Alpen:Frühlingstouren für Sonnenhungrige

Alpen: Der Winter war einer der besten seit vielen Jahren. Der Schnee weicht in der Höhe nur zögerlich. Aber die eine oder andere Aktivität ohne Ski geht schon wieder.

Der Winter war einer der besten seit vielen Jahren. Der Schnee weicht in der Höhe nur zögerlich. Aber die eine oder andere Aktivität ohne Ski geht schon wieder.

(Foto: Bernd Römmelt/Mauritius)

Zu viel Schnee zum Bergsteigen - aber auch zu viel Sonne zum Daheimbleiben: Welche Touren in den Bergen jetzt schon wieder möglich sind.

Von SZ-Autoren

Die Wanderung

Die Halsalm im Berchtesgadener Land ist immer einen Ausflug wert. Richtig, das war jetzt ein ganz furchtbarer Satz aus der Mottenkiste der Tourismusprosa. Aber er stimmt ausnahmsweise. Vor allem macht der Weg dorthin trotz einer geringen Maximalhöhe von 1220 Metern so viele verschiedene Bergtypen glücklich. Kinder und Lauffaule müssen vom Parkplatz unweit des Hintersees nur etwas mehr als 400 Höhenmeter zurücklegen und werden trotzdem mit einem Postkartenausblick auf den Hochkalter belohnt. Echte Alpinisten können sich in den Felsmassiven der Umgebung nach echten Herausforderungen für den Sommer umsehen. Hobbyornithologen haben gute Chancen, einen Steinadler zu sichten. Wobei die Vogelkundler unten im Klausbachtal nicht schon wenige Minuten nach der Nationalpark-Infostelle rechts auf den Böslsteig zur Halsalm abbiegen, sondern noch eine Viertelstunde weiter bis zum Adleraussichtspunkt marschieren. Von dort lässt sich der heuer besetzte Horst in der Eiswand zwar nur erahnen, aber mit etwas Glück oder Geduld sind die Eltern beim An- und Abflug zu beobachten. Pünktlich zum Wochenende sollen übrigens die Küken schlüpfen.

Wer wiederum eher auf Reptilien steht, hat an der nur sommers bewirtschafteten Halsalm gute Chancen auf Kreuzottern. Kinder daher am besten an die Hand und Hunde an die Leine nehmen. Historiker und Hungrige freuen sich spätestens hier schon wieder auf den Hintersee am Ende des Abstiegs. Der war wegen seines verboten idyllischen Erscheinungsbildes inklusive des Geotops Zauberwald einst beliebtes Motiv für Maler; und einer ihrer Treffpunkte war das denkmalgeschützte und zur regionalen Berühmtheit aufgestiegene Gasthaus Auzinger einige Hundert Meter westlich des Sees. Dort lässt man sich am besten bei einem Schweinsbraten mit dem Gefühl beschenken, dass der Frühling mal wieder echt in Ordnung ist. Für Vegetarier gibt es gutes Bier.

Dominik Prantl

Der Eisenweg

Der Klettersteig mit dem schönen Namen Che Guevara hat so gar nichts, was eine Bergtour für den hippen Familienwanderer ausmacht. Es gibt unterwegs keine Blumenwiesen, keine Almkühe, keine Bergseen. Denn Che Guevara konzentriert sich auf das Wesentliche; es ist ein ehrlicher, fantastischer Klettersteig. Das heißt: viel Eisen in der Wand. Und es ist eine beeindruckende Wand, zu der man aus dem Steinbruch am Industriegebiet von Pietramurata nördlich des Gardasees eine halbe Stunde zusteigt. Die technischen Schwierigkeiten halten sich mit der Stufe C in Grenzen, doch zieht sich der Klettersteig 1200 Höhenmeter zum Monte Casale (1632 Meter) hinauf. Selbst gut trainierte Waden brauchen dazu gut drei Stunden, der Frühjahrsmüde entsprechend länger. Und weil die Sonne voll in die Wand brennt, Bergseen und Hütten unterwegs keinen Platz haben und das Rifugio Don Zio auf dem Gipfelplateau nur an Sommerwochenenden öffnet, ist neben einer guten Kondition ein ordentlicher Wasservorrat im Rucksack Pflicht. Denn der Abstieg über sich manchmal bis ins Frühjahr haltende Schneereste, durch Buchenwälder und das Sarcatal, dauert noch einmal drei Stunden.

