Zukunft von Ex-Minister Friedrich:Verdammte Pflicht

Seit gestern liegt das strafrechtliche Schicksal von Ex-Minister Hans-Peter Friedrich in der Hand von Thomas de Maizière. Der Innenminister muss entscheiden, ob gegen seinen Amtsvorgänger weiter wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat ermittelt werden darf. Eine undankbare Aufgabe.

Von Robert Roßmann, Berlin

Es gibt Entscheidungen, auf die selbst erfahrene Politiker wie Thomas de Maizière gerne verzichten würden. Der Christdemokrat hat bereits drei verschiedene Landesministerien und zwei Staatskanzleien geführt. Er war Kanzleramtsminister, Chef des Verteidigungsressorts und steht nun schon zum zweiten Mal an der Spitze des Innenministeriums.

So jemand ist es gewohnt, dass auf seinem Schreibtisch Unangenehmes landet. Die Entscheidung, die de Maizière jetzt treffen muss, ist aber besonders unangenehm. Seit Dienstag liegt das strafrechtliche Schicksal Hans-Peter Friedrichs in den Händen des Innenministers. De Maizière muss entscheiden, ob gegen seinen Amtsvorgänger weiter wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat ermittelt werden darf.

"Ermächtigung" des Bundesinnenministeriums

Grund für die ungewöhnliche Zuständigkeit eines Ministeriums ist Paragraf 353 b des Strafgesetzbuchs. Darin heißt es: "Wer ein Geheimnis, das ihm als Amtsträger . . . anvertraut worden . . . ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Weil Friedrich in seiner Zeit als Innenminister SPD-Chef Sigmar Gabriel über die Vorwürfe gegen den damaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy informiert hat, hat die Staatsanwaltschaft Berlin Ermittlungen gegen den CSU-Politiker eingeleitet. Um diese fortsetzen zu können, brauchen die Staatsanwälte aber eine "Ermächtigung" des Bundesinnenministeriums - so schreibt es Paragraf 353 b vor.

Am Dienstag ging im Ministerium die Bitte der Ermittler um eine solche Ermächtigung ein. Solange diese nicht vorliegt, sind den Staatsanwälten die Hände gebunden. Ohne Ermächtigung kann es auch keinen Prozess gegen Friedrich geben.

De Maizière im Dilemma

De Maizière steckt damit in einem Dilemma. Erteilt er die Ermächtigung, wird gegen seinen Vorgänger umfassend ermittelt. In der CSU dürfte sich de Maizière damit wenig Freunde machen. Erteilt er die Ermächtigung aber nicht, wird er sich des Vorwurfs der politischen Vetternwirtschaft erwehren müssen. Das Ersuchen der Staatsanwaltschaft werde "jetzt geprüft", sagt de Maizières Sprecher. Zu welchem Ergebnis der Innenminister kommen wird, war am Dienstag noch unklar. Klar war aber, dass es für beide möglichen Entscheidungen gute Gründe gäbe.

Mit dem Verzicht auf eine Ermächtigung kann verhindert werden, dass durch ein Strafverfahren größerer Schaden für die Allgemeinheit angerichtet wird als durch die eigentliche Tat - zum Beispiel dadurch, dass in einem Prozess Geheimnisse erörtert werden. Da im Fall Friedrich das fragliche Geheimnis bereits öffentlich ist, kann de Maizière dieses Argument aber kaum nutzen, um eine Ermächtigung zu verweigern.

Allerdings sollen durch einen Verzicht auf die Ermächtigung auch Fälle aussortiert werden können, die das Ministerium für nicht strafwürdig erachtet. Paragraf 353 b macht ja zur Voraussetzung für eine Strafe, dass "wichtige öffentliche Interessen gefährdet" wurden. Dies ist im Fall Friedrich strittig. Außerdem ist der Franke bereits durch den Verlust seines Amtes gestraft. Angesichts dessen ist es kein Wunder, dass sich de Maizière Zeit nimmt. Mit seiner Entscheidung sei erst Anfang kommender Woche zu rechnen, heißt es in Regierungskreisen.

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