Zweifel am Rechtsstaat:Ein Handbuch soll den richtigen Umgang mit "Reichsbürgern" erklären

Sie leugnen die Existenz der Bundesrepublik und treiben Behörden mit unsinnigen Anfragen in den Wahnsinn. Ein brandenburgisches Institut will nun Abhilfe schaffen.

Anfang Dezember 2015, Polizeikontrolle auf der A63, irgendwo in der Nähe von Kaiserslautern: Ein 54-jähriger Pkw-Fahrer hat sein Nummernschild verkehrt herum montiert. Als die Polizei ihn endlich zum Anhalten bewegen kann, erläutert er seine Beweggründe: Er habe das Kennzeichen falsch herum angebracht, weil in Deutschland ja auch "alles durch die Alliierten auf den Kopf gestellt wurde". Seinen Führerschein will der Mann nicht vorzeigen, stattdessen weist er sich mit dem "deutschen Staatsangehörigenausweis" einer Phantasiebehörde aus. Das Magazin Vice stellte die dazugehörige Polizeimeldung in Gänze online.

Immer häufiger müssen sich Polizisten und Beamten in letzter Zeit mit sogenannten "Reichsbürgern" herumschlagen, sagte der brandenburgische Verfassungschef Carlo Weber am Sonntag. Manche würden sogar übergriffig. Um sich auf derartige Zusammenstöße besser vorzubereiten, können Mitarbeiter der Brandenburger Verwaltung künftig ein Handbuch konsultieren, das Grundregeln für den richtigen Umgang mit "Reichsbürgern" empfiehlt. Herausgegeben wurde der Leitfaden vom Brandenburgischen Institut für Gemeinwesen (demos), dessen "Mobile Beratungsteams" sich für Demokratieförderung in Brandenburg einsetzen. Bereits 2014 hatte der brandenburgische Verfassungsschutz eine ähnliche, aber deutlich kürzere, Broschüre herausgegeben.

"Reichsbürger" bezweifeln die Existenz der BRD

"Reichsbürger" halten das Grundgesetz, deutsche Behörden und Gerichte für illegitim, weil sie die Existenz der Bundesrepublik Deutschland bezweifeln, so der Leitfaden. Sie zweifeln die Existenz der Bundesrepublik als souveränen Staat an und glauben stattdessen, dass das "Deutsche Reich" fortbesteht. Um diesen Überzeugungen Ausdruck zu verleihen, ignorieren viele Reichsbürger Verkehrsregeln, weigern sich, Steuern zu zahlen oder stellen sich selbst Phantasiedokumente aus.

Neben Kapiteln zum Phänomen der Reichsbürger allgemein, einer Studie der Reichsbürgerbewegungen in Brandenburg und Sachsen sowie Vergleichen mit den "souveränen Bürgern" in den USA, beschäftigt sich das Handbuch auf knapp 80 Seiten mit der Frage, wie Beamten mit den irrsinnigen Anfragen der "Reichsbürger" umgehen sollten. Hier die wichtigsten Punkte:

  • Es ist sinnlos, mit Reichsbürgern zu diskutieren.
  • Wenn Reichbürger eine Ordnungswidrigkeit begehen, sollten die Behörden schnell und konsequent handeln. Je mehr Reichbürger mit ihrem Verhalten Erfolg haben - indem sie zum Beispiel eine Behörde mit Schriftsätzen so überfluten, dass diese den Fall irgendwann genervt ruhen lässt -, desto mehr Nachahmer und Trittbrettfahrer wird es geben.
  • Beleidigungen und Drohungen durch Reichsbürger sollten unverzüglich strafrechtlich verfolgt werden.
  • Der Schriftwechsel mit Reichsbürgern sollte auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
  • Materialien mit rechtsextremistischem Inhalt sollten dem Verfassungsschutz übergeben werden.
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