Ägypten:Immer der Ärger mit dem Bakschisch

Die Bettelei um Trinkgeld für mehr oder weniger erbrachte Dienstleistungen wird im Land am Nil zum Problem - für die Touristen und die Regierung.

Das Wort Bakschisch stammt aus dem Persischen und bedeutet Geschenk. Was jedoch im persischen Mogulreich eine Geste der Dankbarkeit oder eine Gabe an Bettler war, ist im modernen Ägypten eine lästige Pflicht. Ob in einem Restaurant, beim Besuch der Pyramiden, am Flughafen oder auf dem Parkplatz - überall werden Touristen und Einheimische für jeden kleinen Dienst zur Kasse gebeten. Die hilfsbereiten Geister erwarten ständig Trinkgeld, also Bakschisch.

Ein Ägypter bittet um Trinkgeld, dpa
(Foto: Foto: dpa)

Die ägyptische Tourismusbehörde macht sich inzwischen Sorgen, dass viele Touristen das Land mit einem bitteren Nachgeschmack verlassen könnten, weil ihnen immer mehr Verkäufer, Angestellte oder Taxifahrer Bakschisch aus den Taschen ziehen.

"In den letzten Jahren haben wir beobachtet, dass die Touristen an vielen Orten gedrängt werden, den Leuten Bakschisch zu geben", sagt Hischam Sasu, Direktor der Tourismusbehörde. Bei acht Millionen Besuchern, die jährlich nach Ägypten kommen, häuften sich die Beschwerden. "Viele Touristen fühlen sich belästigt." Denn schließlich zahlen sie genauso wie Einheimische in Restaurants, Bars und Cafés bereits ein unfreiwilliges Trinkgeld in Form eines gesetzlichen Service-Aufschlags von zwölf Prozent.

"Alle Touristen sind Millionäre"

Viele Ägypter haben aber keine Skrupel, von den Fremden Extra-Geld zu verlangen. "Sie denken, dass alle Touristen Millionäre sind und begreifen nicht, dass Ägypten den Tourismus braucht", erklärt Sasu.

Die Regierung habe im April deswegen eine Kampagne mit dem Slogan "Tourismus ist für alle gut" gestartet. In Fernseh- und Radiospots und auf Plakaten sollen die Bürger für ein angemessenes Verhalten Besuchern gegenüber sensibilisiert werden. Das 100 Millionen Pfund (rund 14 Millionen Euro) teure Projekt soll helfen, den Menschen begreiflich zu machen, dass alle vom Fremdenverkehr profitieren können.

Die kleinen Handreichungen, die Einheimischen und Touristen für ein oder zwei Pfund den Alltag erleichtern sollen, sind dabei nicht einmal immer hilfreich. Oft entsteht das Gefühl, dass einige sich das Geldverdienen besonders einfach machen.

Immer der Ärger mit dem Bakschisch

So wie beispielsweise der Mann mit dem dreckigen Putzlappen, der vor einem Café in Kairo den Fahrer eines Mittelklassewagens in die Parklücke winkt. Während der Autofahrer versucht, seinen Wagen in eine enge Lücke zu manövrieren, fuchtelt der Mann wild mit den Armen. Der Autofahrer lässt sich widerwillig dirigieren. Der Parkwächter winkt so lange, bis es plötzlich laut kracht und der Fahrer mit seinem Wagen das dahinter parkende Auto rammt. Doch statt sich zu entschuldigen, fordert der aufdringliche Helfer Bakschisch.

"Das Einfordern von Bakschisch ist einfach schrecklich und lästig", empört sich Hannah Rancie (22). Die britische Touristen hat bereits am ersten Tag in Kairo ihre Erfahrung mit Bakschisch gemacht. Der Toilettenaufseher im Ägyptischen Museum verlangte Geld von ihr, obwohl dort ein Schild hing, auf dem stand, "Trinkgeld verboten".

Preiskultur beim Trinkgeld

Dass die ständige Fragerei nach Bakschisch nervtötend sein kann, hat auch Claudia Brüske aus Bonn festgestellt. Die 44-Jährige hat trotzdem Verständnis: "Irgendwie gehört das hier schon zur Kultur." Sie findet es aber falsch, wenn einige Touristen es zu gut meinen: "Das treibt die Preise in die Höhe und die Leute werden unverschämt."

Längst hat sich herumgesprochen, bei welchen Touristen das Geld am lockersten sitzt. "Am meisten geben die Amerikaner und am wenigsten die Japaner", sagt Hani Ahmed, der als Concierge in einem Fünf- Sterne-Hotel in Kairo arbeitet. Auch die Deutschen seien sehr spendabel.

Für Sasu ist auch die hohe Arbeitslosigkeit in Ägypten ein wesentlicher Grund für die Bakschisch-Mentalität. "Viele sind so verzweifelt, dass sie einen Job annehmen, bei dem sie statt eines geregelten Einkommens nur für Trinkgeld arbeiten", erklärt der Direktor der Tourismusbehörde.

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