Dominik Prantl

Die Gletscherabfahrt

Ja, der Winter war sehr groß. Und für die Unersättlichen, auch jene ohne Tourenskier, geht er weiter. Zum Beispiel am Kitzsteinhorn. Hier sind aktuell noch 13 von 16 Liften geöffnet. Die Pisten, vor allem jene am Gletscher unterhalb der 3029 Meter hoch gelegenen Bergstation, sind morgens sogar noch relativ hart und verwandeln sich im Lauf des Vormittags in herrlich gleitfähigen Firn. Besonders zu empfehlen ist die Freeride-Abfahrt X1. In diesem weiten nordseitigen Hang direkt unterhalb des Gipfels kann sich der Alpinskifahrer wie ein Tourengeher fühlen - nur mit dem feinen Unterschied, dass er dank des Lifts die Abfahrt mehrmals machen kann. Auch die steilen Rinnen oberhalb der Station Langwied können noch befahren werden, deren Tage sind aber gezählt.

Wer es verspielter mag, hat noch bis zum 6. Mai den großen Snowpark mit Schanzen und Halfpipe. Im Frühling geht es hier oben aber nicht nur ums reine Skifahren. Im Liegestuhl in Piz-Buin-Stellung (bitte eincremen!) in die Hohen Tauern zu schauen und zu sehen, wie sich die Natur mit Macht Stück für Stück der Hänge zurückerobert, ist ein besonderes Erlebnis. Dazu ein, zwei Gläser guten Grünen Veltliner. Was will man mehr.

Hans Gasser

Die Skitour

Zu spät zum Skifahren? Niemals! Auch Anfang Mai nicht. Die Lifte haben den Betrieb eingestellt, im Tal sprießen die Blumen, das Wetter ist fast hochsommerlich. Aber im Hochgebirge liegt immer noch genug Schnee, nachts ist es kalt genug, dass er durchfriert. Ideale Bedingungen für eine Frühjahrsskitour also. Weil es tagsüber sehr warm wird, muss man allerdings möglichst früh los - am besten um 6 Uhr morgens. Das ist dann gefühlsmäßig fast wieder zu früh zum Skifahren. Von Haggen bei Kühtai geht es auf den Zwieselbacher Rosskogel, einen 3081 Meter hohen Doppelgipfel in den Stubaier Alpen. Die Tour gilt als Frühjahrs-Klassiker, da sie größtenteils nordseitig verläuft, liegt noch ausreichend Schnee bis zum Parkplatz. Die Route ist abwechslungsreich: flache Talböden, in denen tonnenweise Lawinenschnee liegt, eisige Steilstufen, enge Schluchten und weite Hänge. An zwei Steilstufen braucht man Harscheisen, ansonsten benötigt man eine gute Kondition - die Tour zieht sich, es sind fast 1500 Höhenmeter bis zum Gipfel. Der Blick vom Felsen neben dem Gipfelkreuz geht auf die glitzernden Gletscher des Alpenhauptkamms, es ist so mild und windstill, dass man ohne Jacke und Mütze Brotzeit machen kann auf über 3000 Meter. Die Abfahrt über butterweiche Firnhänge ist ein Traum, gegen 12 Uhr sind wir schon wieder am Parkplatz. Die Skitour hat ein ideales Genussziel: den Forellenhof direkt am Ende der Abfahrt. Barfuß und im T-Shirt die warme Sonne genießen, dazu ein Weißbier und eine geräucherte Forelle mit Salat - angenehmer könnte der Winter nicht enden. Obwohl: Da geht skimäßig vielleicht doch noch was ... es ist nie zu spät!

Titus Arnu

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