Flugsicherheit nach Terror-Anschlag:Reisende werden länger kontrolliert

Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen: Nach dem vereitelten Terroranschlag flammt die Diskussion um Nacktscanner und das Flüssigkeitenverbot wieder auf.

Nach dem vereitelten Terror-Anschlag auf ein US-Flugzeug müssen Reisende mit dem Ziel USA an deutschen Flughäfen mit verschärften Kontrollen rechnen. Verzögerungen gebe es bisher deswegen aber nicht, sagte ein Sprecher des Frankfurter Flughafen. Was genau bei den Kontrollen intensiviert werde, wollte die Bundespolizei aus "taktischen Gründen" zunächst nicht bekannt geben.

Flugsicherheit nach Terror-Anschlag: Die Einführung von Nacktscannern ist auch nach dem jüngsten Terroranschlag kein Thema.

Die Einführung von Nacktscannern ist auch nach dem jüngsten Terroranschlag kein Thema.

(Foto: Foto: AFP)

Entsprechendes Zeitpolster einplanen

Die Passagiere sollten unbedingt ein entsprechendes Zeitpolster einplanen und überpünktlich vor dem Abflug ihrer Maschine erscheinen, erklärte eine Sprecherin des Bundespolizeipräsidiums Potsdam. Die Sprecherin kündigte verstärkte Leibesvisitationen an. Es müsse damit gerechnet werden, dass Passagiere auch noch mit einer Handsonde abgetastet werden. Dies war bisher nur in Einzelfällen üblich.

Ein Lufthansa-Sprecher in Frankfurt am Main sagte, eine frühzeitige Anreise zum Flughafen sei auf jeden Fall empfehlenswert. "Bei Langstreckenflügen sollten dies möglichst drei Stunden sein", sagte er. Zu Verzögerungen bei den Starts sei es bislang nicht gekommen: "Wir konnten die zusätzlichen Maßnahmen mit mehr Personal abfedern." Auch an Bord habe die Airline zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Wie diese im Detail aussehen, wollte Lufthansa nicht mitteilen.

Warteschlange an der Sonderkontrollstelle

Auf dem Flughafen in München wurden die Maßnahmen der neuen Lage angepasst. "Es ist tatsächlich so, dass es eine Erhöhung der Sicherheitsstandards gab", sagte ein Sprecher des Luftamtes Südbayern. USA-Reisende müssten am Terminal 2 des Münchner Airports eine Sonderkontrollstelle passieren.

Dort bildete sich aufgrund des längeren Kontrollvorgangs am Montagvormittag eine Warteschlange von etwa 30 Metern, sagte Martin Schelter, stellvertretender Sprecher der Regierung von Oberbayern, zu sueddeutsche.de. Die Personenkontrolle sei intensiviert worden. Es fänden verstärkt Leibesvisitationen statt, auch die Kontrolle mit Handsonden habe zugenommen. "Auch wenn es in der Schleuse nicht gepiepst hat, wird öfter näher hingeschaut." Das Ausziehen der Schuhe sei allerdings nicht obligatorisch geworden, sondern würde "anlassbezogen" gehandhabt.

In Berlin wurde ebenfalls dazu geraten, "überpünktlich" am Flughafen zu erscheinen, um USA-Flüge ohne Probleme zu erreichen. In Düsseldorf wurde allen USA-Reisenden empfohlen, drei Stunden vor Abflug zu erscheinen.

Attentäter passiert Sicherheitscheck in Schiphol

Auslöser für die Verschärfung der Kontrollen ist der missglückte Sprengstoffanschlag auf eine US-Maschine am Freitag im Landeanflug auf Detroit. Ein Nigerianer hatte versucht, mit einem Sprengsatz das Flugzeug mit fast 300 Menschen an Bord zum Absturz zu bringen.

Luftverkehr USA Sicherheit Terrorabwehr, ddp

Die Regelung für Flüssigkeiten im Handgepäck gilt seit 2006.

(Foto: Foto: ddp)

Zweiter Sicherheitscheck in Schiphol

Der Mann war aus Lagos kommend am Amsterdamer Flughafen Schiphol zwischengelandet. Vor dem Abflug mit der Maschine der Northwest-Airlines habe Umar Farouk Abdulmutallab einen Sicherheitscheck in der Nähe des Abfluggates durchlaufen, berichtet die niederländische Tageszeitung De Volkskrant.

