Alpen:Winterhotels mit großer Geschichte

Hof Zuort

Ein Zwischending aus Hütte, Ansitz und Zeitmaschine: der alte Engadiner Hof Zuort.

(Foto: PR)

Sie vermissen in Neubau-Hotels etwas, egal wie komfortabel diese sind? Wir haben einige Unterkünfte in den Alpen getestet, die über die Jahrhunderte hinweg Charakter entwickelt haben.

Von SZ-Autoren

Hof Zuort im Engadin, Schweiz

"Besuchen Sie uns, wie haben nichts": Das stimmt so nicht ganz

Allein diese Hausordnung. Einfach großartig! In Frakturschrift ist darin zu lesen: "Stille! Ruhe!" Außerdem: "Beim Eintritt bitte SOFORT Bergschuhe ausziehen, Pantoffeln anziehen." In dem Ton geht es weiter, ganz unten steht: "Wer sich an obige Regeln nicht halten will, wird hinauskomplimentiert." Meinrad Zwerger, einer der beiden Pächter, schaut entschuldigend und sagt: "Die ist nicht mehr ganz so aktuell."

Aber was bedeutet "aktuell" schon in einem Haus, nein, einem musealen Anwesen wie dem Hof Zuort, einem Zwischending aus Hütte, Ansitz und Zeitmaschine mit insgesamt 28 Gästebetten. "Besuchen Sie uns, wir haben nichts", so lautet das Hotelmotto, was wohl ein besonderer Fall von Schweizer Understatement ist. Klar, der Miniweiler liegt verdammt verlassen auf einer Waldlichtung im bergigen Unterengadin, vier Kilometer entfernt von der Ortschaft Vnà, und schon die kommt dem Ende der Welt ziemlich nahe. Aber erstens ist bereits die Anreise ein Abenteuer, weil die letzten vier Kilometer über eine wellige Forststraße führen, die man bei Schnee am besten zu Fuß oder im Hofjeep bewältigt. Zweitens gibt es in Zimmer drei zwischen Schaukelstuhl und Jugendstilbett tolle Holzbohlen, die einfach immer wunderbar knarzen und an eines der obersten Frakturhausgebote - "KEIN Getrampel" - denken lässt. Und drittens hat Zuort trotz Etagenbädern und Holzbohlen jede Menge Stille! Und Ruhe! Und dazu so viel Geschichte, dass es sonst nichts mehr braucht.

Die Chronik im Sauseschritt: Das ursprüngliche Anwesen ist rund 1000 Jahre alt, die Urkunde als Lehenshof datiert aus dem Jahr 1482; da war die Erde bekanntermaßen noch eine Scheibe. In den folgenden Jahrhunderten diente der Hof als Landwirtschaftsbetrieb, Hospiz und Zollstation, weil jenseits der nächsten Scharte Österreich liegt (und heute das Skigebiet des Remmidemmi-Ortes Ischgl). 1873 griff sich ein Feuer die Gemäuer, und zu Beginn des 20. Jahrhunderts zog der umstrittene niederländische Komponist und Dirigent Willem Mengelberg ein. Hier braucht es einen längeren Zwischenstopp.

Denn Mengelberg, der später zu viele Konzerte für Nazis gab, um nach 1945 nicht in Ungnade zu fallen, prägt den Ort auf 1711 Metern bis heute. Er verwandelte ihn nicht nur in eine Art Künstlerkolonie, sondern auch in seine Residenz. Schon 1911 errichte er einen Steinwurf weit oberhalb des alten Hofes das Belle-Époque-Chalet "Chasa Mengelberg". Noch ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod kümmerte sich eine von ihm gegründete Stiftung darum, dass hier Holländer musizieren durften. Heute beherbergt die Chasa sechs ausgesprochen individuell gestaltete Schlafzimmer für Gäste, eine Bibliothek und diverse Aufenthaltsräume; an den Wänden Florett und Rehbock, in den Regalen Madame Curie und Wilhelm Buschs gesammelte Werke. 1920 kaufte Mengelberg auch den Hof samt 13 Hektar Land und ließ eine hölzerne Waldkapelle im Stil einer norwegischen Stabkirche zimmern - aus Dankbarkeit, weil Holland und die Schweiz im Weltkrieg verschont geblieben waren.

