Balearen:Kirchen, Klöster und Heilige auf Mallorca

Mallorca hat mehr als nur Strände zu bieten: Neben einem faszinierenden Lichtspiel in der Kathedrale von Palma de Mallorca etwa auch eine Marienstatue, die Piraten mit Nebel in die Irre führte.

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Balearen:Kathedrale von Palma de Mallorca

Gotisches Auge und Wahrheitsmaschine: Mallorcas spirituelles Erbe

Quelle: dpa-tmn

Mallorca hat mehr als nur Strände zu bieten: Neben einem faszinierenden Lichtspiel in der Kathedrale von Palma de Mallorca etwa auch eine Marienstatue, die Piraten mit Nebel in die Irre leitete - Tipps zur Kulturgeschichte der Baleareninsel.

Der spektakulärste Anblick auf Mallorca ist kein roter Sonnenuntergang und keine azurblaue Bucht. Es ist das Farbenspiel der Rosette in der Kathedrale von Palma. Vormittags sieht es aus, als hätte jemand Bodenplatten, Kirchenbänke und Säulen in allen Regenbogenfarben bepinselt. Aber es ist das durch mehr als 1000 farbige Glasstücke fallende Licht, das den Kirchenraum einfärbt. Ein Dom als Lichtspielhaus. Wer es einmal erlebt hat, der weiß: Es lohnt sich, Mallorcas spirituelles Erbe zu entdecken.

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Balearen:Kathedrale von Palma de Mallorca

Gotisches Auge und Wahrheitsmaschine: Mallorcas spirituelles Erbe

Quelle: dpa-tmn

Viele Touristen wissen bis zu ihrem ersten Besuch überhaupt nicht, dass die Ferieninsel einen Ort mit richtiger Altstadt und Kathedrale besitzt. Und was für eine Kathedrale! Ihr Gewölbe ist höher als das des Kölner Doms. Über dem Altar und auf der gegenüberliegenden Westseite ist jeweils ein riesiges Rosettenfenster in die Wand eingelassen.

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Balearen:Kathedrale von Palma de Mallorca

Gotisches Auge und Wahrheitsmaschine: Mallorcas spirituelles Erbe

Quelle: dpa-tmn

Mit einem Durchmesser von über zehn Metern gilt das über dem Altar als das größte gotische Auge der Welt. Zweimal im Jahr, am 2. Februar und am 11. November, gibt es ganz großes Kirchenkino. Dann fällt gegen 8.30 Uhr die Sonne genau so durch die größere Rosette im Altarraum, dass ihr Farbenspiel unmittelbar unter die Rosette an der gegenüberliegenden Wand projiziert wird. Dadurch ergibt sich dort eine acht. Der obere Kreis besteht aus Glas, der untere aus Licht - die Doppelrosette von Palma. Zu einem zweiten Schauspiel kommt es an den Tagen der Wintersonnenwende zwischen dem 20. und dem 23. Dezember, wenn sich die Projektion der großen Rosette genau über die kleinere legt. Mehr Farbe war nie. Es ist ein Erlebnis, das man so in Mallorca nicht unbedingt erwartet. Doch die Balearen-Insel hat eben für etwas zu bieten.

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Balearen:Kloster Santa Maria de la Real in Palma de Mallorca

Gotisches Auge und Wahrheitsmaschine: Mallorcas spirituelles Erbe

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Das direkte Gegenstück zum Ballermann ist vielleicht der Kreuzgang des Klosters Santa Maria de la Real von Palma, einer der größten Europas. Dort herrscht völlige Stille, völliger Frieden - und das schon seit 700 Jahren. Ein Erholungsort für Auge und Ohr gleichermaßen.

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Balearen:Wallfahrtsberg Randa auf Mallorca

Gotisches Auge und Wahrheitsmaschine: Mallorcas spirituelles Erbe

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Fast schon himmlische Ruhe erwartet den Reisenden auf Mallorcas Heiligem Berg, dem Wallfahrtsberg Randa. Von seinem Gipfelplateau aus überblickt man die ganze Insel. An der einen Seite erstreckt sich vor einer dunklen Bergsilhouette das Wirrwarr der weißen Dächer von Palma, dessen Anblick einmal treffend mit einem Haufen ausgekippter Muschelscherben verglichen worden ist. Auf der anderen Seite verliert sich die südliche Ebene in der Dunstzone zwischen Himmel, Küste und Meer.