Dabei seien seine Reisepapiere kontrolliert worden, er sei durch eine elektronische Sicherheitsschleuse gegangen und sein Handgepäck sei in einem Scanner durchleuchtet worden.

Erik Akerboom, der Nationale Koordinator für Terrorismusbekämpfung in den Niederlanden, betonte gegenüber der Zeitung, alle Kontrollen seien auf dem Flughafen genau nach Vorschrift durchgeführt worden.

Diskussion um Nacktscanner kocht hoch

Der jüngste Vorfall befeuert wieder die Diskussion um die Einführung von Nacktscannern auf internationalen Flughäfen. Ausgerechnet der Amsterdamer Flughafen Schiphol hatte die Ganzkörperdurchleuchtungs-Geräte 2007 probeweise getestet. Die Scanner-Bilder sollten das Aufspüren von Sprengstoff und Waffen, die direkt an der Haut getragen wurden, ermöglichen.

Während in den Niederlanden damals kaum Bedenken gegen der Einsatz der Geräte aufkamen, hat sich die EU-Kommission im November 2008 vorerst gegen den Einsatz der Scanner ausgesprochen. Die Nützlichkeit einer solchen Maßnahme müsse erst noch eingehender geprüft werden. Auch datenrechtliche Bedenken kamen auf, außerdem verlangten die EU-Vertreter eine "wissenschaftliche und medizinische Bewertung" möglicher Gesundheitsrisiken.

Neben zahlreichen EU-Parlamentarieren wandte sich nun auch der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, gegen den Einsatz von Nacktscannern bei den Kontrollen. "Nacktscanner gehen zu weit", sagte er der Berliner Zeitung. "Sie verstoßen gegen die Menschenwürde. Sie sind auch nicht nötig, wenn mehr Personal eingesetzt wird."

Flüssigkeiten-Verbot bleibt vorerst bestehen

Eine weitere umstrittene Sicherheitsmaßnahme dagegen wird wohl noch für längere Zeit Bestand haben. Seit den vereitelten Anschlägen im Jahr 2006, als Attentäter mehrere Flugzeug mit an Bord geschmuggeltem Flüssigsprengstoff zum Absturz bringen wollten, gelten strenge Regeln für die Mitnahme von Flüssigkeiten im Handgepäck.

Flüssigkeiten - dazu gehören auch Shampoo, Deo oder Zahnpasta - dürfen nur noch in Behältnissen sein, die nicht mehr als 100 Milliliter fassen. Die Tuben oder Flaschen müssen in einen transparenten Plastikbeutel passen, dessen Volumen nicht größer als ein Liter sein darf. Beim Umsteigen können Passagiere keine Spirituosen mehr an den Flughäfen kaufen.

Diese Regelung sollte eigentlich 2010 auslaufen, doch kürzlich berieten die EU-Verkehrsminister über eine Verlängerung. Nun ist eine Stufenregelung geplant. Auf Flughäfen mit mehr als zehn Millionen jährlich soll die Regel noch bis 2012 gelten, auf kleineren Airports sogar bis 2014. Denn anders als erhofft, stünden derzeit noch keine Kontrollgeräte zur Verfügung, die zuverlässig zwischen Flüssigsprengstoff und harmlosen Substanze wie Parfüm oder Zahnpasta unterscheiden könnten.

Neue Scanner im Probebetrieb

Doch die Forschung läuft auf Hochtouren. So haben zum Beispiel Forscher der Universität Jülich den Prototyp eines Detektors entwickelt, der mithilfe einer besonderen Form der Spektroskopie und elektromagnetischer Strahlung Flüssigkeiten unterscheiden kann. Auch Manfred Weber, CSU-Abgeordneter im EU-Parlament, wies darauf hin, dass derzeit Scanner im Testbetrieb seien, "die mit chemischen Stoffen durch Anblasen gefährliche Stoffe oder Geräte feststellen können."

Ein dem vereitelten Anschlag vom Freitag ähnlicher Vorfall auf einem Flug von Amsterdam nach Detroit hat am Sonntag für Aufregung gesorgt. Die Polizei prüft unterdessen einen Bericht, wonach der mutmaßliche Attentäter aus Nigeria einen Komplizen hatte. Weitere Videos finden Sie hier

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