Und er holte Clot Corradin als Pächter nach Zuort, einen Landwirt und Schnitzer. Er gab der Stube, dem Herzen des Anwesens, die kunstvollen Holzverzierungen. Die blieben auch so, als Peter R. Berry, ein wohlhabender Arzt aus St. Moritz und der vierte seines Namens (einer davon war Künstler mit heute eigenem Museum in St. Moritz), das Gehöft vor sieben Jahren erwarb, renovierte und vor einem Jahr an Doreen Carpanetti und Meinrad Zwerger verpachtete, zwei ziemlich rührige Menschen.

Aber das Allerbeste in Zuort, das sind die Uhren. Um 16 Uhr 45 zeigt die eine davon zehn vor acht, die andere fünf nach fünf, und die große Kuckucksuhr im Eingangsbereich steht still auf halb vier. Als habe sich die Zeit hier entschieden, einfach aufzugeben.

Übernachtung im Vierbettzimmer mit Frühstück ab 73 Euro pro Person, im DZ ab 99 Euro, Halbpension 26 Euro (sehr empfehlenswert), www.zuort.ch

Dominik Prantl

Villa Antoinette am Semmering, Österreich

villa-antoinette

Den Pool kann man zwar im Winter nicht benutzen, dafür ist die Villa Antoinette dann noch romantischer.

(Foto: Matthias Kronfuss/PR)

Bei Herrn Edi: eine ganze Jugendstilvilla zum Mieten, Butler inklusive

"Es ist ein Fantasieort, den man sich um 1910 erschaffen hat", umschreibt Michael Niederer den Semmering, zu dessen romantischem Zauber nicht nur die umliegenden Gipfel der Rax-Schneeberg-Gruppe beitragen, sondern vor allem die zahlreichen Villen im Hexenhäuschenstil: Die Steinsockel, getoppt von dunkler, balkongesäumter Holzverkleidung, verstecken sich mit ihren grünglasierten Dachziegeln und Türmchen gut zwischen den dichten Tannen der Steilhänge. Genauso sieht auch die Villa Antoinette aus, die Niederer, ein Interior Designer, und sein Partner, der Unternehmensberater Andreas Wessely, 2011 auf dem österreichischen Online-Marktplatz willhaben.at entdeckt und umgehend erstanden haben.

"Einmal putzen, dann ist fertig", war zwar Wesselys erster Eindruck, doch musste das Anwesen drei Jahre lang umgebaut werden, bevor es als Gästehaus im Oktober 2014 eröffnet werden konnte. Einst eine einfache Frühstückspension ist die Villa Antoinette heute ein bisschen Chalet, ein bisschen Fünf-Sterne-Hotel: In den sechs Schlafzimmern samt Salon mit Flügel, Bibliothek und angrenzendem Badehaus mit bodenbündigen Panoramafenstern und Spa-Bereich finden 13 Gäste Platz. So viele passen auch um den wuchtigen Esstisch in der weiß getäfelten Sitzecke. Durch das bogenförmig gerundete Doppelfenster mit Ziergitter geht der Blick auf schneebestäubten, niederösterreichischen Nadelwald, auf Taleinschnitte und ein Stückchen Viadukt der Semmering-Bahn.

1854 feierlich eröffnet und inzwischen Weltkulturerbe, umrundet die Bahn in einer Trassenschlaufe die Villa und verleiht dem Urlaubstag so schienenratternde Rhythmik. Als gastgeberische Besonderheit kann "Herr Edi" gelten, der auch im Haus wohnt und auf Wunsch die Sauna anwirft, den Ankömmlingen einen Schmorbraten zubereitet, "Der große Gatsby" im Heimkino einlegt und auch sonst nach dem Rechten sieht.

Nun, mondän war der Semmering eben schon zu österreichisch-monarchischen Sommerfrischezeiten, und das soll er nach Bestreben der beiden kombinierfreudigen Bauherren auch wieder werden: Hier treffen die Original-Jugendstilfliesen auf eine per App steuerbare Soundanlage, nostalgische Tapetendrucke und geschliffene Kristalltumbler auf Regenduschen und Großbildschirme. Und der Winterhimmel des Semmerings kontrastiert mit der pinklastigen Lichterorgel eines auf 40 Grad geheizten Jacuzzis. Wer Skifahren, Freeriden oder Rodeln mag, fährt zum Zauberberg, wer im Sommer wiederkommt, kann dann auch den Pool, den Lagerfeuerplatz oder den ältesten Golfplatz Österreichs in Sichtnähe der Villa nutzen. Als "ewiges Refugium" und "Rendezvousort der Wiener Gesellschaft" beschrieb der Aphoristiker Karl Kraus 1912 den Semmering. Just das Jahr, in dem die Villa Antoinette erbaut wurde. Romantiker glauben nicht an Zufälle. Aber an Rendezvous - und mondäne Refugien.

