezu eins zu eins von einem Foto abgemalt.

PM Modi gestures to India's ruling BJP chief ministerial candidate for Delhi Bedi upon his arrival at a campaign rally in New Delhi

Quelle: REUTERS

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Lektion 3: Verbeugen

Neben der Anbahnung eines harmonischen Miteinanders haben Grußgesten häufig noch einen weiteren Zweck: dem Gegenüber Hochachtung darzubringen - und Standesunterschiede auszudrücken.

Diese Facette wird besonders deutlich bei Begrüßungsgesten wie Verbeugung oder Knicks. Was in Deutschland seit der Abschaffung des Adels weitestgehend verschwunden ist, hat sich in anderen Kulturen in Jahrhunderten als gängiger Bestandteil des Hallo-Sagens durchgesetzt.

In Thailand werden zum "Wai" die Hände flach aneinandergelegt, kombiniert mit einer leichten Verbeugung. Je höher die Hände dabei gehalten werden (die Spanne reicht vom Brustbereich bis zur Stirn), desto wichtiger der oder das Gegenüber.

Allen Yogis dürfte die klassische Begrüßung in Indien bekannt vorkommen. Auch hier werden die Innenseiten der Hände aneinandergelegt und vor den Oberkörper gehoben. Mit dem Ausspruch "Namaste", was sinnigerweise als "Ich verbeuge mich vor dir" übersetzt werden kann, verbeugt sich der Grüßende. (Das Bild zeigt den indischen Premierminister Narendra Modi und die Politikerin Kiran Bedi bei einer Begrüßung in Delhi.)

Auch in Japan gehören Verbeugungen dazu. Tiefe und Dauer variieren je nach Status und Situation. Je tiefer und je länger, klar, desto mehr Respekt wird dem Gegenüber gezollt. Als Ausländer sind Sie mit einem würdevollen tieferen Kopfsenken auf der höflichen Seite - während Sie mit einer freundschaftlich gemeinten Umarmung mitten im Fettnapf stehen.

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Quelle: Robert Haas

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Exkurs: Der Handkuss

Lassen Sie sich nicht vom Namen in die Irre führen: Der Handkuss hat sehr viel mehr mit einer Verbeugung als mit den bereits vorgestellten Begrüßungsküsschen zu tun. So soll diese Geste Ehrerbietung gegenüber einer Dame ausdrücken - und nur in absoluten Ausnahmefällen berühren die Lippen des Mannes tatsächlich den Handrücken der Frau.

In Deutschland taucht der Handkuss als Relikt früherer, adliger Zeiten nur noch vereinzelt auf Bällen oder ähnlichen gesellschaftlichen Ereignissen auf (wie hier beim Kaiserball der Österreicher in München). In anderen Ländern spielt diese einst weit verbreitete Geste jedoch noch eine ernsthafte Rolle.

Vor allem in Polen bekommen Frauen noch regelmäßig die Hände geküsst - und hier (und nur hier) je nach Region auch mit beherztem Mund-Haut-Kontakt. Im Sommer 2013 führte das zu einem heiteren kulturellen Missverständnis, als ein polnischer Bauarbeiter formvollende die Hand der Bundeskanzlerin knutschte.

In Österreich hat sich der Handkuss als Teil der alten Kavaliers-Schule erhalten - kommt aber nur noch selten zum Einsatz. Dafür hat er Eingang ins verbale Begrüßungsrepertoire der Österreicher gefunden: Der Ausruf "Küss die Hand", am besten noch ergänzt um ein "gnä' Frau", hat sich als Floskeln fest etabliert.

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Quelle: REUTERS

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Lektion 4: Internationale Spezialitäten

In Weltgegenden, die etwas weiter ab vom Schuss sind, haben sich deutlich kreativere Umgangsformen gehalten.

Auf den polynesischen Südsee-Inseln greift man beispielsweise zur Begrüßung die Hände des Gegenübers und streichelt mit diesen über das eigene Gesicht.

Die Maori, die Ureinwohner Neuseelands, legen beim sogenannten "Hongi" traditionell zunächst die Stirn und dann die Nase aneinander. Außerdem reicht man sich die rechte Hand und fasst den linken Unterarm des anderen. Vorher vielleicht noch ein Pfefferminzbonbon einwerfen: Dieses Prozedere dient ursprünglich dazu, die "Atemseele" des anderen zu spüren. Bei offiziellen Begrüßungszeremonien kommt der Hongi noch zum Einsatz - aus dem alltäglichen Leben ist das Ritual jedoch weitestgehend verschwunden. Die internationale Presse freut sich aber regelmäßig über die Fotos, die entstehen, wenn hochrangige Gäste in Neuseeland empfangen werden (im Bild Herzogin Catherine, die zusammen mit ihrem Mann Prinz William vergangenes Jahr in Dunedin begrüßt wird).

Der Nasenkuss der Inuit, bei dem die Ureinwohner der Arktis die Nasen aneinander reiben, ist eine dem Hongi ähnliche Begrüßungsgeste - und nicht ein Ausdruck von erotischer Zärtlichkeit, wie häufig behauptet wird.

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Quelle: AFP

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Der Surfergruß Shaka wurde als erstes auf Hawaii gebraucht - und hat sich von hier aus in die ganze Welt verbreitet. Faust machen, Daumen und kleinen Finger abspreizen und dazu "Shaka, brah!" ("Mach dich locker, Kumpel!") sagen. Der Grat zwischen lässig und peinlich ist bei dieser Geste jedoch überaus schmal. Reisende sollten daher selbstkritisch einschätzen, ob sie über genügend Surfer-Authentizität verfügen, bevor sie sich ans Shaka wagen.

Barack Obama schüttelt die Geste jedenfalls locker aus dem Ärmel - kein Wunder, der US-Präsident ist schließlich auf Hawaii aufgewachsen.

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Quelle: SZ

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Alles klar? Daumen hoch? Beim Thema Begrüßung sind Sie jetzt gewappnet - und damit bereit für das Fortgeschrittenen-Level "Missverständliche Handgesten und ihre Bedeutung im internationalen Vergleich".

© Süddeutsche.de/lala
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