Authentizität:Bier im Boutique-Hotel

Group of Masai warriors and one tourist doing a ceremonial dance in a Masai village, Kenya, Africa.

Einmal hüpfen, bitte: Die Massai lassen Touristen oft an ihren zeremoniellen Tänzen teilhaben. Doch was ist dabei Show, was echt?

(Foto: mauritius images/Wendy White/Alamy)

Immer mehr Menschen suchen in der Fremde das Vertraute. Da trifft es sich gut, dass die Starbuckisierung der Welt voranschreitet.

Von Monika Maier-Albang

Vang Vieng, Laos, der Ort, an dem sehr viele, meist junge Menschen sich in Autoreifen setzen, um den Fluss Nam Song hinunterzudümpeln. Gerne nach wie vor mit Bierflasche in der Hand, wenngleich die Regierung dem einst verbreiteten Komatrinken vor Kurzem Einhalt geboten hat. Es gibt hier außerdem beeindruckende Karstberge, in die Höhlen führen, in denen man Buddhastatuen sehen kann. Ansonsten: Bauern, die, wenn sie rechtzeitig Land an chinesische Investoren verkauft haben, es den Touristen gleichtun und ihre Füße in die Sonne strecken. Nun also die Frage: Warum fährt man da hin? Ist an diesem Ort noch etwas echt? Oder muss man nicht eher so fragen: Was ist überhaupt authentisch an einem von Touristen derart heimgesuchten Ort?

Der Tourist, der auf seiner Reise nach dem Authentischen sucht, ist in der soziologischen Reiseliteratur spätestens seit den 1970ern ein Thema. Kritisiert wird schon damals, dass folkloristische Rituale, Tänze, Kunsthandwerk in dem Maße, in dem Reisen auch in ferne Länder nicht mehr Eliten vorbehalten, sondern jedermanns Sache sind, zunehmend nicht mehr "echt" seien. Das hat natürlich damit zu tun, dass der Reisende, sobald er auch nur seinen Fuß in ein abgelegenes Anden-Dorf oder zur Baikalrobbe aufs Eis setzt, seine Spur hinterlässt. Interessant nun ist eine Entwicklung, die bei der jüngsten Umfrage der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) zutage tritt: Im Abstand von mehreren Jahren werden deutsche Urlauber befragt, ob sie im Urlaub "eine Gegenwelt zum Alltag" suchen. Und siehe da: Immer weniger Menschen wollen auf Reisen auf Vertrautes verzichten. 1995 gaben noch 38 Prozent an, im Urlaub "nach einer anderen Welt, die mit meiner gewohnten möglichst wenig zu tun hat" zu suchen. 2003 waren es noch 30 Prozent, jetzt ist die Zahl auf 25 Prozent geschrumpft. Da trifft es sich gut, dass die Starbuck- und Subwayisierung der Welt voranschreitet, Kreuzfahrtschiffe Pizza und Burger servieren und das gesichtslose Boutique-Hotel in Bangkok ebenso stehen kann wie in London. Also: Ab nach Vang Vieng. Hier gibt es Hängematten, Sonne, Allerweltsmusik. Chinesen essen dort übrigens gerne Hot Pot. Kennen sie von zu Hause. Und sind dann überrascht, dass die Laoten ihren eigenen haben.

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