Das ganze Haus für 13 Personen kostet 1500 Euro pro Nacht, plus 300 Euro für die Endreinigung. Spezialpreis für zwei Personen unter der Woche: 900 Euro. Frühstück und Butlerservice sind inklusive, www.villa-antoinette.at

Evelyn Pschak

Sonnenburg im Pustertal, Italien

Sonnenburg

Sieht mächtig aus, für Dünkel aber ist die Atmosphäre auf der Sonnenburg zu familiär.

(Foto: Sonnenburg)

Neuer Adel: ein ehemaliges Frauenkloster bietet bodenständigen Komfort

In Südtirol gibt es mehr Burgen je Quadratkilometer als andernorts Wirtshäuser. Sie haben lange gute Dienste geleistet bei der Landesverteidigung. Inzwischen jedoch, da Fremde mehrheitlich in guter Absicht kommen, ist es durchaus opportun, auch auswärtige Burgherren zu akzeptieren.

Die Sonnenburg bei St. Lorenzen im Pustertal konnte so in den 1970er-Jahren vor dem Verfall gerettet werden: Der Deutsche Karl Knötig hatte das zum Steinbruch heruntergewirtschaftete Anwesen gekauft und in ein Hotel umgewandelt. Auf diese Weise wurde nicht zuletzt ein Marientod-Fresko gerettet, das während vieler Jahrzehnte, in denen die Burg keinen Burgherren hatte, Wind und Wetter ausgesetzt war. Wobei: Es waren Frauen, die die Geschicke der Sonnenburg sieben Jahrhunderte lang gelenkt haben. Die Burg war vom Hochmittelalter bis zur Säkularisation ein mächtiges Frauenkloster, war Gerichtssitz - der Name leitet sich von dem mittelhochdeutschen Begriff für Sühneburg ab - und ein großes landwirtschaftliches Unternehmen.

Die Äbtissinnen und die Nonnen, allesamt adlige Frauen, haben gut gelebt auf der Sonnenburg. Und so ist es heute wieder in dem Hotel: Es ist auf bodenständige Weise komfortabel. Die Zimmer sind geräumig, ohne zu protzen. Die regionale Küche ist gehoben, aber nicht manieriert. Das Haus hat Stil und behauptet ihn nicht bloß. Es gibt im Hof einen Brunnen, der nach wie vor Wasser führt. Der klösterliche Apothekergarten wurde restauriert. Der Plan, hier wieder Wein anzubauen, musste hingegen aufgegeben werden. Die Gewölbe jedoch und etliche alte Holzdecken sind erhalten geblieben. Von der Stiftskirche, der Vigiliuskapelle und dem Kreuzgang sind immerhin stattliche Ruinen übrig und derart in die Hotelanlage integriert, dass sich tatsächlich ein Burggefühl einstellt. Zumal die Sonnenburg auf einem Felsen errichtet ist und man entsprechend weit ins Puster- und ins Gadertal hineinblickt. Erhabenheit mag man empfinden, für Dünkel aber ist die Atmosphäre auf der Sonnenburg zu familiär, zu angenehm salopp.

Sonnenburg

Tafeln unter Stuck: Das Restaurant in der Sonnenburg.

(Foto: Hotel Sonnenburg)

Wer jetzt im Winter kommt, hat gute Skifahrmöglichkeiten. Der Kronplatz ist nah, viele Gäste reizt auch die Sella Ronda. Zweimal pro Woche gibt es vom Hotel organisierte Ski- oder Wandertouren, abhängig von Witterung und Schneemenge. Aktuell hat es frisch geschneit, und so gleicht die Burg momentan einem winterlichen Märchenschloss.

Doppelzimmer ab 136 Euro pro Person inkl. Dreiviertelpension, www.sonnenburg.com

Stefan Fischer

Waldhaus Rudolfshöhe in Bad Gastein, Österreich

Alpen: Am Hang oberhalb von Bad Gastein: Das kleine Hotel Waldhaus Rudolfshöhe.

Am Hang oberhalb von Bad Gastein: Das kleine Hotel Waldhaus Rudolfshöhe.

