Bahn-Streik: Fahrgastrechte:Das sollten Bahnfahrer wissen

Die Gewerkschaft GDL will nach dem ersten bundesweiten Streik im Nah- und Fernverkehr nachlegen: die Rechte der Passagiere auf einen Blick.

Nach dem ersten bundesweiten Streik im Nah- und Fernverkehr plant die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) bald die nächsten Aktionen. "Wir sind bestrebt, die Eskalation zügig voranzutreiben", sagte der Berliner GDL-Bezirksvorsitzende, Frank Nachtigall, der Berliner Zeitung. Diese werde auf jeden Fall länger dauern als die sechs Stunden, die am vergangenen Donnerstag gestreikt worden sei.

Weil die Bahnunternehmen keine Verantwortung für die Streiks haben, haben Kunden kein Recht auf Entschädigung. Fahrgäste dürfen aber auf andere Züge umsteigen. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wo kann ich mich als Kunde über Verspätungen und Zugausfälle informieren?

Die DB kündigte den Einsatz mehrerer hundert zusätzlichen Mitarbeiter an, um die Folgen des Warnstreiks abzumildern. Informationen über die aktuelle Lage gibt es bei der kostenlosen Servicehotline unter der Telefonnummer 08000-996633 und im Internet unter www.bahn.de/aktuell. Auf internetfähigen Handys gibt es Infos unter m.bahn.de/ris. Fahrgäste im Ausland erfahren unter 0049-1805-33 44 44 mehr.

Bekomme ich bei Zugausfällen mein Geld zurück?

Wer seine Reise wegen Zugausfällen oder Verspätungen nicht antreten konnte, kann sein Ticket umtauschen oder es sich erstatten lassen. Wer einen Fahrschein eines Verkehrsverbundes hat, muss dessen Tarifbedingungen zu den Erstattungsregeln prüfen. Das gilt etwa auch für Wochen-, Monats- und Jahreskarten. Auch Spar- und Spezialtickets werden ohne Abzüge erstattet, wenn am Streiktag alle zumutbaren Züge ausfallen.

Bei Online-Tickets müssen sich Kunden über die Homepage an die Bahn wenden. Tickets aus Automaten oder Reisezentren werden nur in den Reisezentren erstattet. Sind Kunden mit dieser Regelung nicht zufrieden, können sie sich für Reklamationen an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) wenden. Dort wird versucht, einen Kompromiss zu finden.

Kann ich einen anderen Zug nehmen, wenn meine ursprüngliche Verbindung ausfällt?

Ja. Wenn der ursprüngliche Zug oder der Anschlusszug wegen des Streiks ausfällt, kann ein anderer Zug genutzt werden - auch, wenn es sich etwa um einen Fernverkehrszug wie einen ICE handelt. Das gilt auch, wenn die Fahrkarte eigentlich eine Zugbindung hat. Fallen an einem Tag alle zumutbaren Züge aus, werden auch Spar- und Spezialtickets ohne Abzüge erstattet.

Wer im Nahverkehr eigentlich mit einem Konkurrenten der Deutschen Bahn gefahren wäre, kann ebenfalls auf DB-Fernzüge umsteigen - dafür muss er sich dies nach Angaben der Bahn aber auf dem Ticket von einem Bahnmitarbeiter vermerken lassen. Diese Regelung gilt allerdings nur für Fahrkarten, die nach DB-Tarif gekauft wurden. Die Bahn hat Tarif-Kooperationen mit vielen Dritt-Bahnen, aber nicht mit allen.

Bekomme ich Entschädigung für Verspätungen?

Nein, hier berufen sich die Bahngesellschaften auf höhere Gewalt. Entschädigungen, die sonst gestaffelt bei Verspätungen ab einer oder zwei Stunden fällig sind, gibt es bei Streiks nicht.

Kann ich mein Ticket auch vorher zurückgeben?

Wer kurzfristig doch lieber aufs Auto umsteigen will, kann sein Ticket kostenlos umtauschen - aber nur bis einen Tag vor Fahrtantritt. Bei Spartickets ist dies teils gar nicht möglich, teils werden 15 Euro fällig.

Zahlt die Bahn ein Taxi oder ein Hotel, wenn ich am Bahnhof festhänge?

Auch hier beruft sich die Bahn auf höhere Gewalt und verpflichtet sich nicht zur Zahlung dieser Leistungen. Die Bahn entscheidet nach früheren Angaben aber jeweils konkret vor Ort, ob sie ein Hotel oder ein Taxi bezahlt.

Was ist, wenn ich meinen Flieger wegen der Streiks verpasse?

Jeder Reisende ist grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, pünktlich zum Flughafen zu kommen. Die Fluggesellschaften haften hier nicht.

Was können Pauschalurlauber machen?

Wer seinen Flug in den Urlaub verpasst hat, weil der Zug zum Flughafen wegen des Streiks ausgefallen ist, kann den Reisepreis zurückfordern. Urlauber mit "Rail & Fly"-Tickets müssten sich dazu an ihren Reiseveranstalter wenden, sagte Reiserechtler Paul Degott. Dieser müsse dafür geradestehen, denn die Zugfahrt sei Teil des Beförderungspakets. Das habe der Bundesgerichtshof entschieden (Az.: Xa ZR 46/10). Möglicherweise stehe Urlaubern sogar Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreuden zu.

Müssen Arbeitnehmer trotz des Streiks pünktlich sein?

Ja, auch bei einem Bahnstreik müssen Arbeitnehmer pünktlich zur Arbeit kommen. "Man darf also nicht einfach im Bett liegen bleiben und sagen: 'Es ist Streik, da kann ich ja eh nicht fahren'", erklärte der Arbeitsrechtler Michael Eckert aus Heidelberg. Um sich Ärger zu ersparen, sollten Arbeitnehmer reagieren, sobald absehbar ist, dass sie zu spät kommen: "Der erste Schritt ist, dass man den Arbeitgeber anruft." Man könne ja vereinbaren, dass man die Zeit nacharbeitet.

Können Arbeitnehmer wegen eines Zugausfalls gar nicht im Betrieb sein, sollten sie zur Not einen Tag Urlaub nehmen. "Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, einen Tag vom Home Office aus zu arbeiten."

Was droht bei erheblicher Verspätung?

Wer zu spät kommt und sich nicht darüber mit dem Chef verständigt, riskiert finanzielle Einbußen: Der Arbeitgeber dürfe Nachzüglern den Lohn kürzen, erläuterte Eckert. Im Arbeitsverhältnis gelte der Grundsatz "Zeit ist Geld": "Und wer zu spät kommt, kriegt für die versäumte Zeit kein Geld." Kommen Arbeitnehmer wegen eines Streiks bei der Bahn zu spät, könne das sogar eine Abmahnung rechtfertigen, sagte Eckert. "Normalerweise kommt das nicht vor - es sei denn, das ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: