Ärgernis auf der Bahnreise:Mein Feind, der Sitznachbar

Mitreisende können eine Bahnfahrt bereichern - oder sie unerträglich machen. Eine Typologie vom "Schwitzfinken" bis zum "Motzbold".

Alper Özer

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Illlustrationen Bahn Typen

Quelle: Alper Özer, sueddeutsche.de

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Mitreisende können eine Bahnfahrt bereichern - oder sie unerträglich machen. Eine Typologie vom "Schwitzfinken" bis zum "Motzbold".

Typ: Miesgelaunter Motzbold

Merkmale: Zackige Erscheinung, mürrisches Gemaule, gerne mit Krückstock.

Typischer Satz: "Wenn ich Bahnchef wäre, dann gäb es keine Verspätungen mehr, das kann ich Ihnen sagen!"

Richtiger Umgang: Stauchen Sie den miesgelaunten Motzbold selbst bei jeder kleinsten Verfehlung zusammen.

Falscher Umgang: Diskutieren. Da reden Sie lieber mit der Gepäckablage, bei der können Sie mit mehr Einsicht und Entgegenkommen rechnen.

Vorsicht: Setzt Krückstock als Waffe ein.

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Typ: Raumgreifender Nesthocker

Merkmale: Verschwindet hinter einem Kofferberg und einem "Bitte nicht stören"-Schild, schirmt sich mit Schlafmaske und Ohrstöpseln ab.

Typischer Satz: "Nein, hier sitzt schon meine Frau. Hier auch. Sie ist nämlich ein bisschen breiter, wissen Sie?"

Richtiger Umgang: Erwähnen Sie beiläufig, dass Sie gerade noch am anderen Ende des Zuges saßen, es Ihnen aber in den vielen leeren Abteilen viel zu einsam war.

Falscher Umgang: Berühren Sie unter gar keinen Umständen einen seiner Gegenstände. Für ihn zählt selbst eine zerfledderte Zeitung zur Intimsphäre.

Vorsicht: Zu große körperliche Nähe kann seinen Beißreflex auslösen.

Was haben Sie auf Bahnreisen erlebt? Schreiben Sie es auf!

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Typ: Die überforderten Brutpfleger

Merkmale: Übernächtigt, urlaubsreif, fleckenübersät.

Typischer Satz: "Dominik, ich glaube, der Mann mag es nicht so gerne, wenn er Nutella ins Haar bekommt."

Richtiger Umgang: Ein unter Geschwisterkindern ausgelobter Wettlauf "Einmal zum Zugende und zurück" verschafft ein paar Augenblicke der Ruhe im Wagen.

Falscher Umgang: Weder wohlgemeinte noch sarkastische Ratschläge zur Empfängnisverhütung gehören zum guten Umgangston.

Vorsicht: Stark erhöhte Reizbarkeit.

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Typ: Der unappetitliche Schwitzfink

Merkmale: Alles an ihm ist verbeult: sein schmutziger Seesack, seine stinkende Kleidung, sein überdimensionaler Körper. Man hört zudem: Würgen, Grunzen, Rülpsen, Schmatzen, Keuchen.

Typischer Satz: "Ist das eine Bullenhitze hier. Da läuft einem das Wurstwasser nur so in die Socken, was?"

Richtiger Umgang: Öffnen Sie ein Fenster, und zwar sofort - zur Not mit dem Hammer einschlagen.

Falscher Umgang: Meiden Sie Fensterplätze. Sonst werden Sie von einem Schwitzfink eingeklemmt - ohne eine Fluchtmöglichkeit.

Vorsicht: Ein Erlebnis für alle Sinne. Leider.

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Typ: Die quietschenden Spaßspatzen

Merkmale: Heute blau, morgen blau.

Typischer Satz: "Nächster Halt: Pforzheim! Hahahaha, Pforzheim!!!"

Richtiger Umgang: Falls der Zug ohne Halt Ihre Heimatstadt passiert, überzeugen Sie einen der Spaßspatzen, dass es ein wahnsinnig ulkiger Gag wäre, die Notbremse zu ziehen.

Falscher Umgang: Es ist zwecklos, die Spaßspatzen zu bitten, beim Verlassen des Zuges ihren Müll mitzunehmen. Die meisten sind froh, wenn sie in der Lage sind, auf allen Vieren aus der Bahn zu kriechen.

Vorsicht: Wir versaufen unser' Oma ihr klein' Häuschen.

