Air Baltic findet "passenden" Sitznachbarn:Wortkarger Angler sucht schweigsamen Fischer

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Mein unbekannter Freund für einen Flug: Die lettische Airline will über freiwillige Angaben und Facebook-Interessen den idealen Passagier von nebenan herausfinden.

Katja Schnitzler

Flugzeug-Knigge
:Hände weg von meiner Armlehne!

Etikette auf engstem Raum: Wer sich im Flugzeug breit macht oder anderweitig unangenehm auffällt, wird nur schief angesehen. Manches Fehlverhalten kann sogar im Gefängnis enden.

Es ist schlimm genug, dass es im größten Teil eines Flugzeugs viel zu eng ist, Sitz an Sitz, Reihe an Reihe. Wer breite Hüften hat, kommt auf dem schmalen Gang kaum bis zum Platz. Was den Aufenthalt im Flugzeug jedoch beinahe unerträglich macht: Wir fliegen nicht allein. Sitz an Sitz quetscht sich auch Mensch an Mensch, notgedrungen wird mal mehr, mal weniger Kontakt aufgenommen.

Doch während Körperkontakt in der Economy Class unvermeidlich ist, versuchen einige, den persönlichen Austausch mit dem Fremden von nebenan so gering wie möglich zu halten. Wahrscheinlich haben sie schlechte Erfahrungen gemacht.

Vielleicht sind sie an Sparsame geraten, die sich ausgerechnet haben, dass ihnen Flüge innnerhalb Deutschlands billiger kommen als der Gesprächstherapeut. Selbst der Frömmste kann nicht in Ruhe reisen, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt. Da werden Kurzflüge lang und länger.

Den Menschen muss geholfen werden, riefen die Verantwortlichen bei der lettischen Fluglinie AirBaltic. Doch bauen sie weder Trennwände zwischen die Sitze noch verbreitern sie diese auf Sesselmaße. Sie setzen auf Partnervermittlung und das gratis, über eine Art Sitznachbarn-Lotterie.

Wer will, wählt von Ende Juni an bei "SeatBuddy" unter den vier Optionen "Geschäftskontakte knüpfen", "eine lockere Unterhaltung führen", "in Ruhe arbeiten" oder "ungestört reisen" (dann wird man wohl auch nicht von seinen drängenden Arbeitsaufträgen belästigt).

Wem das noch nicht reicht, informiert die Airline über seine Ausbildung, Beruf, Hobbys und Sprachkenntnisse. Den privaten Rest erfährt der hilfreiche Freunde-fürs-Fliegen-Finder über Facebook - und automatisch platziert das System das ideale Paar gemeinsam in Reihe 12 A und B. Vorstellen muss sich das Traumduo jedoch selbst, es läuft schließlich alles anonym ab. Der Datenschutz, Sie verstehen?

Sollte die Chemie doch nicht stimmen, haben die Passagiere vom Start in München bis zur Landung in Riga Zeit, sich zu wundern, was wohl schiefgegangen ist. Welche Gemeinsamkeiten die Freundesuchmaschine zwischen ihnen und diesem unmöglichen Sitznachbarn entdeckt haben könnte?

Und was diese Paarung über einen selbst aussagt? Guten Flug.

© Süddeutsche.de mit Material von AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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