Zollstreit:Merkel befürchtet Handelskrieg mit USA

Die Kanzlerin will in Washington verhindern, dass Amerikas Präsident schon nächste Woche Strafzölle gegen Europa verhängt. Doch die Gespräche mit Trump dürften sehr schwierig werden.

Von Nico Fried

Kurz vor ihrem Besuch bei US-Präsident Donald Trump hat Bundeskanzlerin Angela Merkel wenig Hoffnung, einen Handelskrieg zwischen den USA und Europa zu vermeiden. Mit Blick auf die von amerikanischer Seite angedrohten Zölle auf Aluminium und Stahl hieß es am Donnerstag vor der Abreise Merkels in Regierungskreisen: "Wahrscheinlich muss man davon ausgehen, dass die Zölle jetzt am 1. Mai kommen." Trump hatte die Zölle bereits vor einigen Wochen verhängt, die Europäische Union aber vorerst noch davon ausgenommen. Die EU hatte angekündigt, auf die Verhängung von Zöllen mit Gegenmaßnahmen zu reagieren.

Merkel ist am Donnerstagnachmittag in Richtung Washington abgereist. Am Freitag trifft sie Trump im Weißen Haus zunächst unter vier Augen. Anschließend sollen die Delegationsgespräche fortgesetzt werden. Merkel will erneut für einen Dialog mit den USA über Zölle und andere Handelshemmnisse werben. Die Bundesregierung sei sogar bereit, Zölle in einem größeren Paket, in dem auch deutsche Interessen berücksichtigt würden, neu zu verhandeln. Darüber gibt es allerdings in der EU unterschiedliche Ansichten. Vor allem aber, so hieß es in Berlin, müsste die US-Regierung dafür die von Trump bereits beschlossenen, aber noch ausgesetzten Zölle "dauerhaft verschieben".

Die US-Regierung sandte am Donnerstag Signale für eine Gesprächsbereitschaft. Die USA seien bereit, die derzeit für die EU geltende Befreiung von den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium zu verlängern, sagte der Wirtschaftsberater im Weißen Haus, Larry Kudlow. Man wolle aber "Zugeständnisse" der Europäer sehen, etwa bei deren Zöllen auf Autoimporte. Den von Trump oft wiederholten Vorwurf, die USA würden wegen der Zölle auf ihre Güter unfair behandelt, weist die Bundesregierung zurück. Im Kanzleramt kritisiert man insbesondere, dass die US-Seite stets nur die Zölle in einzelnen Branchen herauspicke und kritisiere. So lägen die Zölle auf normale Autos aus den USA in Europa zwar tatsächlich bei zehn Prozent und umgekehrt nur bei drei Prozent. Nähme man aber die Pick-ups, also Fahrzeuge mit Ladefläche, und die SUV (Sport Utility Vehicle) genannten Geländelimousinen hinzu, die etwa ein Drittel der US-Fahrzeugproduktion ausmachten, läge das Verhältnis der Zölle nur noch bei 4,3 zu 3,1.

Nur über die Tarife für Autos zu verhandeln, sei "für uns nicht akzeptabel", heißt es in deutschen Regierungskreisen. Stattdessen müsse man dann "über Industriezölle insgesamt" sprechen. In Berlin pocht man außerdem darauf, dass die Zölle nicht willkürlich festgelegt würden, sondern 1994 in einem Paket verhandelt worden seien. Außerdem entsprächen sie den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO).

Schwierige Gespräche mit Trump erwartet man im Kanzleramt auch zu weiteren Themen. So will Merkel die Bemühungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron aus den vergangenen Tagen fortsetzen, Trump von einer einseitigen Aufkündigung des Atomabkommens mit Iran abzubringen. Kritik dürfte sich Merkel erneut wegen zu geringer Verteidigungsausgaben anhören müssen.

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