(Foto: Klaus Vyhnalek)

Größstädter übernehmen alte Hotels - und alle profitieren davon

Bröckelnder Putz, blinde Fensterscheiben, verrammelte Türen: Das Zentrum von Bad Gastein strahlt morbiden Charme aus, um es freundlich auszudrücken. Riesige Hotelkästen aus der Belle-Époque-Zeit schimmeln vor sich hin, einige davon stehen seit Jahren leer. Um die Jahrhundertwende verbrachten hier der österreichische Kaiser Franz, der deutsche Kaiser Wilhelm, Könige, Fürsten, großbürgerliche Familien und Künstler aus ganz Europa die Sommerfrische. Zuletzt war vom alten Glanz des Salzburger Kurortes nicht mehr viel übrig.

Doch die angestaubte Kleinstadt hat sich zu einem Treffpunkt einer neuen Hipster-Boheme entwickelt. Bad Gastein ist wieder ein Lieblingsziel von intellektuellen Großstädtern, denen Ischgl zu rambazambig und St. Moritz zu etepetete ist. Der Berliner Elektropop-Entertainer Friedrich Liechtenstein hat sich zu einer Art Markenbotschafter des Städtchens entwickelt und eines seiner Alben "Bad Gastein" genannt, New York Times und Monocle schwärmen von dem Ort. Münchner Journalisten, Wiener Literaten und Berliner Modeblogger verbringen dort gerne Kurzurlaube. Umtriebige Hoteliers wie Evelyn und Ike Ikrath (Haus Hirt, Miramonte) und Olaf Krohne (Das Regina) haben mitgeholfen, das verstaubte Image des Orts aufzupolieren. Der Aufschwung Bad Gasteins ist zu einem guten Teil mit ihrem Engagement, ihrem Geschmack und ihrer Gastfreundschaft zu erklären.

Auch das Waldhaus Rudolfshöhe, 20 Minuten oberhalb von Bad Gastein am Fuß des Graukogels gelegen, gehört zu den uralten Adressen in Bad Gastein, die neu belebt wurden. Das Ausflugsgasthaus hat eine 642 Jahre lange Geschichte, es existiert seit 1375. Kaiserin Sisi veranstaltete dort gerne Luxus-Picknicks, was man verstehen kann, wenn man auf der Terrasse vor dem Lokal steht: Die Aussicht geht über die Prachtbauten des Orts hinweg hinüber zum Stubnerkogel und über das ganze Gasteiner Tal. Zuletzt war das Waldhaus einigermaßen heruntergekommen. Die Berliner Stefan Turowski und Jan Breus haben es 2016 übernommen und zu einem kleinen, feinen Berghotel gemacht.

Alpen: Ein gewisses großstädtisches Flair ist den Zimmern nicht abzusprechen.

Ein gewisses großstädtisches Flair ist den Zimmern nicht abzusprechen.

(Foto: Klaus Vyhnalek)

"Ich konnte mir eigentlich überhaupt nicht vorstellen, in die Berge zu ziehen", sagt Stefan Turowski, der beim RBB als Fernsehjournalist gearbeitet hat. Jan Breus war in der gehobenen Gastronomie tätig, hat als Designer gearbeitet und kannte Bad Gastein von vielen Besuchen. Als die beiden von Olaf Krohne, dem ebenfalls aus Berlin stammenden Wirt des Hotels Regina, hörten, dass die Rudolfshöhe frei werde, fuhren sie nach Bad Gastein - und verliebten sich sofort in das alte Häuschen, das abgeschieden am Waldrand auf 1200 Metern Höhe steht. Sie kündigten ihre Jobs und verwandelten die Rudolfshöhe innerhalb weniger Wochen in ein Schmuckstück. Espressotassen, Geschirr, Möbel und Accessoires brachten sie von ihrem Haus in Brandenburg mit. Alles andere kam nach und nach dazu.

Die Stube ist ebenso gemütlich wie modern eingerichtet, mit einem großen Kaminofen, runden Balken, gepolsterten Sitzbänken, Designer-Stehlampen und Panoramafenstern. Es gibt nur vier Gästezimmer, individuell eingerichtet und 30 bis 42 Quadratmeter groß. Zum Abendessen servieren Breus und Turowski ihre Spezialitäten, etwa stundenlang geschmortes Schwein, karamellisierte Karotten mit Koriandersamen und im Ganzen angebratenen Blumenkohl mit Butter. Dazu gibt es regionales Bio-Bier oder ausgesuchte Weine.

Jan Breus' Lieblingsdessert heißt "Pavlova", eine Baiser-Masse, gefüllt mit Mascarpone und Sahne, benannt nach einer Primaballerina. Außen bröckelig, innen weich, warm und luxuriös - ein süßes Sinnbild für Bad Gastein.

