Ace-Hotels:"Kleine Momente mit dem Gast sind wichtig"

Alex Calderwood ist der Gründer der übercoolen US-Hotelkette Ace. Ein Gespräch über die Flut der Designhotels und die Geheimnisse der Kundenbindung.

Oliver Herwig

Ein Drei-Sterne-Hotel nahe dem Münchner Hauptbahnhof. Alex Calderwood sitzt auf einer schwarzen Möbelmarkt-Ledercouch, und sofort muss man denken, dass er auch gut als Mitglied einer dieser Indiebands durchgehen würde, die ja alle Lockenköpfe und kaputte Turnschuhe tragen. Alex Calderwood ist kein Musiker, aber der 42-Jährige ist der Rockstar der Hotellerie. In seinen Ace Hotels in Seattle, Portland, Palm Springs und New York steigt die internationale Design- und Kunstelite ab. Was will er bloß in München? Er murmelt etwas von einer "Mission" und nimmt einen großen Schluck schwarzen Tee.

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(Foto: Ace-Hotel Portland)

Warum haben Sie das Hotel ausgesucht?

Aus reiner Bequemlichkeit. Wir suchten ein Hotel in Bahnhofsnähe, klein, funky, unkompliziert, verschickten einige Mails - und diese Leute hier antworteten unglaublich schnell und freundlich.

Sie sind viel unterwegs. Worauf achten Sie zuerst, wenn Sie ein Hotel betreten?

Auf die Lobby. Und den Check-in-Schalter - manchmal findet man den einfach nicht.

Ihre Hotels sehen überhaupt nicht aus wie Hotels. Es ist eher, als würde man bei irgendwelchen lässigen Künstler- oder Webdesigner-Freunden übernachten ...

... die jung und optimistisch sind? Yeah! Wir haben das alles aber gar nicht bewusst so gestaltet, es kam eher intuitiv. Wenn ich Lift fahre, staune ich immer wieder, wie viele Generationen unsere Hotels ansprechen. Unsere Gäste können 20 sein oder 60, sie teilen alle eine bestimme Haltung. Der deutsche Schauspieler Udo Kier beispielsweise kommt immer wieder gern in unsere Hotels - und er gehört definitiv zu einer anderen Generation. Aber all diesen Menschen ist gemein, dass sie für Kultur empfänglich sind.

Wie definieren Sie persönlich den Begriff Hotel?

Mir geht es um mehr, als nur Hotelzimmer zu vermieten. Wir wollen eine kulturelle Plattform schaffen und Beziehungen beschleunigen. Und dafür experimentieren wir mit Musik, Fil, Design, Literatur und Kunst.

Es gibt ja eine Flut von Hotels, die sich Design- oder Boutique-Hotel nennen.

Die Idee unabhängiger, kleiner Designhotels ist nicht wirklich neu. Die gab es bereits in der Goldenen Ära, von der Jahrhundertwende bis in die sechziger Jahre, als plötzlich viele Leute verreisten. Heute zeugt das Label eher von einem Mangel an Phantasie, zu viele jagen denselben Ideen hinterher. Aber sie alle vergessen etwas: Design ohne Herz überzeugt nicht. In Palm Springs schicken uns die Gäste unentwegt Mails und hinterlassen Nachrichten. Und das in einem Resort-Hotel, das normalerweise kaum Stammgäste kennt. Das aber sind keine Kunden mehr, eher Freunde. Wie in einem Club. Anscheinend fühlen sich unsere Gäste als Teil des Ganzen.

Was macht ein Hotel zu einem richtig guten Hotel?

Die Menschen, die es betreiben. Ein Hotel mit mittelmäßigem Design, toller Mannschaft und guter Energie funktioniert wunderbar. Andersherum nicht. Zu einem wirklich guten Hotel gehört zudem ein bequemes Bett, das vergessen viele: Die Basis bildet immer ein gutes Bett.

"Wir sind besessen von Details"

Die Einrichtung Ihrer Hotelzimmer ist nicht nur individuell, sie hat viel mit Sprache zu tun. Hier ein Sinnspruch auf dem Spiegel, dort Begriffe auf die Wand gekritzelt ...

Ja, wir sind besessen von solchen Details. Wir begreifen sie als Chance, kleine Momente mit dem Kunden zu schaffen, wie ich es nenne - also eine emotionale Verbindung herzustellen. In New York haben wir das obligatorische Exit-Zeichen an der Wand in einen Schriftzug verwandelt. Jemand aus dem Designteam machte daraus: "Every Exit is an Entrance to somewhere."

Glauben Ihre Gäste denn an solche Lifestyle-Weisheiten?

Hotels stecken voller Geschichten, und das spüren die Menschen unterschwellig. Es geht immer um Beziehungen. Und Erlebnisse. Bevor wir das Portland Hotel gründeten, lebte dort William S. Burroughs, und in Palm Springs kommen immer wieder alte Nachbarn, die sagen: Ich saß genau da an der Bar und Dean Martin hier und das Rat Pack dort! Unsere Lounge gibt es fast unverändert seit 1966. Sie hat eine spirituelle Patina.

Irgendwo stand, ein kleines Hotel in Europa wäre noch so ein Wunsch von Ihnen. Stimmt das?

Ja, das wäre spitze. In Berlin, Paris - oder warum nicht hier in München?

Wie sähe denn so ein Hotel in München aus?

Keine Ahnung, ehrlich, da müsste ich erst mal nachdenken. Ein Hotel hängt von so vielen Dingen ab. Von der Umgebung, vom Gebäude. Es könnte eine alte Fabrik sein, ein Bauernhaus oder ein öffentliches Gebäude. Vielleicht das Rathaus?

Das könnte nicht ganz leicht werden. Und was haben Sie sonst noch vor?

Alles Mögliche. Neue Hotels, mehr Inhalte. Wir sind die einzige Hotelgruppe, die ihren Gästen "Video on demand" anbietet, eine Videothek, und da werden wir weitermachen, indem wir geeignete Filme für die jeweiligen Hotels aussuchen und vielleicht sogar selbst Inhalte beisteuern. Und dann ist da natürlich noch die Sache mit diesem Hotel in Europa, auch wenn ich noch nicht genau weiß, wo das am Ende stehen wird.

Jemand schrieb einmal, Sie hätten die Gabe, aus nichts etwas zu machen.

Das ist die Kurzfassung meiner Karriere: Ich musste immer erfindungsreich sein. Ich hatte nie große Reichtümer.

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