Der Berg Randa, mit 543 Metern die höchste Erhebung im Zentrum der Insel, ist berühmt geworden durch die Einsiedelei des mittelalterlichen Universalgelehrten Ramón Llull (1232-1316). Er hatte 1274 hier oben in der Gipfeleinsamkeit ein Erweckungserlebnis. Anschließend entwickelte er eine Wahrheitsmaschine, die dazu dienen sollte, durch logisches Kombinieren die Lüge von der Wahrheit zu unterscheiden. Die Maschine besteht aus sieben Scheiben, die sich um einen gemeinsamen Mittelpunkt drehen. Auf den Scheiben stehen Begriffe wie "Wissen", "Unterschied", "Übereinstimmung". Durch das Drehen der Scheiben kann man diese Begriffe nach dem Wenn-dann-Prinzip miteinander verknüpfen. Die Logik-Scheiben sind heute in einem kleinen Museum auf der Klosterterrasse des Tafelberges zu sehen.

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Balearen:Castell de Capdepera im Nordosten von Mallorca

Gotisches Auge und Wahrheitsmaschine: Mallorcas spirituelles Erbe

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Wie bedroht sich die Christen nach der Reconquista fühlten, verdeutlicht ein Besuch in der am besten erhaltenen mittelalterlichen Festung der Insel, dem Castell de Capdepera im Nordosten. Ursprünglich war ein ganzes Dorf innerhalb des Verteidigungsrings untergebracht. Von den Wachtürmen aus schaut man zur einen Seite über die Inselebene - wieder eine wunderbare Aussicht -, auf der anderen blickt man aufs Meer. Dort konnten früher jederzeit die Segel einer Piratenflotte auftauchen. Die Festung zeigt besser als mancher dicke Geschichtsband, wie zentral für die damaligen Menschen ihre Religion war: Das Herzstück der Anlage ist eine Kapelle, und der Stolz dieser Kapelle wiederum eine Marienstatue, der die Bewohner besondere Kräfte zuschrieben: Sie konnte von der Burg aus Nebel aussenden, der den anrückenden Piraten eine Landung an der Küste unmöglich machte. "Nuestra Señora de la Esperanza", Unsere Frau der Guten Hoffnung heißt die Kapelle denn auch.

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Balearen:Alcúdia auf Mallorca

Gotisches Auge und Wahrheitsmaschine: Mallorcas spirituelles Erbe

Quelle: Foment del Turisme de Mallorca/Eduard Miralles/dpa-tmn

Spuren der maurischen Kultur sind auf Mallorca leider kaum noch zu finden. Die Reconquista hat hier ganze Arbeit geleistet. Eine Ausnahme sind die Überreste der arabischen Bäder in der Altstadt von Palma: Aus einem verwunschenen Garten betritt man das von zwölf zierlichen Säulen getragene Dampfbad.

Es gibt aber Relikte einer noch viel älteren Kultur: Im Norden, in der rauen Bucht von Alcúdia, liegt der größte prähistorische Friedhof des Mittelmeerraums: die Nekropole von Son Real, eine Ansammlung von Felsengräbern. Die Stätte wurde vor etwa 2500 Jahren von den Talayots errichtet. Sie hinterließen an mehreren Stellen der Insel massige Türme und Verteidigungsbauten, alle merkwürdig überdimensioniert, als wären sie von grobschlächtigen Riesen dorthin gestellt worden. In den über 100 Gräbern von Son Real wurden in den 1960er Jahren die Überreste zahlreicher Menschen gefunden, samt Waffen, Schmuck und anderen Grabbeigaben. Nach Erkenntnissen der Forscher waren es Angehörige der Oberschicht. Der prähistorische Friedhof ist eine Ausgrabungsstätte erster Güte, wird aber nicht so präsentiert: Bis auf ein einzelnes, lieblos gestaltetes Schild gibt es keine Informationen. Sogar Strandurlauber breiten auf den Gräbern ihre Handtücher aus.

© Süddeutsche.de/Christoph Driessen, dpa_tmn/kaeb
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