Doppelzimmer mit Frühstück ab 160 Euro, www.rudolfshoehe.at

Titus Arnu

Kulmhotel auf dem Gornergrat, Schweiz

Kulmhotel

Das "3100 Kulmhotel" auf dem Gornergrat.

(Foto: PR)

Und oben die Sterne: im höchstgelegenen Hotel Europas

Höhenbedingter Schlafmangel hat auch etwas Gutes: Wer sowieso nicht schläft, kann vom Bett aus kontrollieren, ob endlich die Sterne zu sehen sind.

Bei der Anreise am späten Nachmittag war man fast stolz, als einziger Fahrgast nach Pistenschluss noch in die Zermatter Gornergratbahn einzusteigen. Kurz nach der Abfahrt fühlt es sich allerdings so an, als habe man sich aus Versehen selbst in die Cloud hochgeladen: Nebel, so dicht, dass man Himmel und Skipiste nicht mehr unterscheiden kann. Oben an der Bergstation auf 3089 Meter ist die Sicht zwar minimal besser. Dafür schneit es, sodass sich die groben Mauern des Kulmhotels im Dämmerlicht nur gerade noch so ausmachen lassen. Dahinter nichts als weißes Rauschen. Das fühlt sich seltsam an, aber auch aufregend. Als wäre man im Science-Fiction-Film auf einem fernen Planeten gelandet, oder auf einer Forschungsstation im Nichts. Kein Wunder, dass manche der Angestellten das Hotel bei Nebel und Sturm am liebsten mögen.

Gewissermaßen stimmt das mit der Forschungsbasis sogar. Wenn man Bergsteigerunterkünfte nicht mitrechnet, ist das "3100 Kulmhotel" auf dem Gornergrat das höchstgelegene Hotel Europas. So nah kommt man den Sternen sonst nirgends, jedenfalls nicht, ohne ordentlich klettern zu müssen. Noch dazu ist die Luft hier oben klar, und die nächsten Lichtquellen sind weit. Diese Umstände ziehen nicht nur Hobby-Astronomen, sondern auch Profis an. Auf den Türmen des mehr als hundert Jahre alten Hotels wurden in den Sechzigerjahren Observatorien errichtet; das auf dem Südturm nutzen Forscher der Uni Bern bis heute. Für Laien bietet das Hotel besondere Veranstaltungen an, von Mitte Januar an etwa einmal pro Woche ein Abendessen mit anschließendem Besuch der Sternwarte.

Kulmhotel

Modern und aus Holz: Jedes Zimmer des Kulmhotels ist einem umliegenden Berg gewidmet.

(Foto: PR)

Die Lage hat aber auch Nachteile: "Schlechter Schlaf und Kopfschmerzen gehören bei uns zum Standardprogramm", sagt Thomas Marbach. Ein ungewöhnliches Bekenntnis für einen Hoteldirektor. Aber 3100 Meter sind nun mal eine Höhe, die sich bemerkbar macht, jedenfalls in den ersten Nächten. Darum gibt es hier oben auch keine Sauna und keinen Whirlpool, wie es in den Hotels unten in Zermatt Standard ist. Für den Kreislauf wäre das zu anstrengend. Überhaupt kommt niemand allein wegen der Unterkunft her. Auch wenn die schlichten, modern eingerichteten Zimmer - jedes ist nach einem der umliegenden Berge benannt - gemütlich sind und das Restaurant, in dem allen Gästen am Abend vier Gänge serviert werden, eine gute Küche hat. "Das Hotel lebt von der Welt da draußen", sagt Marbach.

So geht der Blick in der Nacht immer wieder zum Fenster hinaus. Alle Zimmer hier oben haben eine fantastische Aussicht, entweder auf das Matterhorn oder auf das Monte-Rosa-Massiv. Der beste Platz zum Sternegucken ist die breite Fensterbank über der bollernden Heizung. Und dann, kurz vor Mitternacht, verziehen sich die Wolken. Erst hebt sich die schneebedeckte Ostwand des Matterhorns von der Dunkelheit ab. Dann sieht man auch die Sterne. Den Großen Wagen. Orion, hell, wie noch nie. Und alle anderen auch.

DZ mit HP ab ca. 300 Euro, gornergrat-kulm.ch, einfache Bahnfahrt ab Zermatt ca. 32 Euro

Karoline Meta Beisel

Hinweis

Die Recherchereise für diesen Beitrag wurde zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und/oder Tourismus-Agenturen.

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