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Typ: Der verschlagene Mogelvogel

Merkmale: Auffällig unauffällig, plötzlich einsetzendes Schnarchen, wenn der Zugbegleiter auftaucht.

Typischer Satz: "Ich bin im Bahnhof ausgeraubt worden: Geld, Papiere, Fahrkarte - alles weg!"

Richtiger Umgang: Schenken Sie ihm abgelaufene Tickets und Zeitkarten. Bestimmt kann er "was draus machen".

Falscher Umgang: Verpfeifen Sie ihn nicht einfach humorlos beim Zugbegleiter - außer der Mogelvogel ist zudem noch etwa ein unappetitlicher Schwitzfink.

Vorsicht: Neigt zu Spontanverbrüderungen, wenn er die Nähe eines Wochenendtickets wittert.

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Typ: Die marodierenden Röhrlinge

Merkmale: Alle tragen ein Identifikations-T-Shirt oder Fan-Schals. Typischer Satz: "EINER GEHT NOCH, EINER GEHT NOCH REIN!"

Richtiger Umgang: Geben Sie übers Bordmikrofon bekannt, dass von Gleis 13 ein Zug direkt zur Veranstaltung fährt. Jedoch nur kurz vor Abfahrt ihres eigenen Zuges.

Falscher Umgang: Singen die Fußballfans glücklich "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin", müssen Sie nicht darauf hinweisen, dass dieser Zug nach Freiburg fährt.

Vorsicht: Personen- und Sachschäden werden billigend in Kauf genommen.

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Typ: Der unerfahrene Bahntölpel

Merkmale: Verhuscht, verunsichert, verdruckst. Wenn etwas schiefgeht, dann bei ihm.

Typischer Satz: "Steh auf, wir müssen raus, es sind nur noch dreißig Minuten bis zum nächsten Bahnhof!"

Richtiger Umgang: Machen Sie den Bahntölpel mit ein paar Verhaltensregeln im Zug vertraut: Nein, er muss nicht aufstehen, wenn der Zugbegleiter das Abteil betritt. Und helfen Sie ihm, die Bowlingkugel über Ihrem Kopf sicher zu verstauen.

Falscher Umgang: Nicht noch nervöser machen. Streiche wie "Das ist die Damentoilette. Die Herrentoilette befindet sich am anderen Ende des Zuges" sind unangebracht.

Vorsicht: Neigt zum Gebrechen.

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Typ: Die verlotterten Grünschnäbel

Merkmale: Selbstgenäht, gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Gerne auch mit Bongos.

Typischer Satz: "Ich will später auch mal was mit Medien machen. Oder mit Kindern. Oder Holz."

Richtiger Umgang: Erzielen Sie einen Kleingewinn, indem Sie ihnen ein Stück Dichtungsgummi als Schwarzen Afghanen verkaufen.

Falscher Umgang: Führen Sie sie nicht mit frei erfundenen Geheimtipps hinters Licht ("Die Ambient-Lounge-Clubszene in Lodz ist der absolute Hammer").

Vorsicht: Schnorren jeden jenseits der 25 an.

Was haben Sie auf Bahnreisen erlebt? Schreiben Sie es auf!

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Typ: Die hochwichtigen Büroschwalben

Merkmale: Sehen einer richtigen Arbeitsgruppe täuschen ähnlich.

Typischer Satz: "Wir müssen adressieren, dass der Kunde mit unserer integrierten Lösung eine echte Win-Win-Win-Situation hat."

Richtiger Umgang: Lotsen Sie eine Gruppe "Quietschfideler Spaßspatzen" in den Wagen, um jegliche Arbeitsatmosphäre nachhaltig zu vernichten.

Falscher Umgang: Geben Sie keine hilfreichen Hinweise, um Probleme mit der Handyverbindung zu lösen. Erklären Sie vielmehr, der Empfang verbessere sich merklich, wenn man sich in den Gang legt und ein Ohr an den Boden presst.

Vorsicht: Büroschwalben versuchen, Mitreisenden zwielichtige Verträge aufs Auge zu drücken.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Mitfahrern im Zug gemacht? Schreiben Sie uns!

Alle Beispiele sind Auszüge aus "Ist hier noch frei? Kleines Bestimmungsbuch für Bahnreisende" von Jochen Reinecke und Klaus Cäsar Zehrer, Satyr Verlag 2010. ISBN 978-3-938625-89-7

© sueddeutsche.de